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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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Palgmacher dazwischenredete. „Diese ganze Sache gehört in den Verantwortungsbereich der Örtlerin.“
    „Die kann mir gar nichts“, nuschelte Palgmacher.
    „Ihr leitet den Männerkonvent, Prior Palgmacher“, kam dem prompt der jüngere Hafner zu Hilfe. „Die Äbtissin mag Äbtissin sein, aber sie hat keine Möglichkeit, Euch Einhalt zu gebieten.“
    Arno warf Hartwig, der schon den Mund geöffnet hatte, einen warnenden Blick zu.
    Eine offene Konfrontation würde Palgmacher lediglich darin bestärken, seine Macht zu demonstrieren – die er zweifellos besaß. Theoretisch war die Örtlerin befugt, ihm sein Amt zu nehmen. Und den Männerkonvent zur Neuwahl zu zwingen. Wie sich Birgitta die praktische Umsetzung vorgestellt hatte, war Arno jedoch schleierhaft. Die Äbtissin unterlag strenger Klausur, sämtliche Beziehungen zur Außenwelt wurden von den Männern unterhalten. Alles, was sie im Konfliktfall mit dem Prior tun konnte, wäre, einen Hilferuf nach Freising zu senden – zum Bischof. Der sich kaum auf die Seite einer Frau stellen würde. Vorausgesetzt, sie bekam überhaupt mit, weswegen sie um Hilfe rufen sollte.
    Nein, hier war jetzt Schadensbegrenzung angesagt – auch um Pater Heussgen willen.
    „Selbstverständlich könnt Ihr entscheiden, wer im Männerkonvent zu essen bekommt und wer nicht“, räumte Arno nun demütig ein – Hartwigs Entsetzen in den Augenwinkeln.
    „Äh ...“ Palgmachers Verblüffung allein war es wert.
    „Von hier wird Heussgen also kein Essen mehr bekommen, da interpretiere ich Euer Ansinnen doch richtig, nicht wahr?“
    „Aber ...“ Hartwig starrte ihn an.
    Palgmacher nicht minder. „Äh, ja ...“  
    „Dann können wir ja endlich essen!“ Der noch schüssellose Hafner griff gleich nach zweien.
    Indessen schnappte Benjamin sich die letzte und drückte sie Palgmacher in die Hand. Als hätte er den damit aus seiner Starre erweckt, wirbelte der herum, dass die Suppe nur so schwappte. Einen Moment lang fixierte er Arno, als wollte er noch etwas sagen, dann jedoch verließ er wortlos das Zimmer.
    „Was habt Ihr ...“, fing Hartwig an.
    „Wir sollten uns niemanden zum Feind machen, der mehr Macht hat als wir“, unterbrach Arno ihn.
    „Aber was soll denn jetzt aus Pater Heussgen werden?“
    „Na, Pater Wayden hat das doch schon gesagt!“ Benjamin grinste.
    „Ihr habt das getan“, verbesserte Arno. „Und Ihr habt recht. Wir lassen Mutter Örtlerin für Heussgens Verköstigung sorgen.“
    „Wie soll das denn funktionieren?“ Hartwig ruderte mit den Armen. „Und vor allem: Warum sollte sie das denn wollen? Wenn Palgmacher zu ihr rennt und sie ...“
    „Prior Palgmacher hat keinen Grund, sie zu kontaktieren, denn er hat gewonnen, wie Ihr soeben miterlebt habt“, beschwichtigte Arno den aufgebrachten jungen Mann. „Davon abgesehen, habe ich die Möglichkeit, sie daran zu erinnern, dass es in der Zukunft ein sehr schlechtes Licht auf dieses Kloster werfen würde, wenn der bekannte und einflussreiche Oekolampadius hier verhungern würde. Sie will ihn, keine Sorge“, fügte er in versöhnlichem Tonfall hinzu. „Ihr, Bruder Hartwig, läutet gleich nach einer der Schwestern und bittet um noch etwas Suppe. Dieses Prozedere scheint mir für die Zukunft passend zu sein. Ihr nehmt Heussgens Essen direkt von einer Schwester entgegen.“
    Hartwig brauchte noch einen Schubs von Benjamin, ehe er hastig nickte und Arno wieder ansah. „Ich danke Euch, ich ...“ Er brach ab. Die Enttäuschung über Arnos mangelnden Mumm stand ihm ins Gesicht geschrieben.
    „Ihr hattet gehofft, über den amtierenden Prior zu triumphieren?“, konfrontierte Arno ihn.
    „Ich hielt Euch für ...“
    „... einen Rebellen?“
    „Ich hielt Euch für mächtiger als ihn.“
    „Ich bin von der Äbtissin als Palgmachers Vertreter eingesetzt worden. Welcher das akzeptiert, solange es ihm egal ist, wer diesen Posten innehat. Wenn er beginnt, mich zu hassen, wird er mich entlassen. Und was, denkt Ihr, sollte Mutter Örtlerin dagegen tun?“
    „Dafür habt Ihr eine ganze Menge riskiert“, stellte Benjamin anerkennend fest.
    Arno schenkte dem netten Küchenbruder ein Lächeln. „Ich wollte, dass Heussgen weiterhin versorgt wird“, erklärte er. „Und das war zu leisten, auch wenn Palgmacher gewann.“
    Hartwig blickte noch immer äußerst skeptisch drein.
    „Kapierst du denn nicht?“ Benjamin puffte ihn in die Seite. „Dass dein Lehrer damit unter Beweis gestellt hat, wie klug er

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