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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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die Männer brauchte, um die äußeren Belange zu regeln – was hinter den Mauern ihres Konvents vor sich ging, kam an ebendiesem Gitter nicht vorbei.
    „Denkt daran, dass der Frauenkonvent für den Winter aller Voraussicht nach ein Grab benötigen wird – und bei Euch zeichnet sich im Augenblick zwar kein neuer Fall ab ...“
    „Na, ich bitte Euch.“ Palgmacher ließ beide Hände mit einem lauten Klatschen auf seine breiten Oberschenkel niedersausen und sein dröhnendes Lachen hören. „Was das Sterben angeht, haben wir Mönche in diesem Jahr unserer Schuldigkeit ja wohl genüge getan. Drei Chorherren – zwei davon Priore – mehr können wir beim besten Willen nicht beisteuern, um Euren teueren Friedhof zu bevölkern, Örtlerin! Da seid jetzt ihr fruchtbaren Weibsbilder gefragt.“ Sein Lachen überschlug sich.
    Die Äbtissin hatte lediglich die Mundwinkel zu beiden Seiten des Schattenstreifens hochgezogen. Selbst den Tod betrachtete sie als etwas, was ihrer Kontrolle unterlag. Arno kräuselte die Lippen.
    „Wie schön, dass Ihr dieses Thema so humorvoll angeht, verehrter Prior“, sagte sie huldvoll. „Dennoch möchte ich, dass neben dem neuen mindestens noch drei zusätzliche Gräber bereitstehen, ehe der Dauerfrost einsetzt.“
    Der Hofbruder nickte und erhob sich. „Das habe ich hier auf dem Plan, Mutter Örtlerin. Dieser Tage hatten wir alle Hände mit der Apfelernte zu tun, nun folgt die erste Phase der Holzwirtschaft. Aber ich werde es rechtzeitig erledigen lassen, keine Sorge.“
    Jetzt. Die letzte Chance, Arno. Rede endlich , schoss die ungehorsame Stimme in Arno schon wieder quer.  
    „Bruder Wayden.“ Palgmacher.
    Arno blinzelte ins Gegenlicht. Sein Mund war verschlossen geblieben.
    „Ich habe gleich einen dringenden Termin mit dem Vogt – der sich hinziehen kann, versteht Ihr? Daher bitte ich Euch, auch heute wieder die Beichte an meiner Statt abzunehmen. Im Gegenzug übernehme ich die Heilige Messe am Sonntag.“  
    Er gab Arno keine Gelegenheit zu nicken. Winkte der Örtlerin und folgte Bruder Glaubrecht hinaus.
    Das durfte nicht wahr sein. Nicht auch noch das.
    „Pater Arno, mir schien es, als hättet Ihr etwas auf dem Herzen?“, erreichte ihn im selben Moment die sanfte Stimme der Örtlerin – im Schmeicheltenor: Sie hoffte auf Informationen von ihm. Aber da machte er ganz gewiss nicht mit! Seine Miene noch mehr verschließend, stand er seinerseits auf, hob zusätzlich Kinn und Augenbrauen, um die abweisende Wirkung zu verstärken. „Ich muss mich auf meine heutigen Aufgaben vorbereiten, es tut mir leid, Mutter Örtlerin.“
    Und das stimmte! Stand er doch nun vor einem neuen Problem. Was ihm heute wahrhaftig noch gefehlt hatte.
    Mit wehendem Mantel rauschte er aus dem Redhaus – sein Ärger verlieh ihm neue Energie. Welche er allerdings auch dringend nötig hatte – immerhin musste er nun auf die Schnelle einen Priester auftreiben, der sich um seine reinigungsbedürftige Beichtvaterseele kümmerte. Anstatt das, wie geplant, heute Nachmittag ganz unkompliziert von seinem Prior erledigen zu lassen. Aber das war doch klar gewesen, oder? Dass dieser etwas finden würde, das ihn von seiner ungeliebten Freitagspflicht abhielt. Ebenso wie es zur Gewohnheit zu werden schien, dass er, Arno, jedes Mal selber Beichtbedarf hatte.
    Er beschleunigte seine Schritte noch weiter und erreichte das Haupttor des Konvents. Stemmte energisch seine Schulter gegen den rechten Torflügel, schob sich in die Eingangshalle – und ließ den Schwung seiner Schritte auslaufen. Wen sollte er denn nun bitten?
    Es blieb nur einer der jüngeren Brüder. Benjamin würde Arnos ungewöhnliche Beichte eventuell mit seinen – ebenso ungewöhnlichen – Besuchen im Vorratskeller in Verbindung bringen. Auch keine wünschenswerte Option. Bruder Glaubrecht – nein, der kam zu oft in Kontakt mit dem aller Amtszwänge entledigten Palgmacher und der Örtlerin, die auf keinen Fall ahnen durften, dass die gegebene Situation Arno ... bisweilen forderte. Und ansonsten ... Heussgen!  

… dass die Beicht nicht beschwerlich sei
     
     
    Arno hatte sich wieder in Bewegung gesetzt, noch ehe er den Namen zu Ende gedacht hatte. Johannes Heussgen-Oekolampadius war Domprediger zu Augsburg gewesen – und das war er doch geblieben, auch wenn er hier in Altomünster offiziell aus der Klostergemeinschaft ausgeschlossen worden war. Gut, der Preis, den Arno zahlen müsste, wäre wahrscheinlich eine Debatte über 'Schuld und Sühne

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