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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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ihm Heussgen sanft das Wort aus dem Mund.
    „Ich brauche keine Hilfe“, schoss es aus Arno heraus. „Warum sollte ich Hilfe brauchen?“ Er war aufgesprungen.
    „Weil es vielleicht auch für dich nicht ganz unproblematisch ist, eine ...“
    „Ich habe keine Probleme. Was sollte ich denn für Probleme haben? Ich unterrichte, wie ich es für richtig halte. Wenn Schwester Finkenschlagin sich beschweren will, dann soll sie gefälligst ...“
    „Sie hat sich nicht beschwert, Arno“, wurde der schon wieder ausgebremst. „Sie war in Sorge um dich.“
    Die Glocke! Zu Komplet. Die Erleichterung fuhr Arno direkt in die Beine. Er war schon an der Tür. „Ich muss los.“ Überflüssig zu kommentieren. „Danke für den Wein.“
    Heussgens nachdenklicher Blick folgte ihm aus dem Raum.

Donnerstag, 22. Dezember 1521
    Den seinen im Schlafe
     
    Niemand irrt nur für sich allein, sondern er ist auch Ursache und Urheber fremden Irrtums.
    Seneca
     
     
    Mathilda war auf dem Weg an der Kirche vorbei, zum Finsteren Gang. Ganz beschwingt war sie, bewegte sich mit federnden Schritten – und sie strahlte, auch wenn Arno ihr Gesicht nicht sehen konnte, sie strahlte in ihrem ganzen Sein.
    Besorgt folgte er ihr; es war nicht gut, wenn sie so offen zeigte, dass es ihr gut ging, die Nonnen drüben würden sie erst recht schlecht behandeln, um ihr das auszutreiben.
    Arno erreichte sie nicht, er konnte nicht auf dem Boden bleiben, seine Augen erhoben sich wieder in die Lüfte, nur noch fähig, als unbeteiligter Beobachter mit anzusehen, wie sie jetzt die Hand nach dem Tor zum Finsteren Gang ausstreckte und ...
    Georg! Den hatte er ganz vergessen. Der kam statt Arnos, sie zu retten. Und Arno wollte das nicht sehen, sonst trieb er an dieser Stelle doch immer ab, und das wollte er auch jetzt. Er wollte aufwachen und seine Ruhe vor ihr, er wollte doch nur endlich seine Ruhe!
    „Komm mit mir“, sagte Georg und streckte seine Hand nach ihr aus.
    Und Mathilda – schüttelte den Kopf. Sie schüttelte den Kopf und wandte sich ab von ihm.
    Das hatte Arno doch auch gewusst. Mathilda wollte Georg nicht, und deshalb war er hier, über ihr, in der Luft festgezurrt, anstatt endlich von ihr befreit zu werden, indem sie Georg nahm und im Dunkeln verschwand, wie Arno es geplant hatte.
    Doch Mathilda trat allein vor. Fasste eigenmächtig nach dem Griff und öffnete das Tor ...
    ... aus dem ein junger Mann stolperte. Hartwig! Und noch einer! Simpert! Benjamin, Heussgen, Sandizell. Ein Mönch nach dem anderen. Und Mathilda stand da, ihre nachdenklichen Augen über jeden einzelnen Mann schweifen lassend ...
     
    Das war es! So einfach war es! Und Arno hatte sich so lange damit gequält – anstatt zu wissen, was er tun musste.
    Erlöst öffnete er die Augen. Drehte sich auf den Rücken und blieb, zum ersten Mal seit Langem entspannt, liegen.
    Es war gar nicht Georg! Nie gewesen. Das war es, was er bei aller Offensichtlichkeit die ganze Zeit übersehen hatte. Er lachte auf. Befreit.
    Es war gar nicht nötig, darauf zu spekulieren, dass Mathilda und Georg sich doch noch irgendwann finden würden. Denn gerade das taten sie ja nicht. Obwohl doch die Anziehungskraft – diejenige, die Mathilda auf Georg ausübte jedenfalls – von Anfang an spürbar gewesen war. Aber so einfach lief das Leben eben nicht.
    Und wäre – von allem anderen abgesehen – ein solches Experiment nicht auch viel zu einfach gewesen? Es wäre schließlich kein Kunststück zu beweisen, dass das Fleisch sich durchsetzen würde, wenn man zufälligerweise ein Paar zusammenbrachte, das von Natur aus aufeinander flog. Spannend wurde es doch erst in dem Moment, wo sich eine wechselseitige Anziehung entwickelte unabhängig von speziellen Präferenzen. Würden sich zwei finden, obwohl sie nicht dem gegenseitigen Anziehungsschema entsprachen?
    Voller neuer Energie hatte Arno sich aufgesetzt und schwang seine Beine aus dem Bett. Sich selbst gleich mit, so viel Schwung hatte er. Beide Arme so weit wie möglich in die Luft reckend, stellte er sich auf die Zehenspitzen, um seine Finger gegen die Kammerdecke zu stemmen.
    Mathilda brauchte einen Mann. Dieser musste sie möglichst schnell aus dem Kloster befreien. Das war die Ausgangslage. Und Arno quälte alle Beteiligten, indem er ihr einen unfähigen, zaudernden Kandidaten vor die Nase setzte, den sie noch nicht einmal wollte. Anstatt ihre Auswahl zu erweitern. Mathilda musste möglichst viel unter Männer. Das war es, was Arno für sie tun

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