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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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geben würde, Gewissheit geworden.
    Aber, so tröstete sie sich, dagegen gab es eine sehr wirkungsvolle Abhilfe: Einfach keine Regelübertretung mehr begehen. Dann konnte selbst eine so rachsüchtige Person wie die Schönin nichts gegen sie ausrichten.
    Während sie auf Elisabeth wartete, ging sie im Raum an der Wand entlang, ließ dabei ihren Finger leicht über die fast schwarze Holzvertäfelung gleiten. Dieses Klosterleben war ein ständiges Auf und Ab. Erst gestern, während der ganz entspannten Rekreation, hatte sie das Gefühl gehabt, dass es leicht wäre, ihre Mitnonnen zumindest zu mögen. Doch die Situation jetzt hatte ihr mehr als deutlich vor Augen geführt, dass das nicht möglich war. Es gab hier mindestens eine Person, die sie nicht ausstehen konnte.
    Und wieder bedauerte sie, dass sie nicht gerade im Unterricht steckte. Mit Pater Arno würde sie darüber sprechen können. Mit ihm konnte sie über alles sprechen. Sicher auch darüber, wie sie mit ihrem Gefühlskonflikt Schön-Hässlichin umzugehen hatte. Musste sie die wirklich lieben? Oder reichte es, wenn sie gegen ihre Abneigung ankämpfte und versuchte, diese Gefühle in Gleichgültigkeit abzuwandeln? Denn lieben können, dessen war sie sicher, würde sie diese Person niemals!
    Mit einem Male vermisste sie Pater Arno schmerzlich. Sicher, sie hatte ihn gestern gesehen und würde ihn auch morgen wieder treffen. Aber jetzt, jetzt würde sie seine gerade Sicht auf die Dinge, seine klaren Gedanken so nötig brauchen.
    Sie zuckte zusammen, als sie Elisabeths Stimme hinter sich hörte.
    „Was willst du wissen?“
    Mathilda fuhr herum. Schon wieder hatte sie nicht bemerkt, dass jemand ins Zimmer gekommen war. Dauernd passierte ihr das. Waren die so leise hier oder war es, weil sie ständig in Gedanken versunken und nicht bei der Sache war? Sie zuckte unwillig mit den Augen und konzentrierte sich auf Elisabeth, die ihr mit fragendem Gesicht gegenüberstand. Schlecht sah sie aus, abgezehrt, angestrengtes Gesicht, dünn gespannte Lippen. Sie machte absolut keinen glücklichen Eindruck. Hatte Katharina endlich mit ihr geredet? Irgendwie wirkte es nicht so.
    „Nun also, hast du Fragen?“ Ihre Stimme ungeduldig, eilig.
    Hastig nickte Mathilda. „Wegen der Befragung heute Nachmittag.“
    „Was willst du genau wissen?“ Elisabeths Gesicht blieb ausdruckslos, ihre Stimme kurz und knapp.
    „Was muss ich tun? Was muss ich auf die Fragen antworten?“, fasste Mathilda in Windeseile ihre Probleme in zwei Sätzen zusammen.
    Zu ihrer Überraschung fiel Elisabeths Antwort ebenso aus: „Du kniest dich einfach vor die Äbtissin“, sagte sie. „Und auf ihre Fragen antwortest du stets mit 'Ja'.“
    Aber da hatte sie sich bereits umgewandt, winkte ungeduldig mit der Hand. „Jetzt komm, wir müssen los, es wird gleich läuten.“

Haarspalterei
     
     
    Arno lehnte sich entspannt auf seinem Stuhl zurück und schloss einen Moment lang die Augen. So war es richtig. Endlich einmal wieder vollkommen unangestrengt hier im Klassenzimmer zu sitzen, seinen beiden Novizen zuzusehen, frei und ohne Kalkül entscheiden zu können, wem er wann seine Aufmerksamkeit zukommen ließ. Es war herrlich!
    Das Mädchen müsse sich vorbereiten, hatte die Örtlerin ihre Bitte gerechtfertigt, Mathilda heute vom Unterricht zu befreien. Seltsam, wie sein Mund sich ganz ohne sein Zutun geöffnet hatte, um zu widersprechen, bis er ihm – natürlich rechtzeitig – Einhalt geboten hatte. Als ob es keine echten Gründe gäbe, die ein Fernbleiben vom Lernen entschuldigten. Vor dieser ersten formalen Befragung hatte Mathilda gewiss ohnehin alles Mögliche andere im Kopf und war froh, sich in Ruhe darauf vorbereiten zu können.
    In der Morgenbesprechung heute früh hatte er seltsamerweise an ihr Haar denken müssen. Welches ihn doch gerade gestern so geärgert hatte. Und welches sie wohl würde hergeben müssen.
    „Eure sanftere Behandlung trägt Früchte“, war ihm wie beiläufig entschlüpft – schon wieder ganz von allein. „Schwester Mathilda ist sehr viel gelöster und leistungsfähiger. Und somit offener ihrer Zukunft hier – und Gott gegenüber. Ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg, was ihre geistige – und geistliche – Entfaltung betrifft.“
    „Das hoffe ich sehr.“ Die Äbtissin hatte den Kopf schief gelegt, um Arno – ein wenig zu scharf für seinen Geschmack – zu mustern. Aber angebissen hatte sie dann trotzdem – unverkennbar an ihrem sich verklärenden Blick.
    „Es

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