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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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geliebt.“
    „Nichts Sündhaftes?“, hakte Arno nach. „Und was ist mit dem Apfel in Eurer Hand?“ Streng und anklagend. Sie musste aufhören, die irdische Liebe zu verklären.
    „Apfel?“, blinzelte sie verwirrt.
    „Wenn dieser Mann und Ihr euch geliebt habt, werdet Ihr für ihn die Eva gewesen sein.“
    Wie konnte sie vorgeben, ihn noch immer nicht zu verstehen? Ärgerlich hatte er sich aufgerichtet. Gut, wenn sie es so wollte, dann würde er sie jetzt direkt fragen. Er war ihr Beichtvater, auch wenn sie sich im Augenblick nicht im Beichtstuhl befanden. Er war für ihr Seelenheil verantwortlich, auch jetzt. Gerade jetzt, da es um den Kern der menschlichen Sünde ging, derer sie sich angeblich noch so wenig bewusst war: „Habt Ihr Euch etwa keinem sündhaften Begehren hingegeben?“
    „Nein!“
    Ihr Trotz erinnerte ihn stark an Katharinas. Warum soll es falsch sein, dass ich sie umarmen möchte? Es nimmt Gott doch nichts weg, wenn wir uns berühren. Was soll denn Teufelswerk sein daran, dass ich sie liebe?  
    „Ihr habt Euch nicht ...?“ Er brach ab. Blickte sich verstohlen um. Was zum ... tat er hier? Er musste diese zweifelhafte Befragung auf der Stelle beenden.
    Georg gab vor, intensiv in seinen Text versunken zu sein – aber das war kaum zu glauben.
    Mathilda und Arno waren nicht im Beichtstuhl. Es war nicht recht, wenn er es sie hier beichten ließ. Und eigentlich wollte er es auch gar nicht wissen.
    „... geküsst?“
    Das hatte sie gesagt. Ihn zusammenzucken lassen. Was ...?
    Weiteratmen. Sie denkt nur an Küsse, das beweist, dass sie unberührt ist. Was ihn nicht zu interessieren hatte, und das tat es ja auch gar nicht. Gott dagegen natürlich schon.
    „Nein, wir haben uns nicht geküsst“, verblüffte sie ihn im nächsten Moment erneut. „Wir haben uns geschrieben.“
    Arno starrte sie an. „Wie, Ihr ...?“ Brach ab.
    Was tat er hier? Sie verhören? Seine Neugierde befriedigen? Er bekreuzigte sich in Gedanken. Vergib mir, Vater, ich werde zu dir kommen und beten, wenn dies hier vorbei ist.  
    „Wir haben uns als Kinder gekannt“, erzählte sie vertrauensvoll. „Es war immer klar, dass wir miteinander verheiratet werden sollten. Und deshalb schrieben wir uns regelmäßig. Er ist der erste Mann, den ich ... Wir haben uns immer wunderbar verstanden, wir waren uns so nah, versteht Ihr? Wir schrieben dem anderen unsere Gedanken und Gefühle – und das, was wir lasen, sagte dasselbe. Wir waren füreinander bestimmt.“ Sie hielt inne, diesem Ausspruch nachlauschend. Schüttelte dann heftig den Kopf. „Das dachte ich nur. Er jedoch eröffnete mir eines Tages, dass seine wahre Bestimmung sei, Gott zu dienen.“ Sie wandte sich ab.
    „Das tut mir leid. – Also für Euch.“
    Sie lachte freudlos. Ihre Augen noch immer anderswo.
    Es stimmte ja. Das Leben war nicht gerecht.
    Ihr Zopf war nach vorn gerutscht, und das intensive Blond ihrer Haare bildete einen ungewohnten Kontrast zum dunkelgrauen Rock. Lang waren sie, fielen ihr bis in den Schoß. Bestimmt hatte sie sie ihr ganzes Leben lang wachsen lassen, schon als kleines Mädchen, als sie Hand in Hand mit dem Jungen, den sie sich als ihren späteren Ehemann vorgestellt hatte, auf dem Grafengut ihres Vaters herumgelaufen war. Und all diese Jahre, ihr ganzes Leben sollte nun abgeschnitten werden, damit es unter einem Schleier Platz hatte?
    Er ruckte hoch, als er das tiefe Schweigen registrierte, das sich im Klassenzimmer ausgebreitet hatte. Auch durch Mathilda ging ein Ruck, sie ergriff ihren Zopf und schleuderte ihn zurück auf den Rücken. Arno erhob sich.
    „Ich muss hinüber zu Bruder Georg“, erklärte er schnell. „Wir lesen morgen weiter.“
    Da sah sie auf – und lächelte?
    „Morgen möchte ich eine andere Stelle.“
    Der neu erwachte Eifer in ihrer Stimme wollte ihn ebenfalls lächeln machen. Sie hatte sich erneut regeneriert. Sich von der Enttäuschung durch diesen Mann distanziert. Zumindest für den Augenblick.
    „Nämlich?“ Seine Augenbraue schon wieder. Er presste seinen Zeigefinger auf seine aufmüpfige Stirn. Er musste konsequenter sein.
    „;Was es heißt, Jesus über alles zu lieben'. Welche Ihr anfangs vorgeschlagen habt.“ Sie hob das Kinn. „Das ist es doch, was ich lernen muss. Nicht wahr?“
    Du unverbesserliche Optimistin! Da gab es keinen Grund zu lächeln. Auch wenn das Gefühl, das unterhalb seiner Brust entstanden war, ihm das zu unterlassen schwer machte.
    Wie machte diese Frau das? Eben noch am Boden

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