Und ewig währt die Hölle (German Edition)
durchführen.»
«Heißt das, wir müssen nach Den Haag?»
«Genau.» Kuvås zuckte resigniert mit den Schultern.
«Wofür steht die Abkürzung?», fragte Parisa.
Kuvås wollte gerade antworten, aber Ted Eriksen kam ihm zuvor.
«International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia, in den Medien oft auch kurz Haager Kriegsverbrechertribunal genannt, ein von der UN geschaffener Strafgerichtshof zur Verfolgung schwerer Verbrechen während des Krieges in Jugoslawien. Die geben ihre Akten nicht außer Haus, sofern nicht besondere Gründe dafür vorliegen.»
«Du warst dort?» Lykke blickte wieder fragend zu Kuvås.
«Nein, mein Arbeitsgebiet ist Ruanda. Das dafür zuständige ICTR hat seinen Sitz in Tansania.»
«Aber auf Zybase haben wir Zugriff?»
«Ja.»
Lykke stand eine Weile da und dachte nach, dann fragte er: «Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass Bogdaic überhaupt in irgendwelchen Registern auftaucht?»
«Weiß nicht. Dass er es nach Norwegen geschafft hat, muss überhaupt nichts heißen. Wir sind der Zufluchtsort für Kriegsverbrecher. Jahrelang haben wir verdächtige Personen überhaupt nicht mit den Registern abgeglichen. Vermutlich beherbergen wir mindestens hundert Kriegsverbrecher allein aus Ruanda. Aus dem früheren Jugoslawien noch wesentlich mehr. Maximal einer von fünf Fällen wird untersucht.»
«Ich glaube nicht, dass wir ihn in den Archiven finden», sagte Lykke. Die anderen blickten ihn überrascht an. «Wer ist bei Kripos für den Balkan zuständig?»
«Preben Bakke. Sehr guter Mann.»
«Gib ihm den Namen und bitte ihn, sich mal umzuhören. Er hat sicher viele Kontakte zum Milieu?»
«Auf jeden Fall.» Kuvås machte sich Notizen.
«Also, wo fangen wir an?» Lykke richtete den Blick fragend auf den Kripos-Kollegen.
«Zybase.»
«Dann machen wir das.»
Ein Handy klingelte. Lykke runzelte die Augenbrauen. Er hatte schon vor mehreren Jahren ein Handyverbot für alle Besprechungsräume verhängt.
Kuvås fischte das Telefon aus der Tasche.
«Sorry, das ist das Labor. Ich hatte sie gebeten, sofort anzurufen, wenn sie was haben», sagte er und verschwand hinaus auf den Flur.
Kurz darauf war er zurück.
«Sie haben DNA sowohl von Lakshmi als auch von Nadija am Messer gefunden», sagte er kurz.
«Gusev?» Ted Eriksen nestelte am Kragen seines Uniformhemds.
«Mehrere Fingerabdrücke und ein einzelnes Haar.»
Eriksen drehte sich zu Lykke um.
«Warum sollte dieser Kriegsverbrecher ein indisches Mädchen umbringen? Und warum können wir Gusev beim Verhör nicht mehr unter Druck setzen? Er hat beide Opfer gekannt, sein Messer war die Tatwaffe, und wir wissen, dass er ein – milde ausgedrückt – angespanntes Verhältnis zu anderen Volksgruppen hat. Was brauchen wir mehr?»
Lykke nahm einen trockenen Schwamm und wischte das Gekritzel an der Tafel ab. Als sie sauber war, zog er die Kappe von einem Filzstift und schrieb in Großbuchstaben ein einziges Wort hin: «MOTIV».
«Gusev sitzt sowieso noch einige Tage», sagte er. «Wir konzentrieren uns auf Bogdaic.»
Parisa hörte ein Piepsen aus der Tasche und öffnete die SMS. Sie war von Haakon: «Was machst du heute Abend?»
Sie warf einen Blick zur Uhr über der Tür. 12.22 Uhr. «Arbeiten», schrieb sie und drückte auf Senden.
Es klopfte an der Tür.
«Ja bitte!»
Øyvind Leiner steckte den Kopf herein. Sein Blick hielt bei Lykke inne.
«Breiby will dich in ihrem Büro sprechen. Jetzt gleich.»
Lykke stieß einen unterdrückten Fluch aus. Was war jetzt schon wieder?
«Durchsucht Zybase und alle anderen relevanten Datenbanken, und zwar gründlich», sagte er. «Wir treffen uns um siebzehn Uhr wieder hier.»
«Geht klar, Chef!»
Parisa lächelte aufmunternd.
Polizeidirektorin Anne Breiby war ausnahmsweise in Zivil. Sie erhob sich nicht, als er hereinkam, sondern bat ihn, in einem der drei Besuchersessel Platz zu nehmen. Lykke entschied sich für den, der am weitesten vom Schreibtisch entfernt stand.
«Ich muss sagen, ich bin enttäuscht von Ihnen, Rolf. Und ziemlich verärgert.»
«So, aha.»
«Dass ausgerechnet Sie sich auf einen solchen Kuhhandel einlassen, ohne dass ein Anwalt dabei ist, überrascht mich nicht nur, das schockiert mich. Sehen Sie sich das an.»
Sie drückte auf eine Fernbedienung, und eine Aufnahme aus dem Vernehmungsraum zwei im fünften Stock erschien auf dem Bildschirm.
Breiby hatte sich vorbereitet. Das Video war bis zur fraglichen Stelle vorgespult. «Sehen Sie», wiederholte
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