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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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Katharina Greulich und dich wahrscheinlich unerreichbar. „Aber auch die wertvollste.“  
    „ Ich weiß nicht ...“, sie zögerte.  
    Dass sie den Mut hatte zu widersprechen! Das war wirklich ein starkes Stück. Arno hielt sein Auflachen lautlos.
    „ Das Problem ist“, sie kniff angestrengt die Augen zusammen, „dass ich im Moment noch nicht fähig bin, das so zu bewerten. Dass das die wertvollere Liebe ist.“ Nun sprudelten die Worte nur so aus ihr heraus. „Mir kam es immer vor wie das Wertvollste auf der Welt – ihn zu lieben.“  
    Oh Gott. Arno war zusammengezuckt. Dieser Wortlaut, diese Stimme, die geballten Emotionen darin. Es IST das Wertvollste auf der Welt, wenn du ...  
    Das war nicht wahr. Und es war nicht seine Stimme gewesen, nein! Dieser von ihm und seiner Vernunft vollkommen losgelöste Gedanke war ihm von dieser Frau in den Kopf gepflanzt worden. Weil sie so daherredete mit diesem unbezwingbaren Selbstbewusstsein, dieser Sturheit, die aus der bei ihr so stark ausgeprägten Körperlichkeit erwuchs. Weil ihr Körper so eng mit ihrem Gemüt verbunden war, weil sie eben zu jenen Frauen gehörte, die es nicht schafften, die höchste Stufe der Liebe zu erreichen. Weil sie unvollkommen war. Sie war nur so stark dabei. Beängstigend stark. Evas Apfel, die Versuchung. Die Bibel hatte so recht!
    Frauen wie sie waren dafür verantwortlich, dass das Weibliche von schwachen Männern so verteufelt wurde. Frauen wie sie wurden als Hexen bezeichnet, gehasst und gemieden wie die Pest – nur weil sie durch ihre weibliche Macht diese Sehnsucht weckten, diese Sehnsucht nach ...
    SÜNDE! Zurückweichend presste Arno seinen Rücken an die Stuhllehne. Es war die Versuchung der Sünde. Der er sich nicht hingeben würde. Er nicht! Arno von Wayden hatte diese Sehnsucht nämlich nicht nötig. Er war stark, ein starker Mann. Der seine Sehnsucht nach irdischer Liebe überwunden hatte, schon vor langer Zeit. Er gehörte zu den Berufenen, zu Gottes auserwählten Dienern, welche als Geistliche das Menschliche hinter sich zu lassen vermochten und gänzlich aufzugehen in Gott und Seiner Herrlichkeit.
    „ Das Menschliche oder das Göttliche? Was steht höher?“, forderte er Mathilda heraus.  
    „ Ich weiß es, ich weiß, dass ich das Göttliche anstreben soll“, beteuerte Mathilda sogleich. „Nur, ich kann es noch nicht wollen.“  
    Sie meinte es nicht böse, sie war willens, sie war bereit, es zu versuchen – ihre Stärke umzuleiten auf eine höhere Stufe.
    „ Aber ich bemühe mich wirklich, ich verspreche, dass ich nicht aufhören werde, es zu versuchen.“  
    Sie war anders als Katharina. Die sich scheinbar genauso bemühte, die von ähnlich starken Gefühlen getrieben wurde. Bei der sich diese Stärke jedoch gegen sich selbst richtete, sich in immensen Trotz und in Verweigerung verwandelte. Und Gefahr lief, sich eines Tages in Todessehnsucht zu verkehren.
    Mathilda war selbst jetzt, hier, unendlich weit entfernt vom Tod. Sie lebte, sie wollte leben, sie war bereit, alles zu geben für ... Er musste ein Husten unterdrücken. Was tat er hier? Was taten sie hier miteinander?
    „ Gott, der barmherzige Vater, hat durch den Tod und die Auferstehung seines Sohnes die Welt mit sich versöhnt und den Heiligen Geist gesandt zur Vergebung der Sünden“, spulte er mit neuer Disziplin herunter, ohne dass sie ihrerseits ihre Sünden bekannt hatte, ohne dass er ihr eine Buße auferlegt hätte. „Durch den Dienst der Kirche schenke Er dir Verzeihung und Frieden. So spreche ich dich los von deinen Sünden im Namen des Vaters“, er wartete, bis sie sich folgsam bekreuzigt hatte, kaum verwirrt dreinblickend ob des abrupten Endes ihres Gesprächs, „und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Er hatte die deutsche Version genommen, wenn er unter Druck stand, entfielen ihm lateinische Wörter.  
    „ Amen.“  
    War sie auch deswegen irritiert?
    „ Danket dem Herrn, denn er ist gütig“, stoppte er ihre ihn suchenden Augen.  
    „ Sein Erbarmen währet ewiglich.“  
    „ Der Herr hat“, er schluckte, „dir die Sünden vergeben.“ Hatte er?  
    „ Ich danke Euch, Pater Arno“, ereilte ihn im selben Moment, und er hörte auf zu atmen und harrte starr aus, während sie sich ohne Gebet erhob und mit wohlvertrautem Schwung aus seinem Blickfeld – endlich – entschwand.  
    Dieses Mädchen brachte ihn an seine Grenzen, und er musste sich schleunigst darum kümmern, dass er besser damit umzugehen lernte!
    Vorerst

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