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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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Hände klatschend, stand sie mit zusammengekniffenen Augen da. „Beruhigt euch und setzt euch wieder hin“, wiederholte sie und wartete, bis die Nonnen wieder auf den Bänken versammelt waren, bis alle Hände unter den Skapulieren verschwunden, bis alle Münder geschlossen waren.
    Erst als die letzte sich zurückgesetzt hatte, nahm sie ebenfalls wieder Platz.
    „Gottes Gerechtigkeit wird walten“, sagte sie betont langsam. „Und damit ihr euch wieder beruhigt, werden wir gemeinschaftlich beten. Lasst uns zu Gott flehen, dass er den Teufel zurückhalten möge. Möge er seine schützende Hand über die reuevolle Schwester Schönratin legen, ihr Einsicht über ihr falsches Verhalten geben und seine Güte über uns alle breiten. Kniet euch hin.“ Sie selbst war bereits zu Boden gesunken und hatte die gefalteten Hände erhoben. Ohne auf Nachzügler zu warten, bekreuzigte sie sich: „Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.“
    „Amen.“
    „Allmächtiger, ewiger Gott, du hast uns und besonders unsere Schwester Schönratin heute einer schweren Prüfung unterzogen. Gib ihr und uns allen den Willen, dem Bösen zu entsagen. Segne uns, damit wir die Kraft haben, dem Teufel zu trotzen, denn er hat bereits Einzug gehalten unter uns. Wir flehen dich an, halte deine gütige Hand über uns.“
    „Amen.“
    In die wieder eingekehrte Ruhe sprach sie weiter: „Während sich Schwester Schönratin nun zur Buße, Reue und Besinnung in ihre Zelle begibt, lasst uns gemeinschaftlich einen Rosenkranz für sie beten.“
    Sie winkte die Priorin zu sich, besprach sich leise mit ihr. Die lauschte, nickte schließlich und eilte aus dem Raum.
    „Ich habe soeben Schwester Öflerin zu Pater Palgmacher geschickt. Diejenigen unter euch, die noch ein weiteres Bedürfnis nach Seelenerleichterung haben, mögen sich nachher zu ihm in die Beichte begeben.“
    Dann winkte sie der immer wieder aufschluchzenden Schönin, sie möge gehen. Erst als die Saaltüre sich hinter ihr geschlossen hatte, faltete sie die Hände. „Lasset uns beten.“
    Diesmal sprachen alle laut mit: „Credo in deum patrem omnipotentem, creatorem coeli et ...“

Donnerstag, 27. Oktober 1521
    Apfel und Brot
     
    Der Anfang dieses Ordens und Heils ist wahre Demütigkeit und reine Keuschheit und willige Armut … Darum ist Keiner ziemlich, etwas Eigens zu haben, ganz kein Ding, wie klein das auch ist. Sondern nicht einen Heller zu besitzen, oder mit den Händen anzurühren. Noch kein Gold, noch kein Silber zu haben. Nur allein, es wäre notwendig, das in eine Handarbeit zu wirken.
    Aus den Klosterregeln der Heiligen Birgitta
     
     
    Heute hatte Arno aus dem Refektorium eine Karaffe mitgebracht, bis an den Rand gefüllt. Vorsichtig trug er selbige die Treppe zur Bibliothek hinauf.
    Mathilda war noch nicht da. Das drängte sich ihm immer bereits dann auf, wenn er oben auf dem Treppenabsatz angelangt war und die irgendwie unlebendige Stille im Klassenzimmer an seine Ohren drang.
    Die beiden Männer waren schon anwesend, unterhielten sich jedoch nicht. Hatten sie das früher nicht immer getan?
    Georg saß schon bereit – selbstredend an Mathildas Tisch. Während Hartwig schon in seiner Arbeit versunken war, tat Georg nichts anderes als dazusitzen und – zu warten. Gerade jetzt hatte er sich natürlich erwartungsvoll umgedreht – doch mit unverhohlener Enttäuschung nur Arno erkennen können, der, die Augen auf der überschwappenden Karaffe, den Raum betrat. Seinem so berechenbaren männlichen Forschungsobjekt einen mitleidigen Seitenblick zuwerfend, stellte er das Wasser auf Mathildas Tisch ab, beugte seinen Oberkörper hinunter, um den Becher, den er zusammen mit seinen Unterlagen in der anderen Hand getragen hatte, daneben zu stellen. Daneben – er zuckte zusammen: ein Apfel? Ein großer und prächtiger, reif geröteter Apfel. Ebenfalls wartend. Auf Mathildas Platz.
    Oh nein! Am liebsten hätte Arno sich mit der flachen Hand vor den Kopf geschlagen. Wie hatte er so gedankenlos, so beschränkt sein können?  
    Mit energischem neuen Schwung eilte er weiter an seinen eigenen Tisch, ließ, selbigen umrundend, im Vorübergehen seine Unterlagen darauf fallen und war schon wieder aus dem Raum, die erstaunten Blicke der beiden Novizen im Nacken.
    Für ihn als stellvertretenden Prior war es kein Problem, aus dem Vorratskeller auch außerhalb der Essenszeiten Brot zu beschaffen, welches dort gelagert wurde, nachdem die Nonnen es gebacken hatten. Auch Käse oder

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