Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
Vom Netzwerk:
furchtbare Dinge von ihr zu träumen.“
    Oh mein Gott, wie kannst du mich hier sitzen lassen und mich zwingen, meinen eigenen erbärmlichen Stammeleien aus dem Munde dieser verliebten Frau zu lauschen?
    „Ich habe es nicht ausgehalten“, sprach sie weiter, zwischen immer lauter aus ihr herausbrechenden Schluchzern. „Ich musste sie sehen. Nur aus der Ferne. Doch sie war genauso krank vor Sehnsucht wie ich. Ich konnte sie nicht so sehen, ich musste mit ihr sprechen, ihr sagen, dass ich sie so sehr vermisse, ganz genau so sehr.“
    Arnos Lunge von einer Leere erfüllt, die Luft ausschloss. So sehr, ganz genauso sehr ...  
    „Sie war so froh.“ Elisabeths Stimme jetzt fest. Und lächelnd. Liebevoll lächelnd. „Gestrahlt hat sie. Und ihre Hand ausgestreckt. Und mich an sich gezo...“
    „Bitte, Schwester Elisabeth“, stieß Arno zwischen ihre Worte, „ich möchte nicht hören, was Ihr ...“ Schreckliches getan habt! Abwehrend hatte er sich zu ihr gedreht.  
    „Oh, verzeiht, Pater. Ich habe ganz vergessen, dass Ihr nicht Pater Pal...“
    „Wie kann ich Euch helfen?“, unterbrach er rasch.
    Sie riss die Augen auf. Verwirrt. Überfordert in diesem Moment, doch dann blinzelte sie und schien zu überlegen.
    „Ich – muss wissen, dass ich es richtig gemacht habe.“
    Konnte es das geben in diesem Unglück? Konnte Elisabeth es 'richtig gemacht' haben? Könnte er selbst etwas richtig machen? Sein Herz schlug hart in seinem Brustkorb. Nicht stark genug, diese noch immer dort lauernde Leere zu verdrängen.
    „Sie hat mich gebeten mitzukommen.“
    „WAS?“
    „Pater Heussgen, der Abtrünnige“, presste sie hervor. „Katharina hat ihn bei ihrer neuen Arbeit im Skriptorium kennengelernt. Es war ja klar, dass sie ihm verfallen würde. Und er hat ihr gesagt, sie könne weggehen aus dem Kloster. Auf der Ebernburg gebe es eine Anlaufstelle für geflohene Ordensleute. Dort würden sie sich um uns kümmern. Um uns“, schrie sie unvermittelt, „um zwei Frauen, die ...“ Das war dann unaussprechlich. „Natürlich würde man uns mit einem wildfremden Mann verheiraten, aber das sei doch besser als hier – unglücklich ...“
    Arno hatte aufgehört zu atmen. Katharina war so naiv. Von kindlich idealistischer, übersteigerter Liebe besessen. Und doch war sie unglaublich mutig.
    „Aber wie kann sie das von mir verlangen?“, drangen Worte aus den neu entbrannten Schluchzern. „Ich habe die ewige Profess abgelegt. Ich bin Nonne. Das hier ist mein Leben, das, was ich hier tue, meine Aufgabe, meine Mitschwestern, Gott. Ich kann doch nicht einfach – durchbrennen. Noch dazu mit einer Frau!“
    Sie hatte recht. Sie hatte uneingeschränkt recht. Sie hatte keine Wahl. Konnte doch nicht ihr ganzes Leben aufgeben. Für etwas ganz und gar Unbestimmtes. Unkontrollierbares. Angsteinflößendes. Katharina verlangte etwas Unmögliches von ihr.
    „Außerdem bin ich doch schon verheiratet. Jesus Christus hat mich nie enttäuscht, und ich liebe ihn doch auch. Ich kann ihn doch nicht verlassen!“
    Nein, natürlich, das konnte sie nicht. Aber trotz alledem sah Arno vor seinem inneren Auge Katharina vor ihr stehen. Mit in ebenso großer Verzweiflung und Hilflosigkeit gerungenen Händen. 'Du liebst mich doch! Warum willst du nicht mit mir zusammen sein? Warum kommst du nicht mit? Warum reicht es dir nicht, wenn wir die Hoffnung haben, endlich miteinander glücklich werden zu können?'
    So einfach ist es nicht, schrie er sie in Gedanken an. Eine bloße 'Hoffnung' reicht nicht. Einer Hoffnung wegen gibt niemand sein Leben auf!  
    Und aus genau diesem Grund saß jetzt diese zutiefst unglückliche Frau hier vor ihm. Die nichts tun konnte. Sie konnte nichts für ihre Geliebte tun!
    Und das konnte er ebenso wenig. Auch er hatte sich endgültig entschieden, sein Leben Gott zu weihen. Auch er konnte Mathilda nicht nehmen und gehen. Auch er war dazu verurteilt, hier zu bleiben. Auch er.
    „Sie war so entsetzlich traurig und verletzt. Die Tränen sind nur so aus ihren Augen geronnen. 'Geh du!', habe ich ihr gesagt. 'Du musst von hier weg und ohne mich glücklich werden. Du kannst das. Ich wünsche es so sehr. Ich wünsche so sehr, dass du endlich glücklich wirst!'“ Elisabeth wurde gänzlich vom Weinen erfasst.
    Ungeduldig wischte Arno weg, was ihm selbst aus den Augen tropfte.
    „Sagt mir, dass ich das Richtige getan habe, Pater Arno“, machte dann alles in ihm zu Stein.
    Aber das war das Richtige! Sie hatte das Richtige getan. Auch er

Weitere Kostenlose Bücher