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Und ewig währt die Hölle (German Edition)

Und ewig währt die Hölle (German Edition)

Titel: Und ewig währt die Hölle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjetil Try
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lag still da. Sie konnte ihn kaum atmen hören. Gestern Abend hatte er mehrere Stunden lang für sie gesungen. Trotzdem hatte sie nicht einschlafen können, bis er ihr gegen Morgen eine halbe Schlaftablette gegeben hatte. Er wirkte so unendlich traurig. Sie hatte sich wirklich alle Mühe gegeben einzuschlafen, um ihm eine Freude zu machen, aber die Bilder kamen immer wieder. Mama in ihrem Blut auf dem Teppich, Mama in ihrem Blut auf dem Teppich …
    Nora schob die Bettdecke zurück und steckte die nackten Füße in ein paar rote Pantoffeln mit lächelnden Katzengesichtern, die ihr Vater am Tag zuvor für sie gekauft hatte. Er wusste nicht, dass «Hello Kitty» nur was für Kleinkinder war, und sie hatte es nicht übers Herz gebracht, ihm das zu sagen.
    Auf der Digitaluhr am alten Herd war es 07.02 Uhr. Durch das Küchenfenster konnte sie Wellen mit weißen Schaumkronen hinter der großen Industriehalle auf Holmen erkennen. Im Sommer war sie mit ihrem Vater dort draußen gewesen, und er hatte ihr erzählt, dass man vor nicht allzu langer Zeit dort noch große Schiffe gebaut hatte. Jetzt wollte jemand, den ihr Vater nicht besonders gut leiden konnte, alles abreißen und ein Hotel bauen.
    Sie setzte sich an den winzigen Küchentisch und klappte den Laptop ihres Vaters auf, in der vagen Hoffnung, dass es vielleicht ganz nett wäre, ein wenig im Internet zu chatten. Sie und Erna chatteten seit einigen Wochen auf teen.no mit zwei Jungs aus Bergen. Sie schaltete den Rechner an und gab das Passwort ein. Der Bildschirmhintergrund, eine strahlende Sonne, erschien mit einem leisen «Pling» auf dem Monitor. Im selben Moment sah sie vor sich, wie ihre Mutter im Morgenmantel mit Tee und Toastbrot in ihr Kinderzimmer kam. Die Mutter lächelte, das tat sie immer an den Sonntagen, an denen sie ihr das Frühstück ans Bett brachte. Nora spürte, wie ihre starken Hände über ihren Kopf strichen. «Mein kleiner Sonnenschein. Wir zwei schaffen alles, du und ich.»
    Sie merkte, wie ihre Augen feucht wurden.
    «Mama», schluchzte sie. Durch die Tränen sah sie ihren Vater in der Tür stehen, seine Haare standen nach allen Seiten ab. Er starrte sie mit einem fremden Gesichtsausdruck an.
    «Komm her, mein Kind», sagte er und streckte die Hände aus. «Ich will dir ein großes Geheimnis verraten.»

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 20
    07.54 Uhr. Zweieinhalb Tage waren seit dem Mord an Nadija Hadzic vergangen. Die vier Ermittler, die sich mit ihren brühheißen Plastikbechern aus dem Kaffeeautomaten am Besprechungstisch niedergelassen hatten, waren sich vollkommen im Klaren darüber, dass sie mit den Ermittlungen im Rückstand lagen. Sie kannten das bedrückende Gefühl, im Nebel zu stochern, und wussten nur allzu gut, dass die Chancen, den Fall aufzuklären, mit jeder Stunde geringer wurden.
    Kommissar Rolf Gordon Lykke betrachtete sein Team. Wie oft hatten sie schon genau so an diesem Tisch gesessen? Und vor ihnen andere Ermittlungsgruppen an anderen Tischen. Wie viele Jahre seines Lebens hatte er mit Kollegen zusammengesessen und gespürt, dass sie nicht vorankamen? Das hier war Polizeialltag, wie er in den Krimiserien im Fernsehen nie gezeigt wurde. Er konnte das gut verstehen. In der Realität war die Ermittlungsarbeit bei Tötungsdelikten selten besonders unterhaltsam.
    «Was Neues über ihre Familie?» Lykke blickte Lasse Viker an.
    «Nix. Bisher nicht das Geringste, aber wir arbeiten mit Hochdruck daran.»
    Lykke stand auf und ging die paar Meter zum Fenster. Dort blieb er stehen und blickte hinunter auf den Strom von Menschen, die mit gesenktem Kopf und hochgezogenen Schultern im kalten Wind die Straße entlanghasteten.
    «Wir müssen Kvamme unter Druck setzen», sagte er schließlich. «Natürlich müssen wir auf die Tochter Rücksicht nehmen, aber wir kommen ohne ihn nicht weiter. Warum geizt er so verdammt mit Auskünften?»
    Er drehte sich zu den anderen um. «Parisa und ich fahren gleich anschließend nach Risør. Fährt ein Zug dorthin?»
    «Fahren überhaupt irgendwelche Züge?» Viker grinste. «Ich habe mich drei Wochen lang als Zugpendler zwischen Drammen und Oslo versucht. Also ich würde lieber das Auto nehmen.»
    «Das Waschpulver?» Lykke trommelte ungeduldig gegen den Fensterrahmen.
    «Schwierig», sagte Ted Eriksen. «Es kommen wahnsinnig viele Geschäfte in Betracht, und weniger als die Hälfte hat Videoüberwachung.»
    «Wir könnten Glück haben, sucht weiter.»
    «Ja, aber das …»
    Es klopfte kurz an der

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