Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
Vom Netzwerk:
er hatte Sympathien für ihn, den Gelehrten aus Wittenberg, der zugleich ein einfacher Mönch war. Er hatte ihn schon immer bewundert für den Mut und die Beharrlichkeit, mit dem er sich dem Wirbel stellte, den er Arnos Einschätzung nach eher zufällig verursacht hatte, einfach, indem er seine kritische Meinung zur Ablasspolitik Roms geäußert hatte.
    Ebenso hegte Arno Sympathien für Johannes Heussgen. Auch wenn er sich mit dieser Meinung bisher eher im Hintergrund gehalten hatte – wenn man seine Stimme gegen Heussgens Ausschluss außer Acht ließ. Von Hartwig wusste er jedoch genug, um Heussgens Klugheit und Bildung zu respektieren und das, worüber der mit seinem Schüler diskutierte, interessant und spannend zu finden. Auch wenn einige seiner Ideen auf den ersten Blick doch als ziemlich skurril bewertet werden konnten.
    So hatte Hartwig neulich eine Diskussion begonnen, in der es allen Ernstes darum gegangen war, die Beichte abzuschaffen. Was nun wirklich nichts gewesen war, was Arno für sinnvoll hätte erachten können ...
     
    Palgmacher hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Es wirkte, als lehnte er sich in der Luft zurück.
    „Sachlich wollen wir bleiben? Aber gerne doch. Worüber reden wir hier?“ Er legte eine provokante Pause ein.
    Dass Arno sich darüber ärgerte, dass es unsinnig wäre, sein Pulver darüber schon an dieser Stelle des Gespräches zu verschießen, und er somit zum Schweigen verdonnert war, ärgerte ihn doppelt.
    „Wir, dieses Kloster und infolgedessen die frommen und gottesfürchtigen Brüder, beherbergen seit geraumer Zeit einen Mann, der den heiligen Glauben infrage stellt.“
    „Wir beherbergen einen Mann, der ein großartiger Geist ist“, schaltete sich Hartwig sofort leidenschaftlich ein. „Der bestehende Konventionen überdenkt, sich eine eigene Meinung bildet und mutig genug ist, diese zu äußern.“
    „Euer Öko plappert doch nur nach, was sein großer Martin ihm eingegeben hat“, schnaubte Palgmacher abfällig.
    „Pater Heussgen ist einer der größten Männer unserer Zeit. Es ist eine Ehre für uns, dass er sich hier aufhält, sich mit uns abgibt.“
    Arno seufzte.
    Palgmacher schien zu wachsen. „Ihr seid ihm ja hörig!“
    Das war klar gewesen, dass Hartwigs Schwärmen nach hinten losgehen würde.
    „Er hat Euch eingelullt mit seinem vermeintlichen Einflussreichtum. Also wenn ich Euer Novizenmeister wäre, dann würde ich Euch ...“
    „Wir wollten sachlich bleiben“, erinnerte Arno die beiden Kontrahenten. „Worum geht es Euch heute, Prior?“
    „Dieser Mann, den Ihr zwei so demütig verehrt ...“
    „Sachlich, Palgmacher.“ Arno war an dem Punkt, da ihn die Ruhe, derer er trotz seiner sich allmählich regenden Wut fähig war, über alles erhaben machte.
    „Er will die Heiligen abschaffen samt der Heiligen Jungfrau“, begann Palgmacher.
    „Er sagt lediglich, dass der einzelne Gläubige in seiner Beziehung zu Gott keiner Vermittlung durch einen speziell autorisierten Heiligen bedarf“, schlug Hartwig prompt zurück.
    „Aber das ist Unrecht“, explodierte Palgmacher sofort. „In der Bibel steht ...“
    „Aber Jesus sagt ...“
    „Das Essen kühlt ab“, übertönte Arno die beiden. „Nebenan warten die Brüder – nebst Heussgen, der nicht weniger hungrig sein wird. Kürzt doch bitte Euren Streit ein wenig ab und kommt zum Punkt.“
    Ihm gegenüber schob Benjamin demonstrativ seine Nase über die Suppenschüssel und schnupperte geräuschvoll.
    Palgmacher schielte zu ihm hinüber. „Euer Öko streitet der Kommunion ab, ein Opfer zu sein.“
    „Dafür wurde er bereits von Euch belangt“, schob Arno rasch ein, ehe Hartwig den Mund hatte öffnen können. „Was bewegt Euch heute, Palgmacher?“
    „Ökos neueste ketzerischen Ergüsse“, konterte der.
    Hartwigs Blick wurde neugierig.
    Arno musste unwillkürlich grinsen. Der Junge verehrte Heussgen wirklich.
    „Ich habe Post bekommen von meiner Base Appolonia Flender, ihrerseits Konventualin im Kloster Sankt Martin zu Augsburg“, rückte Palgmacher endlich mit der Sprache heraus. „Und die hält die jüngsten Schmähungen bereit, die dieser Schmarotzer von Scheinlampe-Hausschein von sich gegeben hat.“
    „Sachlich bleiben“, murmelte Hartwig in seinen nicht vorhandenen Bart.
    „Er will die Beichte abschaffen“, warf der Prior seinen vermeintlichen Trumpf ab.
    Das Schnauben, das Hartwig ausstieß, hätte Arno alle Ehre gemacht. „Das ist doch nicht neu! Und außerdem will er die Beichte

Weitere Kostenlose Bücher