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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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seiner Worte? Warum glaubte sie ihm nicht?
    „Du hättest mich fragen können, vorher.“ Das war es! „Wir sitzen hier jeden Tag zusammen an einem Tisch. Du hättest es mir sagen können. Dann hätte ich mich gefreut und dankbar angenommen!“
    „Ich weiß“, sagte Georg und senkte die Augen. Nur um sie im nächsten Moment wieder zu heben. „Jetzt willst du sicher nichts mehr mit mir zu tun haben und lieber wieder alleine an deinem Tisch sitzen, oder?“
    Es war die reine Verzweiflung in seinem Blick, die Mathilda dazu brachte zu nicken. „Erst einmal“, begann sie, „wird es sicher besser sein, wenn wir nicht mehr nebeneinandersitzen.“
    Da nickte Georg seinerseits, raffte seine Sachen zusammen und flüchtete geradezu an seinen ursprünglichen Tisch zurück, wo er sofort seinen Kopf über die Unterlagen beugte.
    Langsam setzte Mathilda sich auf ihren Stuhl. „Weiß er es schon?“, fragte sie in den Raum und wies mit dem Kinn in Richtung Türe.
    Georg nickte. „Er wollte mir Gelegenheit geben, es“, er räusperte sich und setzte erneut an, „alles wieder in Ordnung zu bringen.“
    In Ordnung bringen? Nun gut, Georg hatte sich entschuldigt. Aber war deswegen alles wieder wie zuvor? Mathilda schüttelte den Kopf. Mitnichten! Nichts war in Ordnung. Sicher, sie wusste jetzt, was da im Finsteren Gang geschehen war. Aber würde sie das ihre Angst vergessen lassen? So richtig angstfrei war sie ja noch nie hindurchgegangen. Sie prüfte sich kurz. Nein, es war noch immer so: Alleine und ohne Licht wollte sie da nicht mehr hindurch müssen.
    Aber es war noch mehr. Nämlich genau das, was sie dazu bewogen hatte, Georg von ihrem Tisch wegzuschicken. Mathildas Empfinden sprach diesbezüglich eine sehr klare Sprache. Georgs Gefühle für sie waren ganz und gar nicht so, wie sie sein sollten oder durften. Er war Novize, sie angehende Nonne.
    Ganz davon abgesehen, dass sie ihn wirklich sehr gerne mochte – ihre Gefühle für ihn waren die einer Schwester für ihren Bruder. Ja, so war das. Was sie für Georg oder auch Hartwig empfand, war rein freundschaftlich und keinesfalls leidenschaftlich. Ob sie darüber einmal mit Pater Arno sprechen sollte? Vielleicht hatte der noch eine Idee, wie sie Georg helfen könnten.
     
    Sie war längst schon in den Kempen vertieft, übersetzte einfach ein Kapitel, dessen Überschrift sie ansprach, als die Türe leise aufging und Pater Arno hereinkam.
    Mathilda sah von ihren Unterlagen auf und lächelte ihn zur Begrüßung an.
    Er erwiderte es nicht. Blieb einfach im Raum stehen und sah schweigend zwischen Georg und ihr hin und her. Schließlich nickte er ihr kurz zu und begab sich zu Georg, setzte sich neben ihn und neigte sich über dessen Unterlagen.
    War das Missbilligung in seiner Miene gewesen? Eigenartig! Hatte sie denn etwas falsch gemacht? Mathilda, die nicht recht einordnen konnte, was nun los war, beugte sich erneut über ihren Text.
    Der war heute allzu schwierig. Oder sie konnte sich nicht konzentrieren. Kaum ein Satz wollte ihr gelingen. Aber zu fragen wagte sie nicht. Noch immer saß Pater Arno bei Georg, hatte ihr den Rücken zugewandt und redete leise mit ihm.
    Nun gut, würde sie ein anderes Kapitel ausprobieren. Sie öffnete das Inhaltsverzeichnis: 'Fremde Fehler muss man tragen'. Das klang doch interessant! Sie schlug die Seite auf und begann mit dem Text. 'Was der Mensch an sich oder an anderen nicht bessern kann, das muss er mit Geduld tragen, bis es Gott anders macht.' Na, der erste Satz war ihr doch ganz leichtgefallen. Also weiter: 'Denke nur, dass es so vielleicht ... besser ist, indem es ... helfen kann, deinen ... Sinn zu bewähren und dich ... in der Geduld zu ... üben ...'
    Jetzt wurde es aber richtig schwer mit diesem Schlangensatz. Sie zog Lippen und Augenbrauen zusammen und konzentrierte sich noch mehr. '... ohne welche unsere ... guten Werke ... nicht ...' Sie starrte das Wort an. Sie kannte es nicht. Das nächste Wort auch nicht. Wollte denn jetzt gar nichts mehr gehen? Entmutigt hob sie den Kopf und sah, wie sich Pater Arno gerade erhob. Ah, er war fertig bei Georg und würde jetzt zu ihr kommen. Eifrig suchte sie nach der Textstelle, legte ihren Finger darauf, blickte wieder auf und sah - wie Pater Arno bereits die Türe öffnete. Wollte er schon wieder weg?
    „Halt“, rief sie. „Bitte, Pater Arno, ich komme hier nicht weiter.“
    Sie sah ihm in die Augen, sah ihn kurz zögern, ehe sich erneut Unwillen in seine Miene schlich.
    „Georg wird Euch

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