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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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kerzengerade und hochaufmerksam. Selbst Katharina hatte sich gestrafft und starrte mit dunklen Augen auf die Frau, die mittlerweile in der Mitte des Saales angekommen war. Dort blieb sie stehen, wartete einen Moment, dann hob sie langsam die Hand – und deutete direkt auf Mathilda.
    Der setzte das Herz aus. Was war denn jetzt? Hatte sie etwas falsch gemacht? War es, weil sie mehrfach gesprochen hatte? Sie hielt den Atem an und starrte unverwandt auf die Frau in der Mitte, auf deren Gesicht ein kleines Lächeln erschienen war.
    „Ich habe dich heute gessehen ...“
    Diese Person zischte dazu auch noch wie eine Schlange! Mathilda war heftig zusammengezuckt - und fühlte dann erst, dass es Katharina neben ihr nicht anders erging.
    „... dass du dich auss dem Klosster fortgestohlen hasst. In den Finssteren Gang bisst du gelaufen. Und dann habe ich dich gehört. Du hasst während dess Ssilentiumss zu einer ...“ Die Nonne machte eine Pause. „... Persson gesprochen, Katharina Greulich.“
    Katharina war gemeint? Nicht sie? Mathilda wusste gar nicht, wie sie sich fühlen sollte. Ihr Kopf war zu ihrer Nachbarin herumgeflogen und sah mit Entsetzen, wie diese mit inzwischen erstarrtem Gesicht nach vorn auf die Knie rutschte – und von dort auf den Boden, wo sie bäuchlings und mit weit zur Seite gestreckten Armen liegenblieb.
    „Was hast du zu sagen?“, fragte die gestrenge Stimme der Äbtissin ins entsetzte Schweigen der Ordensfrauen hinein.
    „Ich bin schuld“, erwiderte Katharina. Sie war nur gedämpft zu hören, weil sie mit dem Gesicht zum Boden gewandt lag, dennoch, sie hatte laut genug gesprochen.
    Die Äbtissin nickte, schwieg einen Moment, dann hob sie den Kopf. „Gestehe, mit wem hast du gesprochen?“
    Katharina schwieg, doch Mathilda konnte sehen, wie ihr Oberkörper zuckte. Weinte sie? Und warum sagte sie nichts? Das Schweigen im Saal hatte eine Bedrohung angenommen, die Mathilda selbst fast zum Weinen brachte.
    „Mit mir“, tönte plötzlich eine feste Stimme durch den Raum.
    Ein spitzer Schrei ertönte und Mathilda nahm aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr. Nur einen Moment später erkannte sie Schwester Jordanin, die soeben, wie Katharina kurz zuvor, auf die Knie und von dort bäuchlings auf den Boden sank.
    Wie Schuppen fiel es Mathilda von den Augen: Heute Nachmittag, als sie von Schwester Jordanin zur Bibliothek gebracht worden war ...
    Die Äbtissin machte eine Bewegung mit dem Kopf und öffnete den Mund, doch Schwester Jordanin wartete ihre Frage gar nicht erst ab: „Ich bin schuld. Ich habe Schwester Greulichin verleitet, das Silentium zu brechen“, gestand sie sofort.
    Das stimmte doch gar nicht! Mathilda konnte sich deutlich erinnern, dass Schwester Jordanin gerufen worden war – offensichtlich von Katharina. Sicher, sie war daraufhin zurückgegangen und hatte Mathilda alleine weitergeschickt. Aber nicht sie hatte zuerst gesprochen. Warum also nahm sie nun die volle Schuld auf sich?
    „Ich war es alleine“, beharrte sie erneut. „Schwester Greulichin hatte keine Möglichkeit, die Regel nicht zu brechen, denn ich habe sie aufgefordert, mir zu folgen. Und da sie mir Gehorsam schuldet, musste sie mir nachkommen und antworten, nachdem ich sie angesprochen hatte. Schwester Schönratin, das war es, was Ihr beobachtet und gehört habt.“
    Mathilda fühlte und sah Katharina erstarren. Hatte sie soeben noch gebebt, so war sie jetzt ganz still.
    So wie jeder im Raum. Keiner rührte sich, Mathilda sah nur entsetzte Gesichter. Bis auf das dieser Schwester Schönratin. Die sah zufrieden drein und lächelte fast.
    „Erhebt euch“, hörte Mathilda da die Stimme der Äbtissin.
    Beide Frauen regten sich und stellten sich schließlich mit hängenden Köpfen auf den Platz, an dem sie soeben noch gelegen waren.
    „Schwester Elisabeth Jordanin, ich verurteile Euch zu einem Tag Ausschluss aus der Ordensgemeinschaft. Ihr werdet morgen weder mit der Gemeinschaft beten – diese Zeit werdet Ihr betend um Läuterung vor dem Frauenchor verbringen – noch dürft Ihr an den Mahlzeiten teilnehmen. In dieser Zeit werdet Ihr laut aus der Bibel lesen. Außerdem werdet Ihr in der kommenden Woche die Laienschwestern bei der Wäsche unterstützen.“
    Ohne sich weiter um die erbleichende Nonne zu kümmern, die zittrig die Hand zum Mund hob, wandte sie sich an Katharina.
    „Und Euch, Katharina Greulichin, ermahne ich hiermit zum dritten Mal. Ihr müsst die Schweigezeiten einhalten und Euch dem Klosterleben

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