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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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helfen, ich muss zu Hartwig“, stieß er dunkel hervor.
    Und schon klappte die Türe. Mathilda konnte seine eiligen Schritte auf der Treppe hören, die aber schnell verklangen.
    Er war gegangen. Er war einfach gegangen, ohne ... Was war nur mit ihm los? War er böse – mit ihr? Hatte sie etwas falsch gemacht? Aber was konnte das sein?
    Mathilda, die noch immer entgeistert auf die Türe starrte, wandte ihren Kopf zu Georg, der seinerseits sie ansah.
    „Was hat er?“, fragte sie und schüttelte in Nichtverstehen den Kopf. „Was ist denn los?“
    „Ich weiß es nicht“, antwortete Georg.
    „Worüber hast du mit ihm gesprochen?“, fragte Mathilda. Es musste das Gespräch gewesen sein, das Pater Arno in irgendeiner Weise gegen sie aufgebracht hatte.
    „Nur über den Text.“
    „Das glaube ich nicht“, schüttelte Mathilda den Kopf und sah Georg anklagend an. „Du hast ihm etwas Falsches über mich erzählt.“
    „Oh nein“, verteidigte sich der sofort und richtete sich höher auf. „Ich schwöre bei Gott, dass ich soeben kein Wort über das Fachliche hinaus mit Pater Arno gewechselt habe.“
    Mathilda war dennoch misstrauisch. „Aber warum ist er dann so – so komisch? Ich meine, er wirkt doch, als nähme er mir etwas übel. Oder wie siehst du das?“
    „Genauso“, nickte Georg. „Ich kann es ebenso wenig verstehen wie du. Aber ich habe seine letzte Anweisung verstanden. Ich soll dir helfen.“
    Er stand auf und kam die paar Schritte heran, beugte sich, neben ihr stehend, zu dem Buch herab. „Wo hakt es denn?“
    Mathilda seufzte tief und zeigte auf die Stelle im Text. „Ist aber nicht so wichtig.“
    „Doch, doch“, beharrte Georg. „Hier heißt es: '... ohne welche unsere guten Werke nicht sonderlich viel Gewicht an sich haben.'“ Georg sah sie an. „Kannst du jetzt wieder alleine weiter?“
    „Ich probiere es“, seufzte Mathilda und senkte ihre Augen auf den Text. „'Da musst du aber bei allem, was dir ...'“ Sie brach ab.
    „'Hinderlich im Wege liegt', half Georg, der noch immer neben ihr stand, sofort aus. Und, als sie nicht weitermachte: „'... zu Gott bitten, dass er dir zu Hilfe komme'.“
    „Setz dich wieder hierher“, murmelte Mathilda, ergeben seufzend. Sie wies mit der Hand auf den Stuhl neben sich. „Lass es uns gemeinsam probieren.“
     
    Die nächste Zeit verbrachten sie einträchtig nebeneinander.
    Georg schien weniger auf seinen eigenen Text konzentriert zu sein als auf ihre Signale. Denn immer, wenn Mathilda ins Stocken kam, reichte es, wenn sie ihren Finger auf die entsprechende Textstelle legte. Sofort waren dann seine Augen dort und er übersetzte.
    So kam sie zwar gut voran, fühlte sich aber dennoch elend.
     
    Pater Arno kam just in dem Moment zurück, als es zu Nona läutete. „Lasset uns beten“, sagte er und kniete sich, mit dem Rücken zu Mathilda und Georg, auf den Boden. Er erklärte nichts und wartete auch nicht, dass seine Schüler es ihm gleichtäten, sondern begann sofort, den Psalm zu sprechen: „'Deus Deus meus respice me; quare me dereliquisti longe a salute mea verba delictorum meorum'.“  
    Mathilda und Georg sahen sich bestürzt an. Was war denn jetzt los? Seit wann beteten sie Nona hier – und nicht oben, im Skriptorium mit den anderen? Verwirrt aber eilends sanken sie nun ebenfalls auf die Knie und fielen mit ein: „'Deus meus clamabo per diem et non exaudies et nocte et non ad insipientiam mihi ...'“
    Und während sie beteten, wechselten Mathilda und Georg weiterhin besorgte Blicke. Was war nur mit Pater Arno? Seine ganze Körperhaltung drückte Unwillen aus, Zorn fast.
    Irgendetwas lief hier ganz und gar falsch. Mit ihnen etwa? Hatten sie etwas falsch gemacht? Waren sie ...? Aber Georg hatte sich doch bei ihr entschuldigt und damit genau das getan, was Pater Arno befohlen hatte. Mathilda schob die Augenbrauen zusammen. Was könnte denn noch falsch sein?
    Sie kam zu keinem Ergebnis. Es musste an Pater Arno selbst liegen. Wahrscheinlich hatte er heute einfach keinen guten Tag. So etwas konnte ja vorkommen.
     
    Auf Psalm zweiundzwanzig folgte Psalm einundzwanzig, den Pater Arno ebenso schnell sprach. Mit dem letzten Wort war er bereits auf den Füßen.
    „Arbeitet weiter“, herrschte er in den Raum und strebte zur Türe.
    „Pater Arno, ich wollte Euch ...“
    Klapp, die Türe war zu.
    „... noch etwas fragen“, vollendete Mathilda leiser ihren Satz und sah ungläubig auf die geschlossene Tür. Sie verstand gar nichts mehr. War

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