Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
Vom Netzwerk:
Weise um sie zu kümmern, war schließlich seine Aufgabe als ihr Lehrer und Seelsorger.
    Nein, auch sein Interesse an diesem Mädchen beruhte auf selbstloser Nächstenliebe und dem ehrlichen Bestreben, sie auf ihrem Weg durch ihr neues Leben hier zu unterstützen.
    Das aber hat nichts mit meiner Neugierde zu tun, meiner Begierde, sie vor den Beichtstuhl zu bekommen, um in ihre geheimsten Gedanken und Gefühle eingeweiht zu werden!  
    Nach Atem ringend, fasste Arno sich an die Kehle. Dieses Verlangen war einfach nur anstößig und niederträchtig und verwerflich und – sündhaft!
    Er kam nicht dazu, hier erneut niederzuknien – denn da ging die Seitentür, die die Treppe zum Frauenchor mit dem Kirchenschiff verband.
    Arno zwang sich auf den Beichtstuhl, widerstand dem Drang aufzuspringen und wegzurennen. Er legte beide Hände auf seine Oberschenkel und konzentrierte sich auf seinen Atem – trotz allem nicht umhinkönnend, auf den individuellen Klang der sich nähernden Schritte zu lauschen und die dazugehörige Person zu identifizieren.
    Anna Hutterin. Deren langsame Schritte ihm genug Zeit ließen, Christina Weinprenner hinter ihr zu erkennen. Und die Tür ging erneut. Arno seufzte tief. Bemühte sich, seinen Geist frei und zugewandt zu machen für jede einzelne Schwester, mit was auch immer sie zu ihm kam – wie es gewöhnlich selbstverständlich für ihn war. Und doch konnte sein alles andere als freier Geist die ganze Zeit an nichts anderes denken als daran, dass irgendwann, gleich, mit einem neuen Türklappen ...
    So, Konzentration jetzt! Auch diesmal war eine andere gekommen.

Die Formen der Liebe
     
     
    Da ist sie endlich.
    Himmel, wie beschämend, dass er tiefer einatmen musste, um den Rhythmus seines Herzschlags konstant zu halten. Er, Pater Arno von Wayden, würde sich doch nicht vor geistlichen Herausforderungen fürchten!
    Noch während sie wiederum schwungvoll um die Ecke bog – und ihr Zopf in gewohnter Manier mitschwang – realisierte er jedoch überrascht, dass er es anscheinend geschafft hatte: Sein Herz war wieder ruhig. Er hatte seine Schwäche bezwungen.
    Das Mädchen vor ihm niederknien zu sehen, löste kein zweifelhaftes Frohlocken in ihm aus, da war kein Lechzen, keine Gier danach, seine Macht als Beichtvater zu missbrauchen, um in ihre Seele eindringen zu können. Stattdessen spürte er, wie sich ein Lächeln in ihm ausbreitete. Ein erwartungsvolles, das schon. Doch seine freudige Bereitschaft, sie zu sich, an sich herankommen zu lassen, war selbstlos, war Nächstenliebe, war das verantwortungsvolle Bestreben, ihr als Beichtvater zu dienen, um ihr zu helfen.
    Die Erleichterung ließ ihn sich aufrichten und frei atmen.
    „ Gott, der unser Herz erleuchtet, schenke dir wahre Erkenntnis deiner Sünden und Seiner Barmherzigkeit“, erwiderte er in seinem normalen Priesterton auf ihr einleitendes Sündenbekenntnis. Dank dir, gütiger Vater, dafür, dass du mir ebendiese Erkenntnis geschenkt hast!  
    „Ich habe Angst“, begann sie. Zögernd. „Ich habe Angst, dass ich immer wieder Sünden begehen werde, ohne es verhindern zu können.“
    Oh nein ... Arno spürte, wie seine Nackenhaare sich aufstellten. „Um welche Sünden“, er atmete zwischen, „handelt es sich?“
    „Ich habe eigentlich noch gar nichts getan.“
    Arno unterdrückte den Impuls, sich auf die Lippen zu beißen.
    „Aber ich werde es tun. Ich werde mich bemühen und beobachten und kontrollieren, aber ich weiß genau, dass ich am Ende versagen werde.“
    Oh Gott, dass es schon so schlimm um sie stand, hätte er sich nicht einmal heute Nacht träumen lassen!
    „Einfach weil ich ein Mensch bin. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich sündige – und doch tue ich es, ganz von selbst, indem ich das tue, was Menschen nun mal tun ...“
    „Ihr seid hier, um diese niederen Impulse zu unterdrücken“, reihte Arno die notwendigen Worte aneinander. Obwohl er wusste, dass es keinen Sinn hatte. Eine Frau wie sie konnte nicht anders, als einen Mann zu lieben, er wusste es doch ...
    „Aber wie soll ich das denn?“, begehrte sie auch schon auf. „Es liegt in mir, es kommt aus mir heraus, so sehr ich auch versuche, es abzustellen ...“
    „Ihr müsst es beichten, das ist der erste Schritt“, rang Arnosich ab. Er war zu involviert, hatte alle Distanz, die er eben gemeint hatte zu besitzen, wieder verloren.
    „ Ich breche ständig das Silentium“, brach es da aus ihr heraus.    
    Im ersten Moment wollte er lachen. Das

Weitere Kostenlose Bücher