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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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es endlich geschafft – ziemlich fordernd war sie gewesen, aber anders wäre Pater Arno gewiss wieder endgültig ins Skriptorium entschwunden.
    So würde der Unterricht endlich wieder Spaß machen. Sie hatte den Abschnitt herausgepickt, den sie schon ganz zu Anfang mit ihm zusammen hatte lesen wollen: 'Was es heißt, Jesus über alles lieb zu haben'. Das war es schließlich, was sie lernen musste – und da Pater Arno die göttliche Liebe doch so erfolgreich praktizierte, würde er sie bei diesem Ziel unterstützen können.
    Gut, erst einmal hatte er sie wieder verlassen und an Georg verwiesen. Der ja ebenfalls das Ziel haben sollte, Jesus über alles lieben zu wollen. Allerdings hatte er gerade erst wieder eindeutig unter Beweis gestellt, dass er noch weit von diesem Ideal entfernt war. Zumindest, was sie betraf. Aber wo sie jetzt endlich Pater Arnos Unterstützung hatten ...
    Interessiert beugte sich Mathilda tiefer über das Buch.
    „Kommst du klar?“ Georg sah sie von seinem Tisch aus erwartungsvoll an.
    „Ja, danke! Keine Probleme bis jetzt“, gab sie zurück. Auf keinen Fall würde sie ihn jetzt zu sich rufen. Wenn er erst einmal wieder neben ihr säße, würde Pater Arno sein Versprechen womöglich vergessen und sich darauf herausreden, dass sie ihn gar nicht bräuchte. Doch genau das tat sie. Hier stand es nämlich schwarz auf weiß. Das, was Pater Arno immer sagte.
    'Wohl dem, der's versteht, was es heißt, Jesus zu lieben und um seinetwillen sich selbst zu verachten. Manche Liebe muss man um des Liebsten willen verlassen.'
    Das konnte doch nicht sein. Das konnte Liebe doch nicht bedeuten. Wie sollte das denn gehen? Den, den man liebte, zu verlassen? Und ihn trotzdem weiterzulieben?
    War das nicht das, was Sebastian gesagt hatte? 'Ich liebe dich weiterhin, für immer. Aber du musst mich gehen lassen. Weil ich nur in Gott glücklich werden kann.'
    Aber das bedeutet doch, dass er mich eben nicht liebt! Zumindest nicht so, dass es gelten könnte. Den Liebsten zu verlassen, heißt, dass man aufhören muss, ihn zu lieben.
    Ihr Magen verknotete sich. Stirnrunzelnd rückte Mathilda ein Stück vom Tisch ab. So etwas wollte sie gar nicht lesen. Und wenn das ein noch so kluger Mann geschrieben hatte. Diese verrückten Geistlichen! Mit ihrer göttlichen Liebe, die einem nichts brachte, nichts!  
    „Was hast du? Ist der Satz zu schwer?“
    Dieser Geistliche hier verstand natürlich auch überhaupt nichts!
    Mir gefällt nur nicht, was ich da lese. Das konnte sie dem natürlich nicht sagen. Ihm, der das alles mit Sicherheit begeistert bejahen würde. Er war mit Leib und Seele Mönch, selbst wenn er zurzeit etwas für sie empfand, was er nicht empfinden durfte. Aber er war entschlossen, das in sich auszumerzen. Er würde sie mit ihren Zweifeln nicht verstehen.  
    „Gibt es ein Problem?“
    Pater Arno. Ihn hatte sie gar nicht zurückkommen hören. War er extra leise gewesen?
    Herausfordernd hob sie ihm ihr Gesicht entgegen. „Ich halte es für falsch, was von Kempen da schreibt.“
    Sofort hatte sie sein Interesse, unschwer erkennbar an seiner emporschnellenden linken Augenbraue.
    Georgs allerdings auch. Ohne Augenbraue, doch mit durch und durch beflissenem Blick. Und schon auf dem Weg hierher.
    „Was denn?“
    Klar, er würde alles verteidigen, was dort stand. Schon allein, um es sich selber einzureden. Der Knoten war höher gewandert und steckte jetzt unter ihrer Kehle fest.
    Pater Arno war indes nicht näher gekommen. Mit abwehrend gerunzelter Stirn stand er da und sah sie an, doch sie wusste, dass er lieber wieder weggelaufen wäre. Was war es nur, was ihn von ihr wegtrieb? Es interessierte ihn doch, was sie dachte. Zumindest am Anfang hatte sie das ganz stark gespürt. Wo auch immer sie miteinander gesprochen hatten, war alles andere in den Hintergrund getreten, alles, bis auf den Gegenstand ihres gemeinsamen Interesses. Was hatte sie getan, dass er nun so abweisend zu ihr war? Warum wurde sie von allen Männern immer nur verlassen?
    Sie sah Pater Arno direkt in die Augen. Das wenigstens ließ er zu.
    „Von Kempen sagt hier, dass wir den, den wir lieben, verlassen müssen“, warf sie ihm vor. „Angeblich um des Liebsten willen. Aber das ist doch Unsinn, um des Liebsten willen aufzuhören, ihn zu lieben! Und das heißt es doch.“
    Pater Arno hatte das Gesicht verzogen. Der schon wieder mit seiner göttlichen Liebe! Das sollte er ihr jetzt erklären.
    „Lest weiter“, sagte er nur. Sich noch immer nicht

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