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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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musste dafür sorgen, dass Mathilda von hier weg kam. Heussgen musste sie aus dem Kloster hinausschleusen und sie 'mit einem wildfremden Mann' ... Er hustete.
    „Ich habe nicht anders gekonnt, als sie zurückzuweisen, sie so sehr zu verletzen. Es war meine Pflicht, das zu tun. Gott verlangt das von mir. Von uns allen. Von Abraham!“
    Arno aus Stein.
    „Das ist es, nicht wahr, Pater? Es tut so weh, genau wie es Abraham wehgetan hat, seinen geliebten Sohn zu opfern. Aber genau das verlangt Gott von uns. Ich muss leiden und Katharina leiden sehen, weil Gott das von mir verlangt.“
    'Und Abraham nahm das Holz zum Brandopfer und legte es auf seinen Sohn Isaak. Er aber nahm das Feuer und das Messer in seine Hand; und gingen die beide miteinander.
    Da sprach Isaak zu seinem Vater Abraham: Mein Vater!
    Abraham antwortete: Hier bin ich, mein Sohn.
    Und er sprach: Siehe, hier ist Feuer und Holz; wo aber ist das Schaf zum Brandopfer?'
    Arno kniff seine verschwimmenden Augen zusammen, ehe er sie wieder öffnete. Elisabeth war verschwunden. Ohne dass er es bemerkt hatte. Im Staub vor der Bank waren verwischte Abdrücke zu sehen, wo sie vor ihm gekniet haben musste. Vor ihm, der er hier hockte und weinte wie ein kleines Kind.
    Das ist es, was mein Gott von mir verlangt? Dass ich Mathilda opfere? Darum geht es im Leben eines Christen? Um nichts als Leiden und Tod?
    Arno war auf den Boden, auf die Knie gesunken, presste seine Stirn in den Dreck, raufte sich die ausgewachsenen Haare. Wie konnte Gott das wollen? Wie kann ich einen solchen Gott wollen?  
     
    „Arno?“ Heussgens Stimme. „Arno? Bist du noch hier?“
    Hektisch rappelte der sich vom Boden hoch. Holte tief Luft. War trotzdem unfähig zu antworten.
    Heussgen hatte den Kopf zur Tür hereingereckt und kam nun näher.
    „Ich habe vorhin schon einmal in die Kirche geschaut, habe die Nachricht gefunden und dich dann hier mit der Nonne gehört. Gerade wollte ich nachsehen, ob du fertig bist. Ist alles in Ordnung?“
    „Ich ...“ Arno musste sich räuspern. Wie kann jemals wieder alles in Ordnung kommen?  
    Heussgen sah sich um, zögerte kurz, zog seinen Mantel dann enger um sich. „Ich denke, wir bleiben hier, oder?“ Er zwängte sich an Arno vorbei, setzte sich in die Mitte der Bank und klopfte auffordernd neben sich auf die Sitzfläche. „Komm.“
    Arno folgte. Und jetzt?
    Zu beichten wäre so viel leichter gewesen. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, Amen. Ich habe gesündigt, aber ich bereue das, ich will mich bessern, ich will es nie wieder tun.  
    Was aber sollte er sagen? Ich habe gesündigt, ich breche mein Gelübde, und ich habe keine Ahnung, ob dieser Schmerz, den ich empfinde, Reue ist.  
    Heussgen schwieg. Hatte sein rechtes Knie mit den Händen umfasst und an sich gezogen, saß fest und bequem. 'Lass dir alle Zeit der Welt', schien er auszudrücken. 'Ich werde warten, ohne dich zu drängen.'
    Arno schluckte. Schlug die Hände vors Gesicht. Es wurde ja nicht einfacher, je länger er schwieg.
    „Du kannst mir vertrauen, Arno, ich werde nicht über dich urteilen. Du musst dich nicht zensieren, sag einfach, was dir in den Sinn kommt.“
    „Abraham und Isaak“, brach es aus ihm heraus.
    Heussgen hatte sich aufgerichtet und nickte ihm auffordernd zu.
    „Wie oft habe ich über diese Bibelstelle reflektiert.“ Nun konnte Arno sprechen. „Sie als Beispiel angeführt. Über sie gepredigt. Ich fand sie wichtig und sinnvoll.
    'Gott hat Isaaks Tod nicht zugelassen', habe ich die Argumentation immer begonnen. 'Es war Abrahams Hingabe, die er verlangt hat. Dessen bedingungslose Unterwerfung, die Bereitschaft, alles zu tun für seinen Gott. Wenn Gott diese Bereitschaft bekommt', habe ich gesagt, 'dann wird er dich retten. Er wird darauf verzichten, alles zu nehmen. Du kannst darauf vertrauen, dass er nur das nehmen wird, was er als notwendig erachtet, um deiner sicher zu sein. Gott will uns nicht quälen, das ist ...'“
    Ein Husten schloss sich wie ein Krampf um seine Kehle. Das ist meine feste Überzeugung, so hatte er jedes Mal geendet.  
    Und genau das war zu Ende. Sein Glaube. Sein Vertrauen in Gott. Seine Liebe zu ihm.
    „Wie empfindest du es in diesem speziellen Fall?“, hakte Heussgen vorsichtig nach.
    Arno beugte sich nach vorn, vergrub sein Gesicht in den Händen. Unsicher empfand er sich, wie ein dummer Schüler, der nicht in der Lage war, die Frage seines Lehrers zu beantworten.
    „Dass ich bereit sein muss, Mathilda

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