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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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dieser Informationen könnte Arno im Hinterkopf behalten. Vorausgesetzt, sie käme in die Beichte. Denn wie er sie kannte, empfand sie es nicht als Sünde, in diesen Tagen zumindest ein wenig Glück mit ihrer Geliebten zu erleben. Sie hatte längst entschieden, dass sie keine Sünde beging, wenn sie sich der Liebe zu einer irdischen Person hingab.
    Ja, und da war Arno wieder bei seinem Gespräch mit Heussgen. Katharina war eine Frau, die ihre Sünden direkt mit Gott klärte. Sie kam nur dann zu ihm, ihrem Priester, wenn sie das Gefühl hatte, das nötig zu haben – und das geschah nach ihren eigenen Maßstäben. Heussgen würde die eigenständige Persönlichkeit der jungen Frau gefallen.
    „Bitte, Pater ...“
    Himmel – er musste sich konzentrieren! Sie wollte Strafe. Leiden. Auch wenn sie das in keiner Weise weiterbringen würde. Und was würde Katharina weiterbringen?
    „Für jede Minute, die du mit Katharina glücklich warst, sollst du drei Minuten lang in deiner Zelle auf dem kalten Boden liegen“, verfügte er kurzerhand.
    „Ja, und für jede Stunde mit Katharina werde ich eine Mahlzeit fasten“, fügte sie inbrünstig hinzu. „Außerdem werde ich jeweils auf eine Stunde Schlaf verzichten und stattdessen in der Kirche beten.“
    Auch sie entschied selbst, hier zeigte es sich. Arno lächelte gequält. Martin Luther war ein kluger Mann.
    „Diese und alle meine Sünden tun mir von Herzen leid. Mein Jesus, Barmherzigkeit.“ Ihre Stimme war mit neuer Energie erfüllt, beinahe schon mit Eifer.  
    „ Ego te absolvo a pecatis tuis in nomine patris et filii et spiritu sancti.“  
    “Amen.”
    Sie kauerte sich noch tiefer in sich zusammen und verharrte eine lange Sekunde, dann erhob sie sich hastig und eilte von dannen.
    Ob sie sich heute noch eine Katharina-Stunde gönnen wird?, erschrak Arno vor seinem sarkastischen Gedanken. Früher hatte er sich allzeit im Griff gehabt. Nun schlängelten sich immer öfter Gedanken seines irdischen Lebens in seine Priesterpflichten. Die Grenze zwischen seinen beiden Existenzen schien Löcher bekommen zu haben.  
    Aber nicht nur Mathilda gegenüber. Das war doch ein beruhigender Gedanke.  

Beichte unbeschwerlich
     
     
    Sie kam erst kurz vor Sexta – hatte sie das absichtlich so eingefädelt, um die Letzte zu sein? Nun, ihm sollte es recht sein, war er doch nach all den Beichtgesprächen so in der Routine, dass ihn nichts mehr würde erschüttern können.
    Ihren Zopf hatte sie wohl wiederum hinten unter die Haube gequetscht, und auch vorn hatte sie diese so tief ins Gesicht gezogen, dass sich kein Härchen an ihr regte. Der Schwung jedoch, mit dem sie um die Ecke bog und sich auf ihren Knien niederließ, war noch immer ganz sie selbst. Was ja beruhigend war, dass bisher weder das Fasten diese Woche noch der Schreck im Finsteren Gang noch Georgs Apfelwangen ihre Energie hatten brechen können.
    Und dann machte sie ihn schon wieder sprachlos.
    „Ich muss zuerst etwas fragen“, hauchte sie statt der vorgeschriebenen Eröffnung.
    Arno atmete ein und stieß dann die Luft wieder aus. „Ja?“
    „Ich weiß nicht, ob es eine Sünde ist, also das, was ich begangen habe – oder nur eine Übertretung der Klosterregeln. Denn dafür wurde ich schon bestraft – wie Ihr bereits wisst“, fügte sie wieder jenseits aller Etikette hinzu.
    „Also?“ Legitimierte Neugierde. Was Ihr Mutter Örtlerin nicht zu fragen wagtet, strafte er sich selbst mit spöttischer Verachtung.  
    „Ich treffe mich mit einer Mitschwester. Wir sind Freundinnen geworden, wir sehen uns – und das, obwohl Mutter Örtlerin 'spezielle Freundschaften', wie sie die nennt, ausdrücklich verboten hat. Dabei wäre es neuerdings sogar zumeist erlaubt, miteinander zu sprechen, denn ich bin vom Dauersilentium entbunden worden. Aber wir treffen uns auch heimlich. Abends. Diesmal allerdings war es eine Falle von Schwester Schönratin, die Katharina ...“ Sich erschrocken auf den Mund schlagend, brachte sie sich zum Verstummen. „Es ist nicht schlimm, wenn ich ihre Namen nenne, oder?“
    „Ich bin an das Beichtgeheimnis gebunden“, belehrte er sie.
    „Das weiß ich“, erwiderte sie rasch. „Und Gott weiß es sowieso, nicht? – Also diesmal haben Katharina und ich uns gar nichts zuschulden kommen lassen, wir sind nur hereingefallen auf eine Intrige“, nahm sie dann den Faden wieder auf. „Aber wir hatten uns schon einmal getroffen, also daher wäre es keine gegenwärtige Sünde, versteht Ihr? Aber eine

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