Und eines Tages kommt das Glück
Bescheid?«
Carlotta zuckte die Schultern. »Es heißt doch, die Ehefrau erfährt es immer als Letzte, wenn ihr Mann eine Affäre hat. Aber ich glaube, dass Männer in der Hinsicht noch tausendmal beschränkter sind. Da verschwinden sie für sechzehn Stunden am
Tag im Büro und denken, dass wir die ganze Zeit zu Hause sitzen und auf sie warten! Ich bitte dich, das ist doch naiv!«
Giselle lachte.
»Das hab ich auch zu Cillian gesagt«, fuhr Carlotta fort. »Erst kürzlich habe ich ihm erklärt, dass er sich, wenn er zwölf Stunden fortbleibt, ohne zwischendurch mal nach Hause zu kommen oder sich bei mir zu melden, nicht wundern darf, wenn er heimkommt und mich mit dem Gärtner im Bett vorfindet.«
»Wow.« Giselle sah Carlotta bewundernd an. »Ich habe Darragh noch nie ein Ultimatum gestellt. Aber vielleicht sollte ich mal darüber nachdenken.«
»Ah, aber Darragh hockt doch nicht Tag und Nacht im Büro, oder?«, fragte Carlotta. »Sicher, er ist ein Erfolgsmensch, aber im Gegensatz zu manch anderem scheint er mir noch andere Dinge im Kopf zu haben als immer nur die Arbeit. Und natürlich ist eure Firma ein Familienbetrieb. Das ist noch mal etwas anderes.«
Giselle nickte. »Ich vermute, du hast recht. Aber Darragh arbeitet schon sehr viel.«
Carlotta lächelte. »Genau das sollen wir doch denken. Ob dabei auch etwas Nützliches herauskommt, steht auf einem anderen Blatt.«
Also, was Darragh tut, scheint immer Hand und Fuß zu haben, dachte Giselle. Er sah sich als den strategischen Kopf des Unternehmens und nahm seine Arbeit deshalb sehr ernst. Dass Veronica ins Krankenhaus musste und danach vielleicht längere Zeit außer Gefecht sein könnte, bereitete ihm in der Tat große Sorge. Darragh verließ sich sehr auf sie. Veronica behauptete zwar, dass sie eigentlich kein großes Interesse mehr daran habe, sich weiter mit der Firma zu befassen, aber wann immer sie und Darragh sich zu einer Vorstandssitzung trafen, wollte sie genau wissen, was er für Pläne habe und wie die Geschäfte liefen.
Wenigstens mischte Kathryn sich inzwischen nicht mehr ein. Giselle konnte sich noch gut daran erinnern, als ihre Schwägerin
versucht hatte, in der Firma mitzuarbeiten und die anderen hinauszudrängen. Aber Darragh und Veronica hatten sie mit vereinten Kräften abblitzen lassen. Giselle konnte Kathryn nicht ausstehen, noch weniger sogar als Romy, obwohl es schwer war, sie nicht zu mögen. Giselle verstand Romy einfach nicht, vor allem, dass sie so keinerlei Wert auf weibliche Reize legte. Die intellektuelle Kathryn hingegen schien über solchen Dingen zu stehen. Falls Giselle sich hätte entscheiden müssen, mit welcher von beiden sie auf der berühmten einsamen Insel stranden wollte (allein die Vorstellung war schrecklich), dann wäre dies Romy gewesen. Aber sie wusste genau, dass Darragh sich trotz allem weitaus mehr der lästigen Kathryn als seiner verrückten Halbschwester verbunden fühlte.
Für Darragh spielten Blutsbande eine große Rolle. Nie zuvor hatte Giselle einen Menschen kennengelernt, für den die Familie so wichtig war. Für sie war das natürlich eine gute Sache. Auch wenn Veronica und Kathryn Darragh sehr nahe standen, wusste Giselle doch, dass sie, Mimi und das Ungeborene noch wichtiger für ihn waren. Darragh hatte ihr bereits zugesagt, die fünfzig Prozent von Veronica zwischen ihr und den beiden Kindern aufzuteilen, wenn seine Mutter ihren Anteil an der Firma auf ihren Sohn überschrieb, wie es eines Tages vorgesehen war. Nur für den Fall, dass ihr zweites Kind tatsächlich ein Junge werden sollte, würde dieser den Löwenanteil bekommen. Was Giselle hoffentlich nichts ausmache, wie Darragh sich besorgt erkundigt hatte, aber er wolle nun mal, dass sein Sohn ihn als Nachfolger im Familiengeschäft beerbe.
Giselle machte das nicht im Geringsten etwas aus. Sie wollte ohnehin nicht, dass Mimi sich mit Industriebauteilen herumschlagen musste. Wie langweilig für eine Frau! Mimi sollte lieber ihren Spaß haben und vielleicht in die Medienbranche oder in die PR gehen, wo ihr Leben mehr Glamour hätte und sie mit den wirklich Reichen und Berühmten in Kontakt kommen könnte. Vielleicht würde sie auch Sängerin oder Tänzerin werden (sie war
recht gut im Ballett) oder – und das fand Giselle noch besser – Schauspielerin (denn auf dem Gebiet war sie unschlagbar, so wie sie sich manchmal aufführte!).
Während Giselle diese Gedanken durch den Kopf gingen, begleitete sie mit zustimmendem Nicken die
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