Und eines Tages kommt das Glück
diese verrückte Romy sich zwischen ihre Schwiegermutter und ihren Mann stellten. Das würde sie mit allen Mitteln zu verhindern wissen.
Gegen sieben Uhr saßen Veronica, Romy und Kathryn im Wohnzimmer zusammen. Schwere Wolken und heftig prasselnder Regen hatten draußen den Himmel verdunkelt, während Tischlampen und duftende Kerzen den Raum in ein warmes Licht tauchten. Es herrschte eine einladende und behagliche Atmosphäre. Veronica hatte eine Flasche Rioja geöffnet, und die drei Frauen hatten es sich in den bequemen Sesseln gemütlich gemacht, jede mit einem Glas Wein in der Hand. Kathryn hatte bisher kaum etwas getrunken, dafür genoss Romy den schweren Rotwein umso mehr.
»Ist das nicht schön hier?« Veronica breitete fragend die Arme
aus, sodass die Anhänger ihres Bettelarmbands leise klirrend aneinanderschlugen, konnte sich aber des Eindrucks nicht erwehren, dass trotz der gemütlichen Atmosphäre keine von ihnen wirklich entspannt war. »Meine beiden Mädchen zu Hause vereint.«
Romy hätte sich fast verschluckt. In der letzten Zeit war ihr Veronica immer weniger wie eine flatterhafte Zwanzigjährige vorgekommen, wie es normalerweise bei ihr der Fall war, und mehr wie eine reife Frau. (Obwohl »reif« wahrscheinlich noch immer nicht der passende Ausdruck für ihre Mutter war. Romy hatte es mit mehreren Begriffen versucht – Ausdrücke wie »vernünftig« oder »älter« –, doch keiner davon schien ihr zutreffend zu sein.)
»Es ist auf jeden Fall ungewohnt, dass wir alle zusammen sind«, erwiderte Kathryn.
Romy musterte ihre Halbschwester, die wieder ein sensationelles Outfit trug, dieses Mal ein figurbetontes dunkelrotes Kleid, das umwerfend an ihr aussah. Zum ersten Mal in ihrem Leben konnte Romy deutlich die Ähnlichkeit zwischen Veronica und Kathryn erkennen; beide waren sie schlank, feingliedrig und hatten lange, wohlgeformte Beine. Wenn Romy jetzt darüber nachdachte, wunderte es sie nicht, dass Veronica zornig auf Kathryn gewesen war, die nichts aus sich gemacht hatte. Veronica hatte immer gewusst, dass sich hinter den strähnigen Ponyfransen und den dicken Brillengläsern ein hübsches Mädchen versteckte. Aber jetzt waren die Gene, die Kathryn von ihrer Mutter geerbt hatte, nicht mehr zu übersehen, auch wenn Veronica noch immer eine Extraportion Sexappeal hatte. Kathryn war cool und stylish. Aber Veronica … sie schien alterslos zu sein und sah einfach umwerfend aus, wenngleich sie für Romys Geschmack noch immer ein wenig zu dick auftrug. Auch heute Abend bot sie in ihrem himmelblauen Cocktailkleid, das glatte blonde Haar in weiche Wellen gelegt und mit silbernen, mit blauen Steinen besetzten Spangen aus dem Gesicht genommen, wieder einen fantastischen Anblick. Um ihren Hals baumelte eine Silberkette mit einem schimmernden Saphir.
Romy trug das schwarze Kleid, das sie an ihrem letzten Abend in Sydney angehabt hatte. Es war das einzige Kleid, das sie besaß (abgesehen von einigen völlig unpassenden Sommerfähnchen). Sie hatte zudem erst einen Fleck eingetrockneter Sauce am Saum auswaschen müssen, bevor sie es hatte anziehen können, und war sich dabei wie die letzte Schlampe vorgekommen. Leider hatte sie nicht früher darauf geachtet, sonst hätte sie es noch reinigen lassen, denn sie wusste genau, wie gut ihr dieser schlichte Stil stand. Weder Veronica noch Kathryn hätten ein Kleid angezogen, das am Saum einen eingetrockneten Saucenfleck hatte.
Zwischen zwei Schluck Wein dachte Romy sehnsüchtig an entspannte Grillpartys am Strand in Australien und an Abende, an denen sie barfuß auf der Treppe von Keiths Haus gesessen hatte. Sie dachte an die Nächte, die sie in Arizona oder im Tal der Könige in Ägypten an einem Lagerfeuer verbracht hatte, und wünschte sich an alle diese Orte zurück. Dort hatte sie nicht das Gefühl gehabt, nachlässig angezogen zu sein, nur lässig und leger. Im Grunde ihres Herzens war Romy ein natürlicher und unkomplizierter Mensch. Und das schien ihr plötzlich der größte Unterschied zwischen ihr und ihrer Familie zu sein.
Sie leerte ihr Glas und stellte es auf den Couchtisch neben das von Kathryn, das noch immer fast voll war.
Veronica schaute auf ihre Uhr. »Sie müssten eigentlich jede Minute kommen«, sagte sie. »Und dann machen wir uns einen schönen Abend.«
Du machst wohl Witze, dachte Romy. Anders kann ich mir das nicht vorstellen.
In dem Moment klingelte es. Romy beeilte sich, die Tür zu öffnen, und bat Veronica, brav sitzen
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