Und ewig währt die Hölle (German Edition)
der vor ihrer Tür abgelegt worden war. Insgeheim wünschte sie, die Sträuße wären nicht gekommen. Sie erinnerten sie an all das Traurige.
«38,2. Ich denke, es wird bei Shrek bleiben, Nora.»
Gisle Kvamme strich seiner Tochter über die Stirn.
«Ich will Erik treffen!» Sie schlug seine Hand weg und stieß das Glas Orangenbrause um.
«Nora!» Er hielt ihren Arm fest.
«Au, du tust mir weh!» Sie riss sich los. «Wenn ich nicht nach draußen darf, bist du der blödeste Scheißvater auf der ganzen Welt», rief sie wütend, lief in ihr Zimmer und knallte die Tür zu, dass die Wände wackelten.
Gisle Kvamme blickte ihr verstört nach.
«Nora, Liebling. Es ist nicht gut, bei diesem Wetter nach draußen zu gehen, wenn man Fieber hat.»
Die Tür öffnete sich wenige Zentimeter.
«Scheißvater! Ich hasse dich! Mama war nie so streng!»
Gisle Kvamme dachte an den Psychologen. Er hatte ihn gewarnt, dass solche Anfälle auftreten würden. Ich muss sie gehen lassen, dachte er. Jetzt ist nicht die Zeit für Erziehungsmaßnahmen.
Er klopfte leicht an ihre Tür.
«Hau ab, Scheißvater!»
«Also gut. Du darfst gehen, aber nur für eine Stunde.»
Minutenlang blieb es still. Dann ging die Tür auf, und Nora rauschte an ihm vorbei, riss wortlos Daunenjacke und Mütze von der Garderobe im Flur und knallte die Wohnungstür hinter sich zu.
Immerhin gut, dass sie Freundschaften knüpft, dachte er und beschloss, sie mit frisch gebackenen Hefebrötchen und heißer Schokolade zu überraschen, wenn sie nach Hause kam. Die liebte sie über alles.
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Kapitel 73
Nora stiefelte mit raschen Schritten durch den Neuschnee und bereute schon, dass sie ihn einen Scheißvater genannt hatte. Sie blieb stehen und suchte in den Taschen nach ihrem Handy. Mist, sie hatte es in ihrem Zimmer vergessen. Armer Papa, dachte sie und war kurz davor, zurückzulaufen und ihn fest zu umarmen und sich tausendmal zu entschuldigen. Aber sie wollte auch Erik gerne treffen. Man konnte toll mit ihm chatten, es kam ihr fast vor, als würden sie sich schon lange kennen.
Sie bog in die Carstensens gate ein und warf einen ängstlichen Blick auf die Uhr am Juwelierladen. Schon fünf Minuten zu spät. Nora begann zu laufen. Sie hatten verabredet, sich im Fredsparken von Tjenna zu treffen, außerhalb des Zentrums. In dem Park war ihm sein Hund weggelaufen.
Vom Meer her wehte ein eisiger Wind. Sie steckte die Hände in die Taschen ihrer Daunenjacke. Ihre Handschuhe hatte sie auch vergessen. Echt blöd, dass sie mit Papa gestritten hatte. Aber dahinten war schon der Park. Sie war ein paarmal mit Papa dort gewesen. Auf der großen blanken Weltkugel, die zwischen den weißen Bänken thronte, hatte er ihr gezeigt, wo er schon überall gewesen war.
Sie hielt Ausschau nach jemandem, der Erik sein könnte, aber der Park war menschenleer. Ob er wieder gegangen war? Sie sah auf ihre Armbanduhr. Gleich zehn nach. Scheiße!
Nora trat zwischen die kahlen Laubbäume. Weit und breit war kein Mensch zu sehen. Die weißen Häuser am Berghang über der Straße schienen unendlich weit weg zu sein.
«Hallo.»
Sie zuckte zusammen. Auf der Bank neben der Weltkugel saß jemand.
Nora ging zögernd näher. Das war nicht Erik, das erkannte sie sofort, sondern ein erwachsener Mann im dicken Wintermantel und mit einer Ledermütze auf dem Kopf.
«Hallo», erwiderte sie kurz.
«Bist du allein unterwegs bei diesem ungemütlichen Wetter?»
Er lächelte. Sah nett aus.
«Ich suche jemanden», sagte Nora und blieb in zehn Meter Abstand stehen. «Haben Sie vielleicht gerade eben einen Jungen hier gesehen?»
Der Mann schien nachzudenken.
«Ja, hier war ein Junge, vielleicht ein bisschen älter als du, erst vor ein paar Minuten. Er ist in die Richtung gegangen.» Er zeigte zum Stadtzentrum.
«War das dein Bruder?»
Er lächelte wieder.
«Nein, nur ein Freund, mit dem ich mich treffen wollte.»
Der Mann nahm die Mütze ab und strich sich über die Stirn.
«Ich warte auch auf jemanden», sagte er ein wenig betrübt. «Wir sind schon zum zweiten Mal hier verabredet, aber er kommt wohl wieder nicht.»
«Wer denn?» In Nora erwachte die Neugier.
«Mein Sohn. Seine Mutter und ich sind geschieden, ich habe ihn schon seit drei Jahren nicht mehr gesehen. Er würde sich gern mit mir treffen, aber seine Mutter sperrt ihn in seinem Zimmer ein.»
«Das ist ja gemein. Können Sie das nicht der Polizei melden?»
Der Mann schüttelte bekümmert den Kopf.
«Das habe ich
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