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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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– gescheiterte, gebrochene Eva – und schon wieder bereit, sich mit aller Energie in die Verfolgung ihres Zieles zu stürzen. Zu lernen, anders zu sein, als Gott sie geschaffen hatte. Siehst du nicht, dass das aussichtslos ist, Mädchen? Das Gefühl hatte sich verwandelt, nun schien es sämtliche Regungen aus seinem Gesicht zu ziehen und eine leere Maske zurückzulassen.
    „Das lesen wir morgen“, sagte er nur.
    Selbst das war gelogen. Morgen würde er sich von ihr fernhalten. Er konnte einfach nicht zulassen, dass er durch den Umgang mit ihr ... Ja, was denn überhaupt?

Dienstag, 25. Oktober 1521
    Befragungsfragen
     
    Tochter, es liegt etwenn unter einer guten Gestalt ein Strick der Falschheit, und die Unachtbarkeit künftiger Ding trügt ihr viel. Darum, so komm nach etlichen Monaten wieder zu uns und erzeig uns dein Begierd, ob sie beherzt im Guten.
    Aus den Klosterregeln der Heiligen Birgitta
     
     
    So unerwartet erträglich die letzten drei Tage auch gewesen waren, der Gedanke an die bevorstehende Befragung, die im heutigen Kapitel stattfinden würde, versetzte Mathilda wieder in Angst und Schrecken. Niemand hatte sich bisher die Mühe gemacht, ihr zu erklären, worum genau es gehen würde. Dass sie sich ihrerseits nicht erkundigt, weil sie es im Zuge der Aufregungen ihrer Eingewöhnung hier schlicht vergessen hatte, machte es leider auch nicht einfacher.
    Erst Mutter Örtlerins Worte nach Sexta: „Am heutigen Nachmittag entfällt der Unterricht für dich. Geh in deine Kammer und bereite dich auf deine Befragung vor“, hatten ihr den anstehenden Termin wieder ins Bewusstsein gebracht.
    Und da saß sie nun, alleine mit ihren Gedanken. Wenn es nicht sündig gewesen wäre, hätte sie am liebsten geflucht, so sehr ärgerte sie sich, es verpasst zu haben, Katharina danach auszufragen. Was würde die Äbtissin von ihr wissen wollen? Wie sie zu Gott stand vielleicht?
    Sie liebte Gott. Hatte sich ihm immer nah gefühlt. Gott war immer so selbstverständlich dagewesen wie ihr Vater. Und ihre Mutter war schließlich lange schon bei Gott, niemals wäre ihr etwas anderes in den Sinn gekommen. Ihr ganzes bisheriges Leben war er überall präsent gewesen. Angefangen vom Morgengebet nach dem Aufstehen, über die kurzen Gebete vor dem Essen bis hin zur heiligen Messe sonntags in der Pfarrkirche.
    In Gut Niederhof gab es eine Kapelle zum Beten, und dort hatte auch der eigens dafür aus Rotenberg angereiste Priester, Vater Sigismund, ihr die monatliche Beichte abgenommen. Sonntags zum Gottesdienst jedoch waren Mathilda und ihr Vater immer zu ihm in die Pfarrkirche gefahren.
    Gott zu dienen mit all ihrer Kraft, wie es hier hieß, hätte sie von sich aus nie in Erwägung gezogen. Erst nachdem Sebastian ihren Vater sozusagen dazu gezwungen hatte.
    Sie konnte der Äbtissin doch wohl kaum erzählen, dass sie nur hierher gekommen war, weil es für sie keine andere Wahl gegeben hatte.
    Und doch war es die Wahrheit. Für sie hätte es völlig gereicht, ein unbeschwertes, glückliches Leben auf der Erde zu führen – und Gott über sich zu wissen, der sie schützte und liebte. Ohne sie einzuschränken. Erst, als ihr Weg bereits festgestanden hatte, war ihr der Gedanke gekommen, wie egoistisch das eigentlich gewesen war. Sie hatte immer von Gott genommen. Hier wurde von ihr verlangt, ihm auch etwas zurückzugeben. Indem sie sich anstrengte, ihr Bestes gab und ihr Leben ihm weihte. Das hörte sich doch eindeutig gerechter an als ihre frühere Art zu glauben.
    Wie auch immer: Sie war mit dem ganz festen Vorsatz gekommen, alles richtig zu machen und eine gute Nonne zu werden.
    Doch hatte sich inzwischen alles, was ihr zuhause noch einfach und klar vorgekommen war, als außerordentlich schwierig herausgestellt. Eine gute Nonne fragte nicht, redete kaum, hielt sich an die Ordensregeln und selbstverständlich auch an die zehn Gebote. Eine gute Nonne machte alles mit, ohne sich auch nur den geringsten Gedanken darüber zu machen, ob es Sinn hatte. Weil sie einfach in jeder Hinsicht gehorchte. Eine gute Nonne war so ziemlich das Gegenteil von dem, was Mathilda war und sein konnte.
    Musste sie also heute Nachmittag lügen? Wissentlich nicht nur eine Regelübertretung, sondern eine richtig schwere Sünde begehen, wenn sie entsprechend befragt würde?
    Nein, schüttelte sie den Kopf. Sie musste unbedingt vorher herausbekommen, welche Fragen ihr gestellt würden, damit sie notfalls zur Äbtissin gehen könnte, um ...
    Um was? Ihr zu sagen,

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