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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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und sagte mit fester Stimme: „Ich verspreche es.“
    „Und du versprichst, dass du pünktlich an der Pforte bist, um Arno hereinzulassen.“
    „Ich verspreche es.“
    „Bevor du gehst, machen wir einen Plan, wie wir morgen in der Kapitelsitzung vorgehen.“
    Elisabeth nickte und setzte sich folgsam aufs Bett.

Dienstag, 24. Januar 1522
    Beicht-Stelldichein
     
    Die Hoffnung die sich verzeucht, engstet das hertz. Wens aber kompt das man begerd, das ist ein baum des Lebens.
    Altes Testament, Sprüche 13, 12
     
     
    Ein nervöser Blick auf den Beichtplatz, und Mathilda wusste, dass dort Palgmacher saß. Das schattenhafte Gebaren, die ausladenden Handbewegungen hinter dem Beichtgitter waren typisch für ihn. Sie drehte ab und stellte sich vor dem anderen Beichtstuhl als Letzte in die Warteschlange.
    Der war bisher nur ein einziges Mal geöffnet gewesen. Vor Weihnachten, als der ganze Frauenkonvent geschlossen beichten gegangen war. Arno war damals auf der 'gewöhnlichen' Seite im Beichtstuhl gesessen, und Katharina hatte erklärt, dass der zweite Beichtstuhl nur über den Versorgungsgang auf der Seite des Frauenkonvents zu erreichen sei. Einzig der Generalkonfessor sei dazu berechtigt. Umso überraschender war es, dass Arno heute da saß, wo er genaugenommen nicht sein dürfte.
    Mathilda hatte mit Elisabeth abgemacht, dass sie sich auf beide Beichtstühle verteilen würden, damit eine von ihnen auf alle Fälle mit Arno sprechen konnte. Und natürlich hatte Mathilda die Seite gewählt, die dafür wahrscheinlicher gewesen war, sich aber als falsch herausgestellt hatte.
    Aber wieder einmal hatte es sich als glückliche Fügung erwiesen, dass sie immer und stets die Letzte in der Reihe war. So hatte sie einfach und unauffällig die Warteschlange wechseln können.
    Sie warf einen Blick nach vorn. Wer beichtete da gerade? Dass die Nonnen von hinten aber auch alle so gleich aussehen mussten! Es dauerte einen Moment, bis diejenige den Kopf ein Stück wandte. Elisabeth! Gespannt beobachtete Mathilda sie, sah sie sprechen, nicken, sich unbehaglich bewegen, plötzlich erstarren, ehe sie heftig den Kopf schüttelte. Ganz offensichtlich beichtete sie gerade nicht. Selbst wenn ihr bestimmt sehr danach war, würde ihr heute kaum Zeit dafür bleiben.
    Ungeduldig trat Mathilda von einem Fuß auf den anderen. Noch vier Schwestern vor ihr, bis endlich sie zu Arno käme.
    Da bekreuzigte sich Elisabeth bereits abschließend, stand auf und wandte sich um, den Blick gesenkt, während die nächste Nonne, Walpurg Negler, auf die Beichtbank zustrebte.
    Mathilda, die Elisabeth aufmerksam beobachtete, bemerkte jedoch, dass deren Augen nicht etwa demutsvoll nach unten gerichtet waren. Sie suchten herum, drüben, in der anderen Warteschlange – und hoben sich überrascht, als sie Mathilda endlich gefunden hatte. Ein kurzes Nicken, ein Blinzeln, dann senkten sie sich schon wieder. Elisabeth war vorüber, ging durch die Kirche davon, auf die Türe zum Frauenkonvent zu.
    Sie war also instruiert.
    Mathilda hatte nur noch zu warten, bis auch sie ... Sie hob die Augen und zählte die Kirchenfenster, um sich wenigstens ein kleines Bisschen abzulenken.
     
    Die Zeit verging quälend langsam. Was hatten diese Nonnen denn alles zu beichten? Warum redeten die so lange und heftig auf Arno ein? Beichteten sie, ebenfalls an Flucht aus dem Kloster zu denken?
    Bei diesem Gedanken, bei der Vorstellung eines sich leerenden Frauenkonvents musste Mathilda unwillkürlich grinsen. Was wäre, wenn einige Nonnen ebenfalls den Entschluss ...? Ach was, niemals würden sie das jetzt beichten! Was auch immer dort im Beichtstuhl an Arno weitergegeben wurde, hatte damit nichts zu tun.
    „Du kannst gleich hinübergehen“, wurde sie von Schwester Ammelßpergerin aus ihren Gedanken gerissen. „Ich bin schon fertig.“
    Zu Mathildas Schreck wies sie auf Palgmachers Beichtplatz.
    „N-nein“, widersprach Mathilda entsetzt. „Ich ...“
    „Hier wartet doch noch jemand. Und schließlich ist es egal, wo du beichtest. Geh schon hinüber.“
    Was sollte sie tun? Schwester Narcholtzin hatte sich gerade von der Kniebank gerappelt, Schwester Oflerin steuerte bereits darauf zu. Die Letzte vor ihr. Danach würde sie ...
    So knapp!
    Mit äußerster Anstrengung schaffte es Mathilda, das Gesicht nicht zu verziehen, stattdessen gehorsam zu nicken und – nach einem letzten verzweifelten Blick auf das Beichtgitter zwischen Arno und ihr – sich abzuwenden.
    Schwester Ammelßperger

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