Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
Vom Netzwerk:
selbstredend auch nichts unternehmen können, sich seiner Herzensdame in eindeutiger Weise zu nähern.
    Zumal auch Mathilda sich bisher ausschließlich passiv verhielt. Sie war freundlich zu Georg, lächelte ihn auch an – ihr Überschwang jedoch schien sich in Grenzen zu halten.
    Wobei Arno selbstredend nur das äußere Gebaren seiner Schüler beurteilen konnte. Wer konnte wissen, ob die beiden sich nur mühsam zurückhielten, um übereinander herzufallen, sobald Arno ihnen den Rücken kehrte? Was er so oft wie möglich tat, wie gesagt.
    Hinzu kam, dass er aus der Beichte nichts erfuhr, denn Palgmacher hatte eine seiner arbeitsamen Phasen und nahm die Freitagsbeichte regelmäßig selber ab. So wie Arno den älteren Mönch einschätzte, hätte den das Beichtgeheimnis jedoch nicht davon abgehalten, Maßnahmen irgendwelcher Art zu ergreifen, wenn sich etwas wirklich Gefährliches angebahnt hätte.
    Überdies schien Mathilda es sich zuweilen sogar in den Kopf gesetzt zu haben, Arno statt Georgs an ihren Tisch zu bekommen. Nun ja, ihre früheren Gespräche, die Arno jetzt so gewissenhaft unterband, waren durchaus fruchtbar gewesen. Und natürlich hatte er auch in fachlicher Hinsicht einiges mehr zu bieten als sein junger Schüler. Da war es nicht verwunderlich, wenn es Mathilda auch nach ihm verlangte. Das besagte, genau genommen, gar nichts.
    Was er zweifelsfrei wahrnahm, war, dass, wann immer er ins Klassenzimmer zurückkehrte, eine gewaltige Spannung in der Luft lag – die aber nicht verheißungsvoll oder gar erregend wirkte. Im Gegenteil: Schon mehrere Wochen – wenn Arno es sich recht überlegte, schon seit der Episode im Finsteren Gang – schien das Miteinander des zukünftigen Liebespaares eher schwierig und verkrampft.
    Er wagte nicht, diesen Zustand zu analysieren. Manchmal kam es ihm so vor, als ob es dem verliebten Jüngling an Entschlossenheit mangelte. Und dessen Zaudern die Schwelle, die es zu überwinden galt, fortwährend höher und unüberwindlicher vor den beiden auftürmte.
    Andererseits könnte es tatsächlich lediglich so sein, dass die beiden jungen Leute ihn an der Nase herumführten, um sich dann ... Immerhin gab es den Finsteren Gang, wo sie sich in aller Heimlichkeit ...
    Nun ja, Arno musste ertragen, dass er keine Kontrolle über sein Experiment hatte. Und dass es länger dauern könnte, ehe er über dessen Ausgang im Bilde wäre. Aber das sollte ihn nicht kümmern – zumal der gegenwärtige Zustand durchaus auszuhalten war.
     
    Alles hätte gänzlich entspannt sein können – wenn nicht diese Träume gewesen wären. Arnos Träume. Oder genauer: Träume, die eigentlich gar nicht seine waren. Er selbst kam darin nämlich überhaupt nicht vor.
    Es war nur so, dass er Nacht für Nacht miterlebte, wie das, worauf er im richtigen Leben bislang vergeblich wartete, seinen Lauf nahm. Und zwar ohne dass er wirklich da war, ohne dass er irgendetwas tat. Wobei es ihm gar nicht möglich gewesen wäre einzugreifen. Er konnte nur zusehen.
    Seine Augen hingen sozusagen über der Szene in der Luft. Völlig unbeteiligt sah er herab auf Mathilda, die unter ihm aus der Bibliothek kam, den Weg an der Kirche vorbei einschlug, weiter, über den Friedhof, zum Tor in den Finsteren Gang. Ehe sie aber dort anlangte, wurde sie regelmäßig angerufen – von Georg, der ihr nachgekommen war und nun mit ihr aufschloss.
    „Komm mit mir“, sagte er jedes Mal und streckte seine Hand nach ihr aus.
    Und Mathilda –
    Was sie tat, bekam Arno nicht mehr mit, denn immer an dieser Stelle pflegte er abzudriften, wegzuwehen quasi. Wiederum ohne dass er eine Wahl hatte, ohne dass er hätte bestimmen können, wohin er flog. Angstvoll nach Luft schnappend, erwachte er – und war danach nicht in der Lage, die Beklommenheit abzuschütteln.
    Nahezu jede Nacht wurde er von diesem verwirrenden Albtraum heimgesucht – und Morgen für Morgen war er wie gerädert.
    Es war sein eigenes Experiment, von dem er da träumte – und er hatte keine Wahl, als es geschehen zu lassen. Das einzige, was er tun konnte, war, tagsüber alles, was mit Mathilda zusammenhing, in den entlegensten Winkel seines Bewusstseins zu verbannen. Im Großen und Ganzen war es auszuhalten.

In der Schlinge
     
     
    „Pater Arno, ich möchte Euch noch unter vier Augen sprechen.“
    Arno, schon auf der Schwelle, das Redhaus zu verlassen, fuhr herum und wäre beinahe mit Palgmacher zusammengestoßen, der sich sogleich neugierig umsah. Kein Wunder. Was konnte die

Weitere Kostenlose Bücher