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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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Wie um alles in der Welt stellte sie sich das allein praktisch vor? Sollte er sie auf Georgs Schoß setzen? An seiner Stelle ihre Hand ergreifen und niederknien zum Heiratsantrag?
    Wobei es darum überhaupt nicht ging: Arno von Wayden, angesehener Priester und Subprior eines ebenso angesehenen Birgittenklosters, sollte sich als Kuppler zweier ihm anvertrauter junger Ordensleute betätigen und sie in sündhaftes Begehren geleiten. Konnte man sich eine schwerwiegendere Sünde denken?
    Andererseits – und das hatte er sich immer von Neuem vergegenwärtigt – war diese im Grunde eine vorübergehende. Weder Georg als Novize noch Mathilda als Postulantin hatten bisher ein Gelübde abgelegt. Und wenn Arno die beiden rechtzeitig verheiratete, wäre auch der Schaden für ihre Seelen begrenzt.
    Letzten Endes – und das war sein Hauptargument – bedeutete es, wenn man nur das betrachtete, was am Ende herauskam, keinen Unterschied, ob er die Entwicklung der beiden nun zusätzlich beschleunigte oder nicht. Geschehen würde sie schließlich so oder so.
    Dementsprechend würde er auf Mathildas Bitte hören. Würde alles tun, um den beiden eine Umgebung zu schaffen, in der sie leichter zueinanderfinden konnten. Dabeisitzen und zusehen würde er allerdings nicht. Das konnten die beiden nun wirklich nicht erwarten!
     
    So hatte er Georg vorhin mit einem vielsagenden Blick zu verstehen gegeben, dass er schon vorgehen solle in den Unterrichtsraum, während Arno noch etwas im Konvent zu erledigen habe. Jetzt, eine ausgedehnte Weile später als gewöhnlich, betrat der das Bibliotheksgebäude. Mathildas Lampe stand bereits in der Nische neben der Treppe. Er seufzte. Seine Verspätung hatte ihren Zweck also erfüllt. Beide Kandidaten waren anwesend – und miteinander allein. Ob das nun moralisch einwandfrei war oder nicht.
    Leiser als sonst machte er sich auf den Weg hinauf. Wurde langsamer, als er oben angekommen war.   
    Warum war es so still im Unterrichtsraum? Kein Lachen, kein Plaudern, nichts. Arno war gänzlich stehengeblieben und lauschte. Noch immer kein Laut von drinnen. Was in Gottes Namen trieben die dort? Ihm rauschte das Blut in den Ohren. Am liebsten wäre er umgekehrt, aber es half ja nichts. Er war ihr Lehrer. Entschlossen griff er nach der Klinke und zog die Tür auf.
    Kein hektisches Auseinanderspringen. Überhaupt keine Bewegung. Mathilda in seinem Blickfeld, an ihrem Tisch über ihr Buch gebeugt.
    Sich nun zu ihm umwendend. Dann auf den Beinen, auf ihn zu kommend. Über das ganze Gesicht lächelnd. „Oh, Pater Arno, könntet Ihr mir kurz helfen?“
    „Bruder Georg, warum habt Ihr das nicht schon getan?“, fragte er über ihre Schulter den Jungen, der vorgab, dass ihn das alles hier nichts anginge.
    „Äh ...“ Erst jetzt blickte er von seinem Text hoch, drehte sich zu Arno um. „Ich habe gedacht ...“
    „Ich habe gedacht, Ihr wäret Mathildas Ansprechpartner. Also los, ich muss hoch zu ...“
    „Aber ich habe Euch gefragt, Pater Arno!“
    Mathildas Ton war gequält, so als hätte Arno etwas Falsches gesagt. Wie sollte er das verstehen? Könnte sie sich nicht allmählich entscheiden, was sie wollte? „Ich habe wirklich keine Ahnung, wie ich Euch helfen sollte.“
    „Bitte, geht nicht wieder weg“, war nur ein Wispern. „Es wäre leichter für ihn, wenn wir nicht allein wären ...“
    WAS? Perplex starrte Arno sie an.
    Da stand sie vor ihm, flehend. Sie wollte Georg tatsächlich – nicht?
    Das konnte nicht sein! Er war doch die ganze Zeit davon ausgegangen ... Sie sahen sich schon zu lange an. Arno musste ... In Ermangelung einer besseren Idee wedelte er mit der Hand, damit sie an ihren Tisch zurückkehrte. Allerdings ließ ihr unvermindert bittender Blick ihm keine andere Wahl, als ihr zu folgen.
    „Ich würde so gern einmal wieder ein interessantes Kapitel lesen“, raunte sie ihm zu. „Und darüber diskutieren. Wenn Ihr vielleicht“, sie intensivierte ihre Augen, „Zeit hättet?“
    Zeit. Die brauchte er. Um zu wissen, was er tun sollte. Er wollte das nicht. Keines dieser Gespräche, die unweigerlich ausufern würden. Und was die andere Frage anging ...
    „Ihr hattet schon lange keine Zeit mehr für mich.“ Dies jetzt vorwurfsvoll.
    Er stöhnte lautlos. Dann würde er es eben tun. Allerdings erst, wenn er so weit war. „Ich muss wirklich vorher hinauf zu Hartwig. Danach jedoch werde ich zu Euch kommen.“
    Ihr dankbares Strahlen vertrieb ihn fürs erste.
     
     
    Hach, diesmal hatte sie

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