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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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miteinander reden können, dass wir denken. Sonst ist es überall verboten zu denken.“  
    „Bruder Georg wird nicht mehr da sein“, stellte er überflüssigerweise fest, im selben Augenblick vor sich selber zurückweichend, als er sie die doch offensichtliche Antwort darauf aussprechen hörte.
    „Aber ich meine doch unsere Gespräche, Eure und meine. Ohne Euch würde ich drüben nicht überleben, Pater Arno!“
    Oh Herr im Himmel, erlöse mich von mir!
    Verzagt wandte sie sich ab. „Ich ... es tut mit leid, ich wollte Euch nicht drohen, ich meine ...“
    „Natürlich werdet Ihr weiterhin Unterricht haben“, musste er klarstellen.
    Er gab ihren noch immer angstvoll fragenden Augen nach.
    „Ich bin Euer Lehrer, daran wird sich nichts ändern.“
    Nun atmete sie auf.
    „Aber Bruder Georg wird anderswo arbeiten.“
    Mathilda nickte. Und – lächelte. „Dann ist alles gut.“ Erleichtert.
    Sie war ... seine Schülerin, und er ihr Lehrer. Das war nicht zu ändern.

Aus der Versuchung
     
     
    Es war sinnlos zu leugnen – Arno war nicht so unbeteiligt, wie er als Beichtvater hätte sein müssen. Der Junge hatte ihn um dieses Sakrament gebeten, also hatte er keine Wahl – und man würde ihm ja auch nicht anmerken, dass ... Ja, was? Was war es, was ihn so persönlich involvierte?
    Die Ähnlichkeit mit mir früher. Das war es. Dass Arnos einstige Lage der Georgs erschreckend ähnlich war. Es war eine fürchterliche Zeit gewesen.  
    Doch dann hatte der widerliche Pater Paul die Gemeinde verlassen, und sein Nachfolger war Arnos geliebter Pater Bertram gewesen. Noch recht jung, auch wenn Arno das damals natürlich anders empfunden hatte. Vielleicht im selben Alter wie Arno jetzt. Die Leidenschaft, mit der er sich in sein erstes Priesteramt gestürzt hatte, nichts anderes als Glück und Erfüllung ausstrahlend, war faszinierend gewesen. Mitreißend. Insbesondere für Arno, der sich selbst zu der Zeit so gequält hatte, hin- und hergerissen zwischen seiner wachsenden Liebe zu Aurelia und dem, was er schon sein ganzes Leben als seine Berufung empfunden hatte: Priester zu werden.
    „Auch ich habe gesucht, Arno. Auch ich bin umhergewandert auf der Suche danach, wie ich mein Leben verbringen wollte – und ich habe Gott gefunden“, hatte Pater Bertram es in einem ihrer vertraulichen Gespräche ausgedrückt. „Ich bin bei Gott angekommen. Und das ist es, was ich dir auch wünsche, Arno – dort anzukommen, wo du ankommen möchtest.“
    Genau das war es doch gewesen! Gott hatte er gewollt, immer. Bis sich Aurelia in sein Herz geschlichen hatte und mehr und mehr von ihm eingenommen. Bis er fast vergessen hatte, was eigentlich sein Ziel gewesen war.
    Doch auch nach Aurelia hatte es länger gedauert, sich wieder dessen zu erinnern – aber mit Gottes Hilfe hatte er sich schließlich auf seinen Weg gemacht. Und es war immer Pater Bertram gewesen, dem er nachgeeifert hatte: während seines Theologiestudiums in Augsburg, im Priesterseminar und schließlich hier, in Altomünster, wo er vor mehr als sieben Jahren als Fünfundzwanzigjähriger seine ewige Profess abgelegt hatte.
    Ja, auch Arno war angekommen. Auch er war glücklich als berufener Seelsorger – welcher jetzt, genau wie Pater Bertram früher, seine Dienste einem jungen Mann zur Verfügung stellen würde, der seinerseits noch dabei war, seinen Weg zu suchen.
     
    Seine Füße fanden den vertrauten Weg in die Kirche, in den Zwischengang, zu seiner Beichtnische – ja, er empfand sie als die seine, auch wenn offiziell Palgmacher sie innehatte. Ganz automatisch fand er seinen Platz, fegte Palgmachers Sitzkissen von der Sitzfläche und glitt auf das blanke Holz des Stuhles. Ließ erst jetzt seine Augen nach dem Umriss des Büßenden auf der anderen Seite suchen.
    Georgs helle Haare auf seinem gesenkten Kopf – noch ohne Tonsur - leuchteten Arno aus der Dämmerung der Kirche entgegen.
    Er räusperte sich, um den Jungen nicht zu erschrecken, ehe er seinerseits die Zeremonie eröffnete: „Gott, der unser Herz erleuchtet, schenke dir wahre Erkenntnis deiner Sünden und Seiner Barmherzigkeit.“
    Da sprudelte es auch schon aus dem Jungen heraus. „Ich habe gesündigt, ich sündige die ganze Zeit, ich war so sicher, dass mir so etwas nicht mehr passieren könnte, aber es ist passiert und ...“
    „Was ist passiert?“, fragte Arno scharf. Hatte der Junge nicht vorhin gesagt, dass sie noch nicht ...?
    „Nichts ist passiert, also außen. In meinem Kopf ist es, nur in

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