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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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Kloster hinein und verriegelte rasch die Türe. „Menschen, besonders aber Frauen, die der Weltlichkeit abgeschworen haben, ihren Versuchungen aber dennoch erliegen, sind die leichteste Beute für ihn.“
    „Welchen Versuchungen denn?“ Wo waren die Nonnen hier Versuchungen ausgesetzt?
    „Privatbesitz“, flüsterte Edeltraud weiter. „Essen, Wein, sündige Gedanken. Das reicht, um dem Bösen Tür und Tor zu öffnen.“
    „Das glauben hier alle?“, fragte Mathilda mit Entsetzen in der Stimme. Das konnte doch nicht sein. Sicher, draußen gab es üble Gestalten, die Missetaten vollbrachten. Die waren des Teufels. Das konnte sie verstehen. Aber hier – mitten in der geläuterten Umgebung des Klosters?
    „Was meinst du, warum sich Margarete vor ihrer Strafe so entsetzlich fürchten musste?“
    „Als die das Brot genommen hatte?“
    „Ja“, nickte Edeltraud. „Sie musste einsam im Korridor knien und beten.“
    Mathilda erinnerte sich an das wachsbleiche Gesicht der Laienschwester, nachdem ihr diese Strafe angekündigt worden war. Und sie erinnerte sich an ihre eigene Verwunderung darüber.
    „Der Teufel liebt sündige Weiber. Wenn die alleine sind, hat er leichtes Spiel, sie zu holen.“
    „Weiß das hier jeder?“, fragte Mathilda. „Ich meine, weiß das Mutter Örtlerin?“
    „Aber ja“, flüsterte Edeltraud. „Hat sie dich noch nie vor der Versuchung durch den Teufel gewarnt? Das macht sie oft im Schuldkapitel. Alle haben Angst davor.“
    Mathilda schüttelte den Kopf, ganz und gar nicht sicher, was sie davon halten sollte. Doch dann hob sie den Blick. Sie hatte ja noch eine Frage: „Hast du auch mitbekommen, was gestern Abend geschehen ist?“
    Dass Edeltraud blitzartig den Kopf senkte und rot anlief, war Antwort genug.
    „Sag mir nur, wie hast du davon gehört?“
    Das war ihr nämlich ein Rätsel. Wo und wie wurde hier im Kloster getratscht? Hier, an einem Ort, an dem gebetet und geschwiegen wurde, schienen sich Neuigkeiten in der gleichen Eile zu verbreiten wie draußen.
    „Schwester Schönratin“, antwortete Edeltraud. „Aber sage du mir, ist es wirklich so, wie sie es erzählt?“
    „Mit Sicherheit nicht“, sagte Mathilda, ohne genau darüber im Bilde zu sein, was die Schönin gesagt hatte. Die Wahrheit nicht, so viel schien ihr jedoch gewiss.
    „Wird es zu einer Anklage kommen?“, fragte Edeltraud und sah Mathilda besorgt an.
    „Nein“, schüttelte die den Kopf. „Die Äbtissin hat alles gleich heute Nacht geregelt.“
    „Dann ist es ja gut“, strahlte Edeltraud. „Ich hatte schon Angst, dass du heute ...“
    Mathilda lächelte. Edeltraud war wirklich eine Freundin geworden.
    „Herrjemine, das Kapitel“, stieß Edeltraud in diesem Moment hervor. „Das haben wir vor lauter Reden völlig vergessen. Komm schnell!“
     
    Sie kamen noch rechtzeitig, wenn auch offensichtlich als Letzte. Die Äbtissin, die ihr Eintreten registriert hatte, winkte Mathilda, sie solle die Tür schließen.
    Nachdem sie das erledigt hatte, schlüpfte sie auf ihren Platz neben Katharina.
    „Wo warst du so lange?“, fragte die leise. „Hier wartet schon alles.“
    „Erzähle ich dir ein andermal“, antwortete Mathilda.
    „Lasset uns beten“, ordnete Schwester Öflerin an.
    Alle sanken auf die Knie und neigten sich in Richtung des Altares, auf dem bereits die Kerzen brannten.
    „Heiliger Gott, unser guter Vater“, übernahm die Äbtissin laut. „Gib uns heute, für dieses Außerordentliche Schuldkapitel deinen Segen.“
    Mathilda fuhr der Schreck in die Glieder – und auch Katharina neben ihr zuckte zusammen. Ein Außerordentliches Schuldkapitel? Warum? Hatte Mutter Örtler nicht gestern Nacht noch gesagt, sie wolle ...?
    Doch genau die hatte sich bereits erhoben, stellte sich vor ihren Thron und wartete, bis alle anderen saßen.
    „Meine lieben Mitschwestern im Herrn. Eine jede von euch hat die Unruhe in der letzten Nacht mitbekommen. Heute wurde den ganzen Tag über geraunt und gemunkelt.“ Sie sah sich im Saal um. „Was unserem Herrn gar nicht gefällt.“
    Einige neugierige Gesichter fielen regelrecht in sich zusammen. Mathildas Aufregung wuchs. Was würde jetzt kommen? Sollten Katharina und sie doch hier angeklagt werden? Oder erwartete Mutter Örtler etwa, dass sie sich selbst anklagen würden?
    Sie berührte Katharinas Hand und fragte mit Zeichensprache: ' Was sollen wir tun?'  
    'Nichts' , kam zur Antwort. ' Warten.'  
    Nichts tun, warten. Scheußliche Aussichten, fand Mathilda. Ihr

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