Und ewig währt die Hölle (German Edition)
Sjøgren, ich bin der Hauswart.»
«Hat mal jemand versucht, anzurufen?», fragte Halvorsen.
«Im Minutenabstand, Festnetz- und Handynummer.» Der Hauswart zog Halvorsen ein Stück beiseite. Offensichtlich gefiel er sich in der Rolle als Ordnungskraft. «Sehr merkwürdig. Sie ist gar nicht der Typ, der so was macht. An den Gemeinschaftsarbeiten beteiligt sie sich immer fleißig. Vor zwei Jahren war sie sogar stellvertretende Vorsitzende des Mieterkomitees …»
Øystein Halvorsen warf seiner Kollegin einen fragenden Blick zu.
«Gehen wir rein?»
Marte Heiersted zuckte resigniert mit den Schultern.
«Wir können doch nicht einfach die Tür eintreten …»
«Es könnte ihr ja auch was passiert sein?» So schnell gab Halvorsen sich nicht geschlagen. «Wenn wir vermuten, dass Gefahr für Leib und Leben besteht, dürfen wir uns gewaltsam Zutritt verschaffen.»
Heiersted musterte die stabile Tür mit den Sicherheitsschlössern.
«Ich bin dafür, dass wir einen Schlüsseldienst rufen.»
Halvorsen machte ein skeptisches Gesicht.
«Wenn die Tür nicht abgeschlossen ist, könnte ich es mit dem Dietrich versuchen.»
Er fischte einen Schlüsselbund aus der Hosentasche und wickelte etwas aus, das wie eine faltbare dünne Stricknadel aussah. «Kann ich mal kurz durch?»
Der Streifenbeamte ging in die Knie und begann, vorsichtig in dem alten Schloss herumzustochern. Es machte «Klick», und die Tür sprang auf.
«Was hab ich gesagt?»
Halvorsen grinste, sodass man seinen Eckzahn sah.
«So, jetzt bitte mal alle etwas zurücktreten.»
Marte Heiersted musste nachdrücklich an dem Krokodilhemd des Hauswarts ziehen, bevor der Mann merkte, dass auch er gemeint war.
Sie schloss die Tür vor den neugierigen Blicken und sah sich in dem geräumigen Flur um. Die Musik war so laut, dass sie sich instinktiv die Ohren zuhielt. Für einen Moment dachte sie an ein Konzert von Turboneger in der Drammenshalle. Das war schon fast zehn Jahre her, aber sie hatte jetzt noch Ohrensausen davon.
Halvorsen zupfte sie am Ärmel und zeigte aufs Wohnzimmer. Auf seinem sonst so sorglosen Gesicht lag ein wachsamer Ausdruck. Plötzlich blieb er abrupt stehen.
«Ach du grüne Scheiße!»
Øystein Halvorsen konnte sich gerade noch umdrehen, als ihm auch schon der Mageninhalt aus dem Mund schoss.
Marte Heiersted stand wie angewurzelt da, ihre Hände öffneten und schlossen sich unablässig in rasendem Tempo. Die Frau auf dem rotbraunen Teppich war nackt und der Länge nach fast komplett in zwei Hälften geteilt. Ihre inneren Organe waren herausgenommen und um sie herum verteilt worden, als wäre es ein groteskes Kunstwerk. Eine dicke graue Katze leckte sich das Maul und starrte die Eindringlinge feindselig an, ehe sie fortfuhr, eine dunkelbraune Masse in sich hineinzuschlingen.
Die Leber, durchzuckte es Marte Heiersted. Sie merkte, wie sie schwankte, und machte einen Schritt zur Seite, um das Gleichgewicht wiederzufinden.
«Weg!»
Die Streifenpolizistin trat nach der Katze, die sich widerwillig zurückzog. Marte Heiersted wischte sich die Tränen aus den Augen. Erst jetzt entdeckte sie, dass ein Organ fehlte. Das Gehirn.
Der tote Körper hatte keinen Kopf.
Mehrere Sekunden lang stand die junge Polizeimeisterin da und betrachtete die geschändete Leiche, eingehüllt in das immer noch dröhnende Hallelujah Leonard Cohens, das aus übertrieben großen Lautsprecherboxen in den Zimmerecken drang.
«Kann mal einer die verdammte Musik ausmachen!»
Øystein Halvorsen stand mit dem Rücken zu ihr und wischte sich Erbrochenes von seiner Uniformjacke. Endlich richtete er sich auf und schwankte an der toten Frau vorbei, entdeckte den orangefarbenen iPod, riss ihn aus dem Player-Dock und schmetterte ihn mit aller Kraft gegen die Wand.
Die Stille war überwältigend.
«Fingerabdrücke», stieß Marte Heiersted hastig hervor und zeigte auf den iPod, der halb hinter einem Bücherregal stecken geblieben war. «Du hättest ihn nicht wegwerfen dürfen.»
Øystein Halvorsen hatte weißen Schaum in den Mundwinkeln.
«Ruf die Zentrale!»
«Was ist das?»
Heiersted hob den Kopf.
Die Stille nach der Musik war so ohrenbetäubend gewesen, dass niemand von ihnen das monotone Brummen bemerkt hatte.
Sie bewegten sich langsam auf das Geräusch zu. Es kam aus dem Bad.
«Hört sich an wie eine Waschmaschine», sagte Halvorsen. Seine Gesichtsfarbe erinnerte an Magermilch.
Heiersted stieß die Tür auf und starrte auf die Waschmaschine der Marke Siemens, die
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