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UND ES WAR SOMMER - Wiggs, S: UND ES WAR SOMMER

UND ES WAR SOMMER - Wiggs, S: UND ES WAR SOMMER

Titel: UND ES WAR SOMMER - Wiggs, S: UND ES WAR SOMMER Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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schluchzte sie und fühlte sich entsetzlich hilflos dabei. Sie sah sich um, doch außer zwei Blaureihern, die im seichten Wasser standen, war niemand da. „Sag mir, was ich machen soll.“
    Er schüttelte den Kopf und griff in seine Hosentasche. Dann holte er seinen Inhalator heraus, setzte ihn sich an die Lippen und atmete schnell dreimal ein. Doch das Keuchen wurde immer schlimmer. Es schien, als schaffe er es einfach nicht, seine Lungen wieder zum Funktionieren zu bringen.
    Er griff in die andere Hosentasche und zog ein Plastikding mit einem gelben Röhrchen in der Mitte heraus. Rasch riss er die Plastikhülle weg und biss mit den Zähnen die graue Verschlusskappe ab. Schließlich stieß er sich mit einer geübten Bewegung die schwarze Spitze des Epi-Pens in den Oberschenkel. So verharrte er ein paar Sekunden, während er viermal – Rosa zählte in ihrer Panik genau mit – nach Luft rang. Und dann konnte er plötzlich wieder atmen.
    Langsam zog er den Epi-Pen aus dem Oberschenkel und betrachtete die schwarze Spitze. Zu Rosas Entsetzen war dort nun eine lange Nadel zu sehen. Die ganze Sache hatte nur ein paar Sekunden gedauert. Alex lag erschöpft im Sand, und Rosa weinte immer noch.
    „Alles in Ordnung“, versicherte er ihr. „Es geht mir gut, wirklich.“
    „Meinst du, du schaffst es nach Hause?“
    „Später schon. Aber jetzt noch nicht.“
    Als Rosa aufstehen wollte, um Hilfe zu holen, spürte sie, wie er mit seiner kalten Hand nach ihrer griff. „Der Drachen …“
    „Du kannst jetzt keinen Drachen fliegen lassen.“
    „Ich weiß, aber wie wäre es, wenn du ihn für mich fliegen lässt? Ich bleibe hier noch ein bisschen liegen“, sagte er mit schwacher, aber eindringlicher Stimme. „Komm schon, Rosa, tu es. Meine Mom bringt mich nachher bestimmt gleich ins Krankenhaus. Das macht sie immer.“
    „Ein Grund mehr, schnell jemanden zu holen.“
    „Auf die paar Minuten kommt es jetzt auch nicht mehr an. Wenn ich mich ein bisschen erhole, kann ich selber nach Hause gehen. Das Medikament wirkt dreißig Minuten, und ich kann ohnehin wieder fast normal atmen. Also lass den Drachen steigen. Bitte .“
    „Na gut, aber nur ganz kurz.“ Sie schaute hinunter auf ihre sonnengebräunte Hand, die er immer noch mit seiner blassen Hand festhielt, und merkte, wie ihr ganz warm ums Herz wurde. Sie reichte ihm seine Brille, die er während des Anfalls verloren hatte. Dann sah sie ein Rochenei im Sand, das angespült worden war, und drückte es ihm in die Hand. „Als Glücksbringer“, sagte sie.
    Rosa hatte plötzlich das Gefühl, als hinge nun alles davon ab, dass sie diesen Drachen zum Steigen brachte. Als hinge Alex’ Schicksal davon ab, dass dieser Versuch glückte. Also legte sie den gelben Drachen mit seinen roten Bändern in den Sand und lief mit der Leine an der nagelneuen Spule, die Paps ihr geschenkt hatte, los.
    Sie hörte Alex „Lauf, Rosa“ sagen und lief noch schneller. Es muss einfach klappen, dachte sie, es muss.
    Langsam hob sich der Drache vom Boden und stieg zum Himmel empor. Und es schien, als wolle er wie von selbst dort oben bleiben – ganz egal, was Rosa tat. Rasch lief sie zu Alex zurück und hielt ihm die Leine hin.
    „Er fliegt“, keuchte sie atemlos.
    „Er fliegt“, wiederholte er, nahm die Leine und schaute mit leuchtenden Augen dem Flug des Drachens zu.
    Als sie zurück waren, herrschte – ganz so, wie Alex es prophezeit hatte – große Aufregung. Sie versuchten zwar, so zu tun, als wäre nichts geschehen, doch Alex’ Mutter merkte sofort, dass etwas passiert war. Sie sah ihn an und sagte: „Du bist am Strand gerannt, nicht wahr?“
    „Nein, wir sind nur …“ Er starrte auf den Boden.
    „Du bist gelaufen und hast keine Luft mehr bekommen.“
    Sie ließ sich seinen Epi-Pen zeigen. Als sie sah, dass Alex ihn verwendet hatte, versteinerte sich ihr Gesicht. „Ich hole meine Handtasche“, sagte sie und ging ins Haus, ohne Rosa auch nur eines Blickes zu würdigen.
    Rosa und Paps sahen von der Veranda aus zu, wie die beiden wegfuhren. Mrs. Montgomery benutzte den Wagen äußerst selten, und als sie den Motor im alten Kutscherhaus anließ, keuchte und schnaufte er noch viel mehr als Alex vorhin. Rosa stellte fest, dass seine Mutter keine besonders gute Autofahrerin war. Der blaue Ford Galaxy hüpfte im Rückwärtsgang die Einfahrt entlang, bog in die Ocean Road ein und fuhr mit laut klopfendem, rasselndem Motor davon.
    „Es ist furchtbar traurig, dass er krank ist“, sagte

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