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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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gewollt – dass diese Sehnsucht nicht vorbei war, weil ich ... gesündigt hatte. Dass es einen Sinn hatte, dass ich von Aurelia verlassen worden war – indem es mich wieder dorthin zurückgebracht hat, wo ich vor ihr losgegangen war – auf Gott zu.“
    Mathilda spürte selbst, wie ihre Augen groß an Arno hingen, wie er jetzt mit einer schwärmerischen Melancholie sprach, die sich ihr Herz zusammenkrampfen ließ. Diese Seite seines Lebens hatte sie ihm genommen.
    Hatte er sie ihr Gesicht verziehen sehen? Seine Hand war auf sie zu, ans Gitter geschnellt. Sein Blick auffordernd. Zögernd bewegte Mathilda ihre eigene wieder dorthin. Er nickte kurz und heftig, sagte aber nichts – und was hätte sie ihm sagen sollen? Dieses Thema stand zwischen ihnen – und würde dort bleiben. Sie schluckte.
    Es dauerte noch einen langen Augenblick, bis er den Faden wieder aufnahm.
    „Durch Bertram bin ich wieder Priester geworden – und war das schon, als mir Rosa sagte, dass sie ein Kind von mir erwarte.“
    Mathilda schnappte nach Luft. „Rosa?“, wiederholte sie.
    „Ich hatte ihr von Anfang an gesagt, dass ich sie auf keinen Fall heiraten würde, und das habe ich dann wiederholt. Ihr Kind würde nichts daran ändern, dass ich nach Rom pilgern wollte und nie mehr zurückkehren. Ich würde dafür sorgen, dass sie und das Kind ein Auskommen hätten, aber nicht mehr.“ Arno zog seine Hand von ihrer weg, legte sie zur anderen in den Schoß. Eigenartig unbeteiligt wirkte er, als er fortfuhr: „Sie weinte und flehte, schrie und tobte und drohte schließlich damit, sich umzubringen.“ Er senkte seine Stimme zu einem Raunen: „Ich hielt es für eine leere Drohung, aber sie hat sie wahrgemacht. Am nächsten Tag lag sie tot im Schilf. Sie war ins Wasser gegangen.“
    Er sah Mathilda nicht mehr an, senkte den Kopf und verkrampfte die beiden Hände ineinander.
    „Oh Arno“, flüsterte Mathilda und verstärkte den Druck auf das Beichtgitter. „Das tut mir so leid.“
    „Das ist der Mann, den du heiraten möchtest“, fuhr Arno da plötzlich auf. „Das bin ich. Ein Mörder.“
     
     
    „Das bist du nicht!“ Mathilda schlug mit der Hand auf das Gitter ein, dass es nur so klatschte. „Du wolltest sie nicht heiraten, als sie“, sie musste sich räuspern, „ein Kind von dir erwartete. Das ist sicher schlimm für eine Frau. Aber sie überleben das im Allgemeinen! Es war ihre Entscheidung, sterben zu wollen. Nicht deine. Und deswegen bist du kein Mörder.“ Sie holte tief Luft. „Und ich will dich immer noch.“
    Arno ertappte sich dabei, wie er ebenso nach Luft schnappte. Mathilda war ... Er atmete aus. Streckte wiederum seine Hand nach ihr aus – und holte damit ihre dorthin zurück. „Ich kann das wirklich kaum glauben.“
    Mathildalächeln. War es das gewesen, was er schon ganz zu Anfang für sich begehrt hatte? Und was sie ihm schenken wollte – wirklich ihm allein?
    „Du kannst das glauben, Arno“, versicherte sie leise.
    Ihm blieb nichts anderes übrig, als zurück zu lächeln – seine Finger sanft über seine Seite des Gitters streichen zu lassen – sie seufzen zu sehen und die Augen zu schließen. Die riss sie jedoch gleich wieder auf, als ihr klar wurde, dass sie nur sehen konnte, was er tat, und nicht fühlen.
    Also sahen sie sich an und schwiegen miteinander.

Kapitel mortale
     
     
    Beklommen schob Arno die Axt unter seinen Mantel und zog die Tür seiner Kammer leise hinter sich zu. Es war noch sehr früh, die nachmittägliche Arbeitszeit erst zur Hälfte vergangen – und er perfekt gerüstet, wie er sich wieder einmal versicherte. Die Schlüssel aus dem Schrank im Kapitelsaal befanden sich nun, zusammen mit Heussgens Geld, in der Tasche seiner Kutte. Preuß hatte er ja glücklicherweise bereits gestern den Auftrag erteilt, drei in den Stallungen leicht zugängliche Pferde auszuwählen und im Torhaus Decken und Lebensmittel für die Reise zu horten, welche dann schnell auf die Pferde verteilt werden konnten.
    Vorhin hatte er zusammen mit Georg und der kläglichen Besetzung des Skriptoriums – Sandizell allein nämlich – Nona gebetet, danach zum letzten Mal seinen Schüler mit Zuwendung versorgt, hoffend, dass sich bald ein passender Ersatzlehrer für ihn fände. Dann war er in seine Kammer geeilt, die Axt zu holen – deren wirklich schwierig zu verbergendes Gewicht nun in angenehmer Weise dafür sorgte, dass Arno auf dem Boden blieb und nicht mehr das Gefühl hatte, irgendwo im Raum zu

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