Und eines Tages kommt das Glück
Büro jeden Tag erst noch bei Veronica vorbeifuhr, auch wenn er bereits spät dran war. Er sei jetzt schließlich verheiratet und könne nicht jede Minute des Tages weiterhin seiner Mutter widmen. Das war bisher ihr schlimmster Streit gewesen. Darragh war vor Zorn hochrot angelaufen und hatte sie angebrüllt, dass sie nicht die geringste Ahnung habe, was sie da sage. Veronica brauche ihn nun mal, und die Firma auch. Die Firma, erklärte er, sei das Wichtigste in ihrer beider Leben. Veronica war Teil der Firma, ihre Stimme zählte. Und beides war wichtig. Er müsse sich nun mal Zeit für Veronica nehmen. Wenn Giselle das nicht begreife, würde sie nichts verstehen von den Dolans und ihrem gemeinsamen Leben. Und dann hatte er die Tür hinter sich zugeschlagen und war aus dem Haus gestürmt.
Natürlich hatte Giselle ihn verstanden. Während sie jederzeit bereitwillig zugeben würde, nicht immer die Klügste zu sein, wenn es um technische Belange des Familienbetriebs ging, so verfügte sie doch über ein feines Gespür, was in Bezug auf die Familie wichtig war und was nicht. Als Darragh am nächsten Morgen nach Hause kam (er hatte in einem Hotel in der Innenstadt übernachtet), hatte er sich bei ihr dafür entschuldigt, sie angeschrien zu haben, und sie sich bei ihm für ihr Genörgel. Sie hatte ihm erklärt, dass ihr Veronica lieb und teuer sei wie ihre eigene Mutter, und danach war sie vollständig in ihrer Rolle als perfekte Ehefrau
aufgegangen. Giselle plante die Imageveränderung der Firma, setzte sie durch und ging gemeinsam mit Veronica auf Shoppingtour. Bald war klar, dass sie ihr näherstand als ihre beiden Töchter, und sie wusste, dass sie für Darragh immens wichtig geworden war. Giselle hatte begriffen, dass Darragh einen Menschen an seiner Seite brauchte, der unkritisch war und ihn bedingungslos unterstützte. Sie war bereit, diese Rolle zu spielen, denn wenn Darragh glücklich war, dann ging es der Firma gut, und das bedeutete mehr Geld für sie alle.
Giselle mochte Geld, damit hatte Darragh durchaus recht. Es gefiel ihr, dass sie sich keine Gedanken darüber machen musste, was ihre Kleider, ihre Friseurbesuche, ihre Urlaube oder sonst etwas kostete, das sie sich wünschte. Darragh gab ihr monatlich eine bestimmte Summe, die sie für den Haushalt und für sich selbst verwenden konnte, und er war sehr großzügig. Im Gegenzug musste sie nur für ihn da sein. Und auch wenn sie manchmal ein wenig die Geduld mit ihm verlor, so war sie im Großen und Ganzen doch glücklich in ihrer Ehe. Giselle wusste, dass auch Darragh glücklich war. Er bestätigte ihr das oft, und auch, dass er sie liebte. Und warum auch nicht? War sie nicht die perfekte Ehefrau?
Allerdings war es schwierig für die perfekte Ehefrau, die perfekte Mutter zu übertrumpfen. In Darraghs Augen konnte Veronica nichts falsch machen, auch wenn sie sich manchmal ein wenig dumm anstellte. Giselle hätte sich gewünscht, ihr Mann würde ihr dieselbe Freiheit zugestehen.
Giselle schaute zum x-ten Mal auf ihre Uhr. Sie überlegte, ob sie ihn noch einmal anrufen sollte, bezweifelte aber, dass das eine gute Idee war. Wenn Darragh in dieser Stimmung und wirklich wütend war, dann war es besser, ihn in Ruhe zu lassen. Er konnte es nicht leiden, wenn jemand versuchte, ihm seine Wut auszureden. In letzter Zeit verlor er zwar kaum mehr die Beherrschung, aber wenn, dann ging er normalerweise in sein Fitnessstudio und
verausgabte sich dort auf dem Laufband, bis er alles aus sich herausgeschwitzt hatte. Doch das Fitnessstudio hatte inzwischen geschlossen, und Darragh war immer noch nicht zu Hause.
Giselle war flau im Magen. Sie konnte nur hoffen, dass sie ihn nicht zu weit getrieben hatte. Wenn er doch nur nach Hause käme. Sofort.
Darragh war in seinem Club in der Innenstadt. Er benötigte dringend eine ruhige und friedliche Umgebung, weit weg von Romy und Kathryn und vor allem von Giselle, denn er wusste, dass bereits ihr Anblick seinen Blutdruck nach oben schießen lassen würde. Er hatte seine Frau beim Wort genommen, als sie gesagt hatte, dass es zu belastend für sie wäre, Veronica bei sich aufzunehmen. Nicht eine Sekunde hätte er gedacht, dass sie seine Mutter nicht im Haus haben wollte. Er hatte Giselle geliebt und ihr vertraut. Sie hatte ihn bitter enttäuscht.
Muttersöhnchen! So hatte sie ihn genannt. Mit wutverzerrtem Gesicht hatte sie ihm diese Beleidigung entgegengeschleudert. Nie zuvor hatte er Giselle so gesehen. Das würde ihr noch
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