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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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scharf. „Es ist eine Arbeit, die von Weltlichen erledigt wird. Nur wenn die Zeit drängt, helfen Laienschwestern und -brüder mit.“
    Die Worte Schwester Jordanins hatten wie eine Warnung geklungen, sich auf alle Fälle von dort fernzuhalten. Mathilda zuckte mit den Achseln. Sie hatte ohnedies keine Ahnung, wie sie hingelangen könnte.
    „Wir kommen jetzt zur Küche“, sagte Schwester Jordanin und deutete auf die Hausfront voller Fenster vor ihnen. Unten waren sie klein, die darüber jedoch deutlich größer. „Die Küche liegt direkt unter dem Refektorium. Auf diese Art muss das Essen nur nach oben getragen werden.“
    Die Küche selbst war ein großer Raum mit rauchgeschwärzten Wänden, angenehm warm und nach Gebratenem und Gewürzen duftend. Im steinernen Herd unter einem hohen, von Ruß schwarz glänzenden Rauchabzug brannte helllodernd ein Feuer. Vier Schwestern mit weißen Schleiern und grauen Schürzen über den Kutten liefen eifrig hin und her, trugen Gemüse, Wasser, Eier, Speck herbei. Auf Arbeitstischen unter den Fenstern lagen Berge von Zwiebeln, Rüben und Bohnen.
    „Wie auch in der Wäscherei arbeiten hier nur Laienschwestern“, erklärte Schwester Jordanin.
    Sie nickte den Nonnen kurz zu und führte Mathilda auf die gegenüberliegende Seite des großen Raumes. Dort wies sie im Vorübergehen auf eine Türe: „Dies ist die einzige direkte Verbindung vom Frauenkonvent zum Männerkloster. Sie führt hinter die Kirche und wird zur Essens- und Wäscheübergabe genutzt. Diese Türe ist stets verschlossen und für alle Nonnen streng verboten, außer der Cellerarin.“
    Nachdem sie einmal quer durch die Küche gegangen waren und Mathilda einer freundlich winkenden Nonne zugelächelt hatte, verließen sie den Raum und stiegen eine Treppe hinauf. Schwester Jordanin öffnete eine kleine Türe – und sie standen hinter dem Altar im Refektorium.
    „So geht das also“, stieß Mathilda hervor. „Die Türe ist wirklich nicht zu sehen.“
    Dabei sah sie Schwester Jordanin an – und hätte wetten mögen, dass die beinahe gelächelt hätte.
    Nun steuerte sie eine Bank an.
    „Setzen wir uns einen Augenblick“, sagte sie. „Dann erkläre ich dir, wer hier für welche Aufgabe zuständig ist.“
    Überrascht sah Mathilda sie an. Schwester Jordanin hatte bisher nicht den Eindruck gemacht, als würde sie irgendgearteten Wert auf Bequemlichkeit legen. Aber jetzt bot sie Mathilda sogar einen Sitzplatz an.
    „Jeder im Kloster hat eine feste Aufgabe“, fing die Nonne an, kaum dass Mathilda auf der Bank Platz genommen hatte. „Die Äbtissin leitet das Gesamtkloster, Ottilia Öfler ist als Priorin für den Frauenkonvent, Prior Johannes Palgmacher für den Männerkonvent zuständig. Er, sein Vertreter Arno Wayden und Mutter Öflerin planen und besprechen zusammen mit der Äbtissin alle Angelegenheiten des Klosterlebens.“
    „Dürfen Äbtissin und Priorin auch nach draußen gehen und mit den Weltlichen sprechen, die zum Beispiel auf den Feldern arbeiten?“, fragte Mathilda neugierig.
    „Das sagte ich doch schon. Wir Chorfrauen unterliegen strengster Klausurpflicht und verlassen das Kloster niemals. Das gilt selbstverständlich auch für die Äbtissin und ihre Vertreterin.“ Schwester Jordanin schüttelte vehement den Kopf. „Außenangelegenheiten fallen zwar ins Aufgabengebiet der Äbtissin, aber sie werden vom Männerkonvent aus geregelt. Der Prior ist das Bindeglied.“
    Sie schwieg einen Moment, als wartete sie auf Fragen. Als Mathilda jedoch nichts sagte, fuhr sie fort: „Die Krankenstation wird von der Infirmarin, Anna Waczenrieder geleitet. Für Küche und Einkauf ist Magdalene Echart als die bereits erwähnte Cellerarin zuständig, Schließerin ist Gertrudis Schönrat, Margaret Loher ist Sakristanin. Ihr bist du heute morgen sicher schon begegnet. Sie sorgt unter anderem in Kloster und Kirche für Licht.“ Sie sah Mathilda an. „Verstanden?“
    „Welche Aufgabe ist die Eure?“, fragte Mathilda, die weder ein Bild von den erwähnten Nonnen vor sich hatte noch sich unter den meisten Ämtern etwas Genaues vorstellen konnte. Viel wichtiger fand sie, dass Schwester Jordanin ein wenig gesprächiger wirkte. „Seid Ihr so etwas wie die Novizenmeisterin?“
    Die lachte leise auf. „Da es bei den Birgittinnen Sitte ist, nur erwachsene Frauen aufzunehmen, die nach einer Phase der externen Kandidatur sofort geweiht werden können, braucht es dieses Amt nicht. Das liegt daran, dass sich bisher meist Witwen
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