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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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meinem Kopf, aber es ist furchtbar, ich bin dem ausgeliefert, diesen Gedanken.“
    Gedanken. Nur Gedanken. Arno atmete aus. Gedanken, die er nicht wissen wollte. Die er schon in seinem Traum nicht hatte sehen wollen. Er durchsuchte die Sätze, die er anbringen konnte.
    „Quäl dich jetzt nicht mit dem Inhalt dieser Gedanken“, sagte er dann. „Das gibt der Sünde einen weit größeren Raum als notwendig. Setz dich stattdessen mit ihrer Existenz an sich auseinander. Was hat dich dazu gebracht, diese Gedanken zu haben?“ Deine Natur. Mathildas Natur. Und mein Größenwahn.  
    „Ich hatte nie das Bedürfnis nach einer Frau“, begann Georg, jetzt ruhiger, zu berichten. „Also ich habe schon bei einer gelegen – früher – aber das hat mir nicht viel bedeutet. Es kam mir belanglos vor im Vergleich mit dem, was ich so gern tat: Seelsorge zu betreiben.“ Er verzog entschuldigend den Mund. „Versteht mich nicht falsch: Ich weiß, dass ich kein Priester gewesen bin. Und doch haben mich die Menschen auf unserer Burg immer als Beichtvater angesehen. Sie kamen zu mir, um mit mir darüber zu sprechen, was sie bewegte. Das habe ich genossen. Und immer vorgehabt: Eines Tages will ich ihnen richtig helfen können. Nicht nur als Georg Flüger, sondern als Priester, dem Gott Kraft und Weisheit verleiht.“
    „Du hast die Nächstenliebe über die Liebe zu einer Frau gestellt“, fasste Arno zusammen.
    „Genau. Ich wurde irgendwie von allen geliebt – und ich liebte sie auch, also ...“
    „Du hast ein großes Herz.“
    Der Jüngere lächelte verschämt. „Das war mein Ziel“, räumte er ein. „Mein Herz in den Namen Gottes zu stellen.“
    „Und jetzt?“
    „Ich liebe sie nicht mehr als alle anderen“, kam auf der Stelle zurück. Er hatte Mathildas Namen nicht ausgesprochen. „Darum geht es nicht. Es ist nur ... ich bin zum ersten Mal so oft und so nah mit einer Frau zusammen, seit ich ... nicht mehr bei einer liegen dürfte. Und plötzlich ...“  
    „... hat das Verbotene einen Reiz?“
    „Ist es so einfach?“ Georg hatte seine Stirn gerunzelt.
    „Du hast noch kein Gelübde abgelegt. Hast dich lediglich dazu verpflichtet, Keuschheit zu leben, solange du hier im Kloster bist. Aber du hast vorgehabt, Ehelosigkeit zu geloben und dich zum Priester weihen zu lassen. Offenbar will das geprüft werden.“
    „Ich will hier sein, Mönch sein, Priester werden! Das will ich!“
    „Dann kennst du bereits das Ergebnis dieser Überprüfung?“ Davon war Arno selber meilenweit entfernt gewesen, damals.
    „Ja, an meinem Ziel hat sich nichts geändert“, beteuerte der junge Novize mit nachdrücklichem Kopfschütteln.
    „Was bedeutet das für deine Anliegen in dieser Beichte?“
    „Dass es nicht darum geht, dass ich schwankte, ob ich sie lieben und heiraten möchte. Sondern dass es um das Keuschheitsgelübde geht. Das ich im Moment“, es kostete ihn sichtliche Überwindung, das auszusprechen, „nicht leisten könnte.“
    „Ihr verkehrt doch nicht mit ihr?“, war es Arno entfahren, da konnte er aufhören zu atmen oder sich auf die Zunge beißen, so viel er wollte.
    „Nein!“, wurde er erlöst – wie aus der Pistole geschossen. Sodass der Junge vielleicht nicht bemerkt hatte, wie ...?
    „Nie würde ich auch noch ihr Seelenheil gefährden“, beteuerte er weiter. Seinem Priester, von dem er erwartete, dass der über ihn urteilen dürfe. „Nie würde ich sie da mit hineinziehen. Es genügt, wenn ich selbst ...“ Er brach ab.
    „'Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.'“ Arno hatte sich wieder entspannt. „Dann reden wir hier über die Sünde in Gedanken.“
    „Äh ... und ... Ihr wisst schon.“
    „Ah.“
    Georg schnaubte gequält. „Zweimal.“
    Arno nickte. „Oft also hast du über die Sünde nachgedacht und dich zweimal an dir versündigt. – Das heißt aber auch, dass du der Versuchung zu sündigen mehr als einmal widerstanden haben musst.“
    „Äh ...“
    Die Verblüffung der Beichtenden, wenn er eine solche Umdeutung vornahm, liebte Arno. Es war ebenso faszinierend wie einfach. Wie sich eben diese Verblüffung in ihren Gesichtern regelmäßig in einen Ausdruck vorsichtiger Hoffnung verkehrte. Wie diese Hoffnung neue Kräfte zu mobilisieren vermochte, die der sündige Mensch ganz automatisch darauf richtete zu beweisen, dass er dieses Zutrauens wert war – darauf also, die Sünde in Zukunft noch vehementer zu bekämpfen.
    Ja, auch über Georgs Gesicht war ein

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