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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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nicht, wo sie in der Zeit wirklich gewesen ist, aber sie sah immer verschlafen aus, wenn sie zurückgekommen ist.“
    „Und warum?“, fragte die Äbtissin.
    „Weil ich sonst keine Lampe bekommen hätte, um abends zum Schließen durch den Finsteren Gang zu gehen.“
    Jetzt liefen ihr Tränen übers Gesicht. „Ich bin schuld“, wiederholte sie und legte sich neben die Narcholzin.
    „Ich bin schuld“, erhob sich Schwester Hofmeier. „Ich habe ihr Extra-Becher vom Wein gegeben. Aber sonst hätte sie mir meine Post nicht ausgehändigt.“ Mit Empörung im Gesicht sank sie gleichfalls zu Boden.
    Danach blieb es still.
    „Hat noch jemand eine Anklage vorzubringen?“, fragte die Äbtissin schließlich und wartete wieder.
    Im Raum war es mittlerweile so still geworden, dass Mathilda ihr aufgeregtes Herz deutlich pochen hören konnte.
    „Narcholzin, Hofmeierin und Harnischin, erhebt und setzt euch. Ihr habt, weil ihr euch Drohungen gebeugt habt, gegen Gott gesündigt“, wandte sich die Äbtissin schließlich an die sich aufrappelnden Laienschwestern. „Aber das gehört in die Beichte.“
    Sie wartete, bis alle wieder saßen, dann richtete sie das Wort an die Schönin: „Nun zu dir. Erhebe dich.“
    Deren Gesicht war rotfleckig, als sie endlich mit gesenkten Augen aufgestanden war.
    „Wer hat dich geheißen, du sollest deine Mitschwestern verleumden, sie unter Druck setzen zu deinem eigenen Vorteil?“
    Die Schönin schwieg.
    „Wer hat dich geheißen, deinen Mitschwestern nachzuspionieren? Wer, höchstpersönlich dafür Sorge zu tragen, dass sie Verfehlungen begehen? Und wer, dass du sie dabei erwischen und zu deinem Vorteil unter Druck setzen sollest?“
    Von der Schönin kam nur leises, ängstliches Jammern. Sie hob die Hände und bedeckte ihr Gesicht.
    „So höre meine Entscheidung, die dir Strafe sein soll, Sühne für deine Missetaten darstellen und dir Zeit für Besinnung auf deine eigentlichen Aufgaben geben soll.“ Die Äbtissin hatte ihre Stimme erhoben und sprach hart und klar. „Gertrudis Schönratin, du wirst für eine Woche aus der Gemeinschaft der Ordensschwestern ausgeschlossen. Deine Arbeit wird Schwester Harnischin übernehmen.“ Sie nickte Edeltraud zu. „Du wirst nicht an den Horen, nicht an Vigil und der Messe teilnehmen, sondern diese Zeit in deiner Kammer in stiller Kontemplation verbringen. Du wirst auch keine Kommunion empfangen.“
    Die Abgeurteilte sackte in sich zusammen und begann zu schluchzen.
    Doch die Äbtissin war noch nicht fertig: „Die Mahlzeiten werden dir in deine Kammer gebracht werden. Jeder Kontakt mit einer deiner Mitschwestern sei dir in dieser Zeit untersagt. Und erst wenn diese Strafe abgebüßt ist, darfst du zur Beichte gehen und Gott um eine gerechte Buße für deine Sünden anflehen.“ Sie setzte sich zurück auf ihren Thron. „Wenn dies alles geschehen ist, sollst du dich reinwaschen und frisch bekleiden, damit kein Makel mehr an dir hafte. Aber erst wenn du danach die heilige Kommunion empfangen hast, sollst du zurückkehren an deinen Platz in den Reihen der Chorfrauen.“
    „Und wenn er kommt und mich holt?“, schrie die Schönin mit echter Verzweiflung in der Stimme. „Ihr wisst doch, dass er auf die lauert, die aussgeschlossen sind. Dass er ssie packen will!“ Speichel rann ihr übers Kinn. „Mit diesser Strafe liefert Ihr mich dem Teufel auss.“
    Ein vielstimmiger Aufschrei gellte durch den Saal.
    „Der Gehörnte!“ – „Er lauert in der Dunkelheit und in jedem Eck.“
    Rings um Mathilda brach das Chaos aus. Nonnen sprangen auf, schrien durcheinander.
    „Es gibt kein Entkommen!“ – „Er kommt und holt uns!“
    Schwester Narcholzin war auf die Knie gefallen, neigte sich mit gefalteten Händen zu Boden und betete dabei: „Herr, halte deine schützende Hand über uns.“
    „Er wird sie holen – und dann uns!“
    Mathilda sah in Panik verdrehte Augen, hörte sich überschlagende Stimmen. Lediglich Katharina neben ihr blieb still, auch wenn sie deutlich angespannt wirkte. Sonst konnte sie keine Nonne entdecken, die nicht wenigstens verängstigt wirkte.
    „Er holt sich die, die der Versuchung erliegen“, schluchzte Schwester Steudlin.
    Verzweiflung stand auf vielen Gesichtern, Tränen rannen über Wangen.
    „Schließt mich nicht auss“, kreischte die Schönin und warf ihre Arme nach oben. „Ssonst werde ich Beute dess Teufelss.“
    „RUHE“, schrie Mutter Örtler. „Setzt euch und gebt Ruhe!“ Selbst aufgesprungen und in die

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