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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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Es gab ziemlichen Wirbel, als Pater Wayden das vorschlug. Der Prior war strikt dagegen, das sei gegen die heilige Tradition. Aber Mutter Örtlerin hat sich darauf eingelassen. Und es ist ja auch zweckmäßig, wenn die Laienbrüder und -schwestern, die kein Latein sprechen, verstehen, was sie beten.“
    Nach dieser wahrhaft langen Rede sah sie Mathilda zum ersten Mal richtig offen an, die nächste Frage erwartend.
    Die ließ sich das nicht zweimal sagen.„Beten die Laienschwestern nicht im Frauenchor?“
    „Nein“, schüttelte Schwester Jordanin den Kopf. „Sie versammeln sich neben dem Frauenchor auf dem Balkon und beten von dort aus.“
    „Warum ist das so?“, fragte Mathilda. „Warum wird ein solch großer Unterschied zwischen Chorfrauen und Laienschwestern gemacht?“
    „Nun ja“, Schwester Jordanin seufzte. „Das liegt einfach daran, dass der Platz im Frauenchor nicht für alle Nonnen ausreichend wäre.“
    „Doch, wäre er“, widersprach Mathilda, die nicht nur gebetet, sondern sich auch gründlich umgesehen hatte.
    „Jetzt vielleicht“, gab Schwester Jordanin fast widerwillig zu. „Das hat den Grund, dass das Kloster nicht voll besetzt ist. Aber du wirst mir wohl zustimmen, dass es unsinnig ist, jetzt die Laienschwestern in den Frauenchor zu bitten, um sie daraus wieder zu vertreiben, wenn die Anzahl der Chorschwestern steigt.“ Ihre Stimme wurde hörbar schärfer. „Außerdem gibt es diese traditionelle Trennung zwischen den Konventsmitgliedern auch drüben, bei den Männern. Da versammeln sich die Laienbrüder auch auf einem Balkon neben dem Herrenchor.“
    Mathilda neigte den Kopf. Sie hatte die Rüge sehr wohl verstanden. Wieder einmal war sie vorlaut gewesen, hatte, ohne nachzudenken, einfach gesagt, was ihr in den Sinn gekommen war. Sie musste wirklich besser aufpassen und sich ein wenig zügeln. Aber es war doch ungerecht, dass die Laienschwestern so offensichtlich ausgegrenzt wurden.
     
    „Komm jetzt.“ Schwester Jordanin stieß die Türe auf und ging wortlos voraus auf einen kleinen, kreuz und quer mit dünnen Seilen bespannten Hof. Offensichtlich der Trockenplatz für die Wäsche. Da und dort hingen einige Tücher oder Decken über den Leinen und die Nähe der Wäscherei war bereits zu riechen. Als ihre Führerineine weitere Türe öffnete, schlug ihnen eine Wand aus feuchtwarmer Luft entgegen. Sie legte sich sofort unangenehm auf Mathildas Gesicht. In dem kleinen Vorraum roch es typisch nach Seife. Sie hatten die Wäscherei erreicht.
    In mehreren, hintereinanderliegenden Räumen dampften bereits große, wäschegefüllte Bottiche über heißen Feuern. Laienschwestern mit geröteten Wangen rührten mit langen Stangen darin und hoben dunkle Wäschestücke heraus.
    „Fünf Laienschwestern arbeiten hier“, erläutere Schwester Jordanin. „Es kommt dann und wann auch vor, dass eine Chorfrau mitarbeitet. Zur Strafe.“
    Wofür, hätte Mathilda zu gerne gefragt, doch Schwester Jordanin sah wiederderart verkniffen aus, dass sie es nicht wagte. Lediglich das Wort Strafe hallte in ihren Ohren nach.
    „Während der Männerkonvent für die Land- und Viehwirtschaft zuständig ist, für Zimmerei, Schreinerei und Schlosserei, allesamt Bereiche, in denen auch Weltliche beschäftigt werden können, kocht und wäscht der Frauenkonvent für alle. Und das ohne Mitwirkung von außen.“ Schwester Jordanin zeigte jetzt wieder ein gänzlich unbewegtes Gesicht und wies auf die Bottiche. „Die Kutten der Männer.“
    Die Schwestern an den großen Kübeln sahen kaum auf, als sie die Räume durchquerten.
    Mathilda war froh, dem feuchten Dunst entkommen zu können und folgte Schwester Jordanin schnell durch eine Türe, die in den Garten führte.
    Hier war auch das Brunnenhaus, in dem Mathilda heute Morgen ihre Kanne gefüllt hatte.
    Jetzt arbeiteten dort ein paar Schwestern, die unablässig Bottiche mit Wasser füllten und davonschleppten.
    Während Mathilda Schwester Jordanin durch die zum größten Teil bereits abgeernteten Beete folgte, entdeckte sie in einigen das typische Kraut von Pastinaken und Karotten. Aber auch Zwiebeln sah sie und letzte Stängel Allium.
    „Rüben, Kohl und Getreide kommen von den Feldern“, erklärte Schwester Jordanin. „Dafür würde hier der Platz gar nicht reichen.“ Sie deutete auf die Hausfront zu ihrer Linken: „Hinter dem Frauenkloster befinden sich die Obstbaumwiesen. Dort wird zurzeit geerntet.“ Sie wandte sich kurz zu Mathilda um und ihre Stimme klang
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