Und eines Tages kommt das Glück
Romy. »Und ich kann es kaum erwarten.«
Keith lachte, und sein Gesicht auf dem Bildschirm legte sich amüsiert in Falten. »Das freut mich.«
»Mich auch«, sagte sie zufrieden. »Endlich wieder so etwas wie Normalität in meinem Leben. Hier tun sich nämlich merkwürdige
Dinge, vor allem jetzt, nachdem Mam mir Anteile an der Firma überschrieben hat! Ich habe den ganzen heutigen Abend damit verbracht, mir von Kathryn eine Vorlesung zum Thema Unternehmensverantwortung anzuhören.«
»Romy!« Er schien überrascht. »Hast du nicht immer gesagt, dass sie dich nicht dabeihaben wollen?«
»Ja, aber …«
»Dann ist das doch was Positives, oder?«
»Könnte man meinen, aber …«
»Heißt das nicht, dass sie dich endlich akzeptieren?«
»Oh, Keith.« Romy stöhnte. »Ich weiß, ich habe allen permanent mit meinem Wunsch in den Ohren gelegen, dass ich endlich von den Dolans akzeptiert werden will, aber so habe ich das doch nicht gemeint. Im Ernst. Ich will eigentlich nur mein altes Leben zurückhaben!«
Wieder lachte Keith. »Arme Romy. Du scheinst nie so ganz zu wissen, was du eigentlich willst.«
»Wahrscheinlich nicht«, gab sie zu. »Weißt du es?«
»Ob ich weiß, was du willst?«
»Nein, was du willst«, erwiderte sie. »Du bist großartig darin, mir ungefragt Ratschläge zu erteilen und mir zu sagen, wie ich mit meiner Familie umgehen und was ich mit meinem Leben anstellen soll – aber weißt du denn, was du von deinem Leben willst? Ist für dich immer alles sonnenklar?«
Keith sagte nichts und bewegte sich auch nicht, und einen Moment lang glaubte Romy, die Verbindung wäre unterbrochen worden.
»Das ist eine gute Frage«, antwortete er schließlich.
»Oh, Keith, es tut mir leid. Es steht mir nicht zu, dir diese Frage zu stellen«, erklärte sie. »Ich bin nur fix und fertig. Ich weiß, dass du absolut weißt, was du willst. Du warst immer ein total geradliniger Typ. Es liegt an mir …« Sie zuckte die Schultern. »Vielleicht funktioniert es ja.«
»Und dann?«
»Dann …« Wieder zuckte sie die Schultern. »Dann bewerbe ich mich bei einem anderen Projekt irgendwo anders auf der Welt.«
»Nicht hier in Australien?«
»Ich weiß es nicht«, sagte sie. »Bei euch gibt es nicht so viel Arbeit für Archäologen wie anderswo. Ich habe mir gerade erst die Website von Heritage Help angesehen. Im Moment suchen die niemanden. In Melbourne haben sie alle Leute, die sie brauchen, und in Sydney gibt es nichts zu tun. Also … Vielleicht werde ich nach Lissabon zurückgehen, wie ich ursprünglich vorhatte.«
»Ja, das wäre vielleicht das Beste«, stimmte Keith ihr nach einer Weile zu. »Ich weiß, dass dort in ein paar Monaten ein neues Ausgrabungsprojekt ansteht. Das wäre bestimmt was für dich.«
»Tja, vielleicht. Ich gebe dir auf jeden Fall Bescheid.«
»Natürlich.«
»Ich mache jetzt lieber Schluss«, erklärte sie. »Ich bin völlig zerschlagen. Nach einem Tag Buddeln im Dreck bin ich auch müde, aber das ist rein körperlich. Dieser Familienkram treibt mich noch in den Wahnsinn und kostet mich doppelt so viel Energie.«
Keith schmunzelte.
»Also … gute Nacht«, sagte sie.
»Gute Nacht«, erwiderte er.
Romy meldete sich bei Skype ab. Am liebsten hätte sie Keith vorhin die Ohren vollgejammert: wie verfahren ihr die Situation erschien, welche Angst sie davor hatte, zwischen Kathryn und Darragh zu stehen, dass sie das Gefühl hatte, ihr eigenes Leben nicht mehr im Griff zu haben. Doch sie hatte nichts davon gesagt, da sie wusste, dass Keith sie nicht verstehen würde. Sein Leben war einfach und unkompliziert. Und wenn sie ihn weiterhin mit ihren Klagen bombardierte, würde sie auch noch den Rest an Freundschaft zwischen ihnen gefährden. Er war schließlich immer noch ihr bester Freund. Doch irgendwann einmal wurde es selbst den besten Freunden zu viel.
Giselle lag im Bett und machte sich Sorgen. Es war bereits nach elf Uhr, und Darragh war noch nicht zu Hause. Er hatte auch nicht angerufen, was er normalerweise immer tat, wenn er spät noch unterwegs war. Auf die Nachricht hin, die sie auf seinem Handy hinterlassen hatte, hatte er sich auch nicht gemeldet. Natürlich war er wütend auf sie, aber es war schon lange her, dass er sich so stark über eine Bemerkung von ihr geärgert hatte, dass er deswegen gleich aus dem Haus gestürmt war.
Ein Mal war das bisher passiert, in den ersten Jahren ihrer Ehe. Damals hatte sie ihm vorgehalten, dass er auf dem Nachhauseweg aus dem
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