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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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verboten.“
    Das hatte Mathilda zwar nicht gewusst, angenommen jedoch hatte sie es sehr wohl. Zumal während des Silentiums – und bei Nacht.
    „Ihr seid beobachtet worden.“
    In entsetzter Eintracht schnellten Mathildas und Katharinas Köpfe hoch.
    Die Schönin – war Mathildas erster Gedanke.
    Katharina schien das gleiche zu denken – und sogar noch mehr: „Dann war es Schwester Schönratin, die bei mir angeklopft hat?“
    Jetzt war es an der Äbtissin, verwirrt dreinzusehen. „Angeklopft?“, wiederholte sie.
    „Ja“, beteuerte Katharina und erzählte hastig, wie sie den Flur leer vorgefunden und angenommen hatte, es wäre Mathilda gewesen. „Ich dachte, sie hätte noch eine Frage.“
    Die Äbtissin hob den Kopf: „Mir wird soeben einiges klar.“
    Mathilda, der es nicht anders ging, bezweifelte allerdings, dass die Äbtissin und sie dasselbe dachten. Indirekt hatte Mutter Örtler zugegeben, dass es wirklich die Schönin gewesen war, die sie beide beobachtet und die Äbtissin informiert hatte – und die demzufolge auch bei Katharina geklopft haben musste – und nicht etwa Elisabeth.
    Dass ihr, Mathilda, am Nachmittag die Haare nicht abgeschnitten worden waren, musste für diese Schlange eine herbe Niederlage gewesen sein, die nach Rache schrie. Sie hatte also einen Plan ersonnen, mit dem sie Mathilda schaden könnte. Aber warum hatte sie dann bei Katharina an die Türe geklopft und nicht gleich bei ihr? Sie wäre doch mit Sicherheit hinüber zu Katharina gegangen und hätte gefragt.
    Was also hatte Katharina mit der ganzen Sache zu tun? Mathilda runzelte angestrengt die Stirn.
    Mehr als ein Mittel zum Zweck konnte sie ja wohl kaum sein, oder hatte die Schönin mit ihr auch noch eine Rechnung offen?
    Mathilda lief ein Schauer über den Rücken. Was, wenn Katharina nicht erst zu ihr, sondern gleich zu Elisabeth gegangen wäre? Konnte die Schönin wissen, wie wichtig sich die beiden waren? Mathilda würde Katharina danach fragen müssen, bei nächster Gelegenheit. Die jetzt nicht war! Mutter Örtlerin sah ganz und gar nicht so aus, als wolle sie die Sache auf sich beruhen lassen.
    „Es mag ja sein, dass Ihr hereingelegt wurdet“, stieß sie brüsk hervor. „Aber das spielt in diesem Fall keine Rolle. Ihr habt gegen eine ganze Reihe Regeln verstoßen – und macht mir, obwohl ich in letzter Zeit immens nachsichtig gewesen bin, gehörig Ärger. Das kann ich nicht ungestraft lassen.“
    Sie hatte sich so gedreht, dass sie sowohl Katharina vor der Türe als auch Mathilda auf dem Bett im Blick hatte.
    „Ich überlege, ob ...“ Sie brach mit einem schnellen Blick auf Mathilda ab, schüttelte den Kopf und murmelte: „Keine gute Idee.“ Sichtlich erregt trommelte sie mit ihren Fingern auf der Kommode.
    Mathilda beobachtete sie atemlos. 'Schuldkapitel' hing unausgesprochen in der Luft. Ihr war klar, dass weitaus geringere Vergehen als das ihre im Schuldkapitel geahndet wurden, und fragte sich, warum Mutter Örtler zögerte, es auszusprechen. Der Gedanke, gemeinsam mit Katharina auf dem Kapitelboden zu liegen – war eigentlich gar nicht so schlimm. Schließlich waren sie Freundinnen, die füreinander einstanden. Das konnte ruhig jeder sehen. Wenn sie sich bloß darauf verlassen könnte, dass die Äbtissin auch in ihrem Falle der Überzeugung wäre, dass Schläge keine Lösung darstellten. Allein die Vorstellung, dort in aller Öffentlichkeit zu stehen und ... Müsste sie sich sogar ausziehen? Um dann nackt vor aller Augen ... Ihr stand der kalte Schweiß auf der Stirn.
    Im Gesicht der Äbtissin arbeitete es weiterhin. Sie hatte also noch keinen Entschluss gefasst.
    Mathilda sah zu Katharina, die ebenfalls lebhaft nachzudenken schien, mit keineswegs erfreulichem Ergebnis allerdings. Nicht Elisabeth hatte bei ihr angeklopft, das schmerzte sie sichtlich.
    „Genau, so kann es gehen!“, unterbrach die Stimme der Äbtissin Mathildas Gedanken. „Für dieses eine Mal, da Ihr keine direkte Schuld tragt, erlasse ich Euch eine Anklage vor dem Strafkapitel. Um eine empfindliche Strafe allerdings werdet Ihr nicht herumkommen.“ Sie holte tief Luft, strich mit den Händen über den Rock ihrer Kutte und wandte sich an Katharina: „Da es scheint, dass Ihr tagsüber nicht ausgelastet genug seid, um abends müde zu sein, werdet Ihr ab morgen zwei Aufgaben übernehmen. Ihr bleibt bis auf Weiteres in der Küche eingesetzt – aber für den Abend bekommt Ihr zusätzlich Handarbeiten, die Ihr während des Nachtsilentiums

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