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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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zögerte.
    Mathilda schwante Unheil. Mit zusammengezogenen Augenbrauen sah sie auf zu der Frau vor ihr, die sie ihrerseits nachdenklich musterte.
    „... ob du aus keinerlei Betrug, Eigennutz oder sonst aus einem unrechtmäßigen Ziel zu uns hierher gekommen bist, sondern aus reinem, aufrichtigem Herzen?“
    Betrug? Mathilda schwankte. Eigennutz, unrechtmäßiges Ziel? Und rein? Immer wieder dieses 'rein'!
    „J-ja!“, stammelte sie und fühlte sich schwindelig.
    „Das ist gut“, lobte die Äbtissin sofort und fast ein bisschen hastig. „Die Frage, ob du von nichts und niemandem hierher gezwungen wurdest, sondern aus freien Stücken und aufrichtigem Herzen gekommen bist, erübrigt sich dann ja.“
    Hieß das jetzt, dass sie an dieser Stelle gar nicht 'ja' sagen musste? Vorsichtshalber nickte Mathilda leicht und hielt dabei die Äbtissin im Auge, um es gegebenenfalls sofort nachholen zu können.
    Doch die schien Mathilda gar nicht wirklich anzusehen. Sie schwieg einen weiteren Moment, ehe sie fortfuhr: „Noch bist du Kandidatin. Aber du wirst eines Tages Gelübde ablegen müssen.“
    „Ich weiß“, nickte Mathilda, erleichtert darüber, dass sich diese Befragung als so einfach entpuppt hatte. „Armut, Keuschheit und Demut.“
    „Bereits jetzt wird von dir erwartet, dass du dich daran hältst“, fuhr die Äbtissin fort.
    „Auch das ist mir bekannt“, sagte Mathilda und hatte prompt vergessen, was sie sich vorgenommen hatte. „Armut und Keuschheit bereiten mir auch gar keine Probleme ...“
    „Und Demut wirst du noch üben“, vervollständigte die Äbtissin Mathildas angefangenen Satz. „Du musst dir nur vornehmen, dich allzeit wie ein gehorsames Kind zu verhalten. Willst du das tun?“
    Mathilda zögerte erschrocken. In ihrer Erleichterung, die erste Lügenhürde genommen zu haben, war sie eben zu impulsiv gewesen. Wenn sie sich nicht um Kopf und Kragen reden wollte, musste sie entschieden besser aufpassen.
    „Ja.“ Ihre Stimme klang unsicher, verhalten. Zur Bekräftigung nickte sie zusätzlich und starrte dabei der Äbtissin in die grauen Augen.
    Die nickte leicht und fragte sofort weiter: „Du hast hier viele Mitschwestern. Willst du sie alle gleich aufrichtig und geistig lieben? Und willst du dich ihnen gegenüber ebenfalls in Demut üben und ihnen gehorchen?“
    Mathilda brach der Schweiß aus, aber sie nickte. „Das will ich ...“ versuchen – sprach sie lieber nicht aus.
    „Und so frage ich deine Mitschwestern“, dabei hob sie den Kopf und sah über Mathilda hinweg zu den Nonnen, „ob sie Willens und guter Absicht sind, dich in ihren Reihen aufzunehmen, wenn auch vorläufig und unüblicherweise als Kandidatin.“
    Mathilda konnte aus den Augenwinkeln nur einige der Laienschwestern sehen, die auf ihrer Höhe an den kurzen Wänden des Saales saßen. Die nickten einhellig. Weil es mit Sicherheit regelwidrig war, sich umzudrehen, konnte sie nur mit gespitzten Ohren hinter sich lauschen. Sie hörte Stoff rascheln und leises Murmeln, aber weder Widerspruch noch Protest.
    Ihre Spannung löste sich erst, als sie Mutter Örtlerin auflächeln sah. Erleichtert lächelte sie zurück.
    „Dann lass uns überlegen“, nickte die Äbtissin zufrieden und sah nun wieder zu Mathilda hinab, „wann wir dich der nächsten Befragung unterziehen. Dreimal im Abstand von drei Monaten schreibt die Klosterregel vor, ehe die Aufnahme der Kandidatin in den Konvent erfolgt. Weil du nun aber schon hier bist ...“ Sie hob den Kopf und warf einen Blick zur Kassettendecke, als stünde dort die Antwort geschrieben. Mathilda unterdrückte den Impuls, ebenfalls nach oben zu sehen.
    „Ich denke, zwei Befragungen werden reichen und anstellte der dritten findet dann deine Weihe statt.“ Die Äbtissin hatte ihre Entscheidung getroffen, warf Mathilda einen freundlichen Blick zu und sagte zufrieden: „Ja, das ist gut. Heute in drei Monaten treffen wir uns zur nächsten Befragung.“
    Sie winkte Mathilda auf.
    „Mutter Örtlerin, fehlt da nicht noch etwass?“
    Die Stimme hinter Mathilda ließ sie erst das Kreuz steif durchbiegen, dann aber herumfahren. Die Schönin war aufgestanden und hatte die Arme demütig unter ihr Skapulier gesteckt.
    Unwillkürlich musste Mathilda seufzen. Ausgerechnet und immer wieder – die! Augenblicklich regte sich in ihr Widerwillen. Dieser schrecklichen Person konnte sie nicht demütig und schon gar nicht mit Liebe begegnen.
    „Was meint Ihr?“ Die Stimme der Äbtissin klang ehrlich

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