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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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ist?“
    „Hartwig darf ruhig urteilen und mich feige nennen“, schwächte Arno freimütig ab. „Ich gebe es zu: Ich kämpfe nicht gern, und erst recht nicht, wenn ich nicht gewinnen kann. Aber solange ich meine Ziele trotzdem erreiche, kann ich damit leben. Denke ich.“
    Arno sah Hartwig geradeheraus an – und erntete schließlich doch ein Lächeln. Ein neuerliches Nicken. Nachdenklich. „Ja, ich denke auch. Wenn es wohl auch nicht mein Weg ist.“
    Wohl auch nicht Heussgens. Arno fragte ihn nicht. Nickte den beiden Jüngeren noch einmal zu, um endlich zum Essen zu schreiten.

Gottesdienst, Studium und Gebet
     
     
    Von Hartwig kommend, der heute im Skriptorium arbeiten wollte, trat Arno hinter Mathilda, die im leeren Klassenraum stehengeblieben war und sich fragend umsah.
    „Schwester Mathilda“, begrüßte er sie.
    Dieses sich ganz von allein in ihm ausbreitende Lächeln war wohl nicht zu unterbinden. Aber vielleicht war das naturgegeben? Dass eine Frau angelächelt werden musste? Sofern sie eine war. Bei der Örtlerin wirkte dieser Mechanismus natürlich nicht ... Genug jetzt!
    „Ave Maria, Pater Arno.“ Ihr Lächeln überhaupt nicht mehr schüchtern.
    „Bruder Georg ist unabkömmlich heute, Bruder Hartwig wird heute oben im Skriptorium arbeiten“, informierte er sie.  
    „Oh, ja ...“
    Ihr Gespräch während der Beichte stand plötzlich im Raum, und das war nicht zulässig. Rasch wandte Arno sich an seinen Platz und griff nach einem Papierstapel. Ein Beichtvater hatte ein anderer Mensch zu sein – nein, überhaupt kein Mensch. Die Beziehung, die ein Beichtvater zu den Büßenden hatte, war eine gesonderte, die nichts zu tun hatte mit dem normalen Umgang im sonstigen Leben. Es durfte weder geschehen, dass sich im Beichtstuhl persönliche Gespräche entwickelten, noch durfte das in der Beichte Gesprochene ins reale Leben hinübergenommen werden.
    Dieses Mädchen – so unentrinnbar menschlich – schien ihn, Pater Arno, in seinem Priestersein zu schwächen und ... zu menschlich zu machen. Das musste er unterbinden. Für die angemessene und notwendige Distanz sorgen.
    Heute jedoch würden sie mit der Lektüre beginnen, und da war seine Anwesenheit als Lehrer unumgehbar.
    „Deswegen müssen wir den Unterricht heute ausfallen lassen“, hörte er sich sagen.
    Es ging nicht anders, er konnte nicht verantworten, dass sie beide allein ...
    „Oh.“
    Jetzt war sie ganz verstört.
    „Ihr könnt die freie Zeit zum Anlass nehmen, Euch mit der Bibliothek vertraut zu machen. Wir sehen uns wieder am Montag zur gewohnten Zeit.“
    Ohne sich weiter um sie zu kümmern, verließ er den Klassenraum und stieg die Treppe zum Skriptorium hinauf. Wich zurück, als er erkannte, dass dort zwischenzeitlich eine beschauliche Diskussion entbrannt war. Johannes Heussgen am Türrahmen, Hartwig, an seinem Pult am Fenster und Wolfgang von Sandizell, lässig am Klausurgitter lehnend. Dahinter, kaum verwunderlich, seine Freundin und ehemalige Äbtissin, Ursula Klöbl.
    „Weißt du, Heussgen, wenn ich jünger wäre, würde ich ernsthaft darüber nachdenken, ob Luther in einigen Punkten nicht wirklich recht hat“, bekannte Wolfgang gerade freimütig. „Es ist allgemein bekannt, dass ich der Letzte bin, der die Machenschaften in Rom für göttliche Eingebungen hält.“
    „Kunststück!“ Die alte Nonne auf der anderen Seite kicherte. „Du hast eifrig mitgespielt, mein Lieber. Reist zweimal zum Papst und kommst jedes Mal mit einem neuen Kloster zurück.“
    „Und stehe noch heute tief in deiner Schuld, Verehrteste“, erwiderte der Angesprochene im selben neckischen Tonfall, „dass du, holde Mutter Klöblin, mich armen Sünder trotzdem immer wieder unter deine Fittiche genommen hast.“
    Arno war bereits auf dem Rückzug. Dieses Geschäkere der beiden Alten ging ihm entschieden auf die Nerven – erst recht jetzt, da ihm überhaupt nicht nach Gesellschaft zumute war.
    „Genau das ist die Frage, oder?“, mischte sich Heussgen mit erhobener Stimme ein. „Ist es legitim, dieselben entarteten Regeln anzuwenden wie die Spitze in Rom? – Pater Wayden, was meint Ihr dazu?“
    Der war schon wieder draußen gewesen, lief nun umso schneller die Stufen hinunter.
    „Ich habe sie mit ihren eigenen Waffen geschlagen“, hörte er Wolfgang sich schon wieder in die Brust werfen.
    „... und unser schönes Kloster ermöglicht.“ Wieder Ursula.
    Arno war in der Bibliothek angekommen – wo er ja auch nicht bleiben konnte. Also

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