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Und eines Tages kommt das Glück

Und eines Tages kommt das Glück

Titel: Und eines Tages kommt das Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheila O'Flanagan
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sie wahrscheinlich großzügig finanziell unterstützen würde. Es wäre vorbei, und diese Vorstellung lähmte sie bis ins Mark.

    Das darf nicht passieren, hatte sie gedacht, als sie in dieser Nacht im Bett lag und darum betete, dass Darragh bald wieder nach Hause käme. Er liebt mich, und er liebt unser gemeinsames Leben, und unsere Familie ist ihm wichtig. Er wird  – er kann  – uns nicht verlassen.
    Trotzdem wuchs ihre Angst. Nachdem Mimi ins Bett gegangen war, hatte sie sich vor den Fernsehapparat gesetzt und gespürt, wie sich ihr bei der Vorstellung, Darragh könne nie mehr nach Hause kommen, der Magen zusammenzog. Obwohl ihr bei dem Gedanken an Essen übel wurde, lechzte sie geradezu danach, sich den Bauch vollzuschlagen, wie sie es Jahre zuvor gemacht hatte. Wann immer Giselle sich unzulänglich oder ängstlich gefühlt oder sie jemand aufgezogen oder ausgelacht hatte, hatte sie sich mit Schokoriegeln, anderen Süßigkeiten und Kartoffelchips getröstet. Und jetzt sehnte sie sich verzweifelt nach diesem Trost.
    Irgendwann spät in dieser Nacht, nach vier weiteren Nachrichten auf Darraghs Mailbox, die ohne Antwort geblieben waren, war Giselle in die Küche gegangen, hatte alle Schränke aufgerissen und mit leerem Blick auf deren Inhalt gestarrt. In erster Linie standen dort Konserven und Packungen mit Bio-Kost oder anderen gesunden Lebensmitteln. Es gab jede Menge Trockenfrüchte und zuckerfreie Riegel (Sünde ohne Reue!)  – Knabberartikel, die sie jede Woche im Supermarkt kaufte und die einfach nur nach Pappe schmeckten.
    Und dann öffnete sie Darraghs Schublade mit seinem Vorrat an verbotenen Köstlichkeiten, wie er es nannte: mehrere kleine Pringles-Packungen in verschiedenen Geschmacksrichtungen und stapelweise Yorkie-Schokolade, die Darragh liebte. Beim Anblick der Kartoffelchips lief Giselle das Wasser im Mund zusammen, und ehe sie sichs versah, hatte sie zwei Packungen herausgenommen  – Spring Onion und Texas Barbecue  – und ins Wohnzimmer hinübergetragen, wo sie alles in sich hineinstopfte und dabei eine Folge von Schönheit hat ihren Preis im Fernsehen
anschaute. Hinterher empfand sie nichts als Ekel vor sich selbst, vor allem, als sie noch einmal zurück in die Küche gegangen war und sich eine Tafel Yorkie geholt hatte. Es war lange her  – lange bevor sie Darragh kennengelernt hatte  –, dass sie das letzte Mal so etwas gegessen hatte!
    Aber Trost spendeten weder die Kartoffelchips noch die Schokolade. Aus Angst, dass Darragh heimkommen und den Beweis für ihren Sündenfall finden könnte, hatte Giselle die leeren Packungen und Einwickelpapiere ganz unten in den Abfalleimer gestopft. Das Vergnügen, welches das Essen bereitete, hielt nicht lange an, der Selbsthass jedoch, den sie verspürte, als sie sich die Zähne putzte, um den Geschmack nach Kartoffelchips und Schokolade loszuwerden, der war hartnäckiger.
    Nichts als ein Moment der Schwäche, sagte Giselle sich fünf Minuten später. Das wird nie mehr vorkommen. Selbst wenn er mich verlassen hat. Bei dem Gedanken fing sie heftig zu zittern an und versuchte, ihn zu verdrängen, ehe sie wieder zurück in ihr Bett ging.
    Sie hatte unruhig geschlafen, war aber sofort hellwach gewesen, als sie den Schlüssel in der Haustür hörte. Dann vernahm sie Schritte im Vorraum und in der Küche, bald darauf das Geräusch von Wasser, das in den Kessel lief. Eine Welle der Erleichterung durchflutete sie.
    Mit weit geöffneten Augen lag sie, Stunden, wie ihr schien (in Wirklichkeit aber nur zwanzig Minuten), im dunklen Schlafzimmer, ehe sie die Bettdecke beiseiteschob, in ihren apricotfarbenen Morgenmantel aus Satin schlüpfte, kurz mit der Bürste durch ihr blondes Haar fuhr und dann nach unten ging. Giselle war sich nicht sicher, ob das unter diesen Umständen eine gute Entscheidung war. Zum einen sah man ihr im Nachthemd die Schwangerschaft deutlich an, und trotz der Tatsache, dass sie Nachthemd und Morgenmantel erst letzte Woche bei Brown Thomas gekauft hatte (die Rechnung hatte sie versteckt, für den Fall, dass Darragh
sie sehen könnte), stand ihr das Ensemble nicht besonders gut. Sie wollte gleichzeitig schön und verletzlich für Darragh aussehen. Nun befürchtete sie, dass sie eher einem Kürbis auf zwei Beinen glich. Aber nach langer Überlegung war Giselle zu dem Schluss gekommen, dass es nicht schlecht war, ihm ihren schwangeren Bauch in voller Pracht zu präsentieren.
    Darragh saß auf dem Sofa und starrte zum Fernseher.

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