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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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eingeleitet ist, beichtest“, kam er auf den Anfang ihres Gespräches zurück.
    Dankbar nickte Arno. „Und ich wiederhole, was ich eingangs sagte: Ich beichte einem Mann, der sich als Priester empfindet. Der bereit ist – also wirklich in seinem Innersten bereit – das Beichtsakrament zu erteilen. Unabhängig davon, was die Kirche von ihm hält. Und unabhängig davon, wie kritisch er der Kirche gegenübersteht.“
    Heussgens Strahlen war herzerwärmend. „So spricht ein Mann, den ich zutiefst achte“, deklarierte er feierlich. „Und obwohl ich persönlich in puncto Beichtsakrament ganz hinter Luther stehe, fühle ich mich dazu berufen, Euch die Beichte abzunehmen, Pater Arno. Weil ich Euch als einen selbstständig denkenden Menschen kenne.“ Er senkte die Stimme, um in normalem Tonfall weiterzusprechen. „Und weil ich dir einfach einen Gefallen tun möchte.“
    Arnos Stirn hatte sich abwehrend gerunzelt ob der ihm ein wenig übertrieben scheinenden Überschwänglichkeit des älteren Mannes.
    „Eine Einschränkung habe ich allerdings.“
    Arno sah ihn an.
    „Ich glaube nicht mehr daran, dass ich darüber entscheiden kann, ob Gott dir die Absolution erteilt oder nicht. Diese Entscheidung musst du selbstständig treffen. Ebenso wie das Maß der Buße. In Ordnung?“
    Verblüfft zog Arno seine Augen aus Heussgens zurück. Überdachte dessen Worte, ehe er sie wieder zum Anderen zurückkehren ließ. „Das hätte ich seltsamerweise auch nicht von dir erwartet“, sagte er langsam, noch immer erstaunt. „Ich hätte diese Entscheidung für mich allein getroffen.“ Wie er es bei Palgmacher ohnehin immer tat.
    „Arno – das wusste ich!“ Strahlend klopfte Heussgen ihm auf die Schulter, und gemeinsam machten sie sich auf den Weg in die Kirche.  
     
    Nach Tertia saß Arno, befreit von seiner Geltungssucht und belegt mit der Pflicht täglicher Gebete zur Vergegenwärtigung seiner Demut, hinter dem Beichtgitter – und hatte noch immer keinen Plan gefasst, wie er Mathilda die Beichte abnehmen konnte. Ohne dass ihm sein Zorn auf Georg in die Quere kam oder seine eigene Unentschlossenheit in Bezug auf das gesamte Problem oder auch nur Mathildas Begabung dafür, den Rahmen jeder Beichte zu sprengen.
    So war er fast erleichtert, als zunächst Schwester Elisabeth vor ihm niederkniete.
    „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.“
    Sie war eine, von denen vorhin im Gespräch mit Heussgen die Rede gewesen war. Sie kam mit genau dieser Erwartung zu ihm: Arno möge ihre Sünde vor Gott für sie sühnen. Je größer die ihr von ihm auferlegte Wiedergutmachung, desto besser fühlte sie sich anschließend. Dasselbe – eine möglichst schwere Strafe – suchte sie ebenfalls regelmäßig im Strafkapitel, wie er von der Örtlerin wusste.
    „Gott, der unser Herz erleuchtet, schenke dir wahre Erkenntnis deiner Sünden und Seiner Barmherzigkeit.“
    Immer schon hatte Arno sich unwohl dabei gefühlt, ihr diesen Wunsch zu erfüllen. Die Buße, die er ihr auferlegte, war ihm stets als willkürliche Festlegung seinerseits vorgekommen. Eine erzieherischere, mehr an Elisabeths Bedürfnis nach Bestrafung orientiert als an Gottes Willen - den er in diesem Fall überhaupt nicht zu ermessen wagte.
    „Amen.“
    Aber – wie Heussgen ihm eben so eindringlich vor Augen geführt hatte – galt das nicht eigentlich in allen Fällen?
    Sicher, Arno hatte eine Art Routine entwickelt, welche Buße er für welche Sünde in welcher Abstufung angemessen fand, und aus diesem Katalog bediente er sich im Einzelfall. Doch – sämtliche Festlegungen darin hatte er, Arno, einst getroffen. Gott selbst war ihm nie erschienen.
    „Ich sehe sie. Ich sehe sie wieder, und ich hasse es, dass ich das tue, aber ich kann nicht anders. Ich ... es ist so schön, bei ihr zu sein, sie glücklich zu sehen, weil sie bei mir ist, und ich hasse mich dafür, aber ich kann nicht anders, als ...“
    „... es zu wollen“, konfrontierte Arno, um ihre sinnlosen Selbstanklagen zu stoppen.
    „Ich will es nicht. Ich will die Regeln befolgen. Ich will Jesus gerecht werden! Ich will wieder genug Kraft bekommen, Katharina abzuweisen, das muss ich doch, weil ich das Gelübde abgelegt habe, die ewige Profess, das bedeutet ewige Sünde, ich bitte Euch, Pater, erlegt mir eine Buße auf, die mich läutert, die mich wieder stärker macht, der Versuchung zu widerstehen.“
    Diese Buße legte er fest nach seiner Intuition. Nach bestem Wissen und Gewissen und,

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