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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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...“
    „Oder das nach Gott.“ Erstickt. Bitter. Schmerzerfüllt?
    Er war hochgeruckt. Sah sie sich mit einem unwilligen Ruck ein Auge wischen.
    „Das Verlangen nach Gott ist gewollt“, stellte er klar. „Das Verlangen nach Gott ist ein Segen, wenn die Liebe im Menschlichen versagt hat. Allein das kann dann unsere Seele trösten, wenn wir ansonsten nie wieder einen Menschen lieben könnten.“
    Mathilda starrte ihn an. Ihre Stirn in Falten. Misstrauisch? Sie durchschaut mich.  
    Ach was, er war der Priester! Er war derjenige, der diese Schriften verstand. Der die Liebe verstand. Sie lernte von ihm. Sie ließ sich von ihm erklären, wie Liebe war und sein sollte.
    „Bei mir war es umgekehrt.“
    Was? Was wollte sie sagen?
    „Der Mann, den ich heiraten wollte, hat sich für Gott entschieden.“
    „Wie?“ Er war es, der nun sie anstarrte.
    „Er ist in ein Kloster eingetreten.“
    Arnos Mund offen.
    Mathilda sah weg.
    Arno blinzelte, ungläubig. Seine Ungläubigkeit weg.
    Welche Ungläubigkeit? Er hatte es doch ebenso gemacht. Auch er war ins Kloster gegangen – um nie wieder eine Frau lieben zu müssen. Natürlich verstand er den jungen Mann, von dem Mathilda da sprach. Der war wie er. Zur göttlichen Liebe berufen, weil die irdische zu unvollkommen war.
    Mathilda sah er angestrengt schlucken. In diesem Fall war sie dabei verletzt worden. Jener Mann hatte seine Berufung über die ihre gestellt. Und das war ...
    „Er sagte, dass er mich trotzdem liebe. Nur eben Gott mehr.“ Sie holte tief Luft. Resigniert. Aber grimmig jetzt. Keine Spur von Trauer mehr. „Aber davon habe ich nichts, nicht wahr? Er ist nicht bei mir.“
    „Seine Liebe ist vom Menschen abgezogen. Sie ist jetzt ...“ Arno suchte nach dem richtigen Wort.
    „Göttlicher“, spie sie aus.
    Sie versündigte sich in ihrer Bitterkeit.
    „Ihr seht doch, dass auf die irdische Liebe kein Verlass ist. Indem wir unser Potential stattdessen auf das Göttliche richten ...“
    „Das ist doch eine Schlange, die sich in den Schwanz beißt“, unterbrach sie ihn heftig. „Dadurch, dass Sebastian sich für die vollkommene Liebe entschieden hat, hat er seine zu mir doch erst unvollkommen gemacht.“
    „Die irdische Liebe ist per se unvollkommen“, berichtigte Arno sie.
    „Aber das entscheiden doch wir Menschen. Wir haben doch in der Hand, wie wir lieben.“
    „Eva hat ihre Hand nach dem Apfel ausgestreckt!“
    Mathilda fiel in sich zusammen.
    „Gott hat Eva erschaffen, von der Ihr abstammt. Ihr habt Eva im Blut, Mathilda. Und Gott war so gnädig, Euch die Chance zu geben, das wieder gut zu machen. Indem Ihr Euch um Vervollkommnung Eurer Liebe bemühen dürft.“
    Stumm saß sie, mit leerem Blick.
    Er griff nach dem vernachlässigten Buch und schlug eine Seite um zum Ende des Kapitels. „'Kämpfe wie ein tapferer Streiter'“, ließ er seinen Finger auf die Textstelle niederfahren. „'Und wenn du manchmal aus Schwachheit fällst, so steh mutig wieder auf und sammle neue, größere Kräfte. Du musst ...'“
    „So ist die Welt?“, fiel sie ihm ins Wort. „So wollt Ihr sie hier haben?“ Jetzt eher müde als bitter.
    Arno sah auf. „Wie?“
    „Dass es immerzu heißen muss: 'Du musst! – Du musst! – Streng dich an! – Du musst es SO machen!'“ Ihr Blick war gequält. „Kann es nicht einfach so sein, wie es ist? Der Mensch und die Liebe und alles?“
    „Nein“, bestätigte Arno. „So kann es nicht sein.“
    „Warum dürfen wir nicht sein, wie wir sind?“, beharrte sie mit schmalen Lippen.
    „Weil wir Menschen sind und von vornherein sündige Wesen. Die ungehorsame, sündhafte Eva. Der schwache Adam, der sich von ihr verführen lässt. Schaut Euch um in der Welt. Überall Unrecht, von Menschen begangen, überall lauert das Böse. Wenn wir aufhören, unser Augenmerk darauf zu richten, das zu überwinden zu versuchen, bahnt sich die Sünde ihren Weg. Wir müssen gegen unsere Erbsünde kämpfen!“
    Er hatte ihr klargemacht, dass es nichts zu widersprechen gab. Sie musste die Welt so annehmen, wie sie war.
    Den Kopf schwer in die Hand gestützt, schwieg sie eine Weile. Bis sie abrupt wieder zu sprechen begann: „Ihr meint, indem ich eine Frau bin, kann man mich nur unvollkommen lieben?“
    „Äh ...“ Ja, das ist richtig. So hat Gott die Menschen erschaffen. Und deshalb habe ich mich gegen Aurelia entschieden.
    „Aber ich habe gar nichts Sündhaftes getan“, begehrte Mathilda heftig auf. „Ich habe ihn einfach nur

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