Und führe uns nicht in Versuchung: Kriminalroman (German Edition)
umbringen wollte. Schließlich hatte ich ihn nicht erpresst wie die Marlis und der Roidl. Und jemand einfach mal vorbeugend umzubringen, fand ich reichlich überzogen.
Ein frischer Wind brachte uns alle zum Frösteln, aber im Prinzip waren wir froh, endlich hier zu stehen, »damit die Warterei endlich ein End hat«, wie die Rosl gesagt hatte. »Des hat doch koa Taug. Ewig die Leichen einfrieren.«
»Man hätt s’ ja schon mal einäschern können«, schlug Anni vor.
»Ach geh«, sagte die Rosl neben mir. »Die von der Pathologie wollten ja noch einmal nachschauen, ob des alles passt. Da kannst doch noch ned alle einäschern.«
Alle nickten verständig und sahen sehr pietätvoll aus.
»Außerdem«, gab meine Großmutter zu bedenken, »was hättest dann mit der Urne gemacht? Daheim hing’stellt, oder was?«
Ich kniff die Augen zusammen und hoffte, dass ich dadurch auch weniger hörte.
»Mei, in Amerika, da machen s’ des«, erklärte die Mare. »Eine Großtante von mir, die ham s’ eingeäschert und zu Hause aufs Fensterbrettl g’stellt und dort vergessen.«
»Ah geh«, sagte Großmutter böse. »Die alte Leni ham s’ doch ned vergessen.«
»Freilich«, beharrte die Mare auf ihrer Geschichte. »Da steht’s heut noch. Drunter ham s’ die bayerische Fahne ausgebreitet. Die is schon drei Jahr tot, und bis heut ham s’ sie ned zu ihrem Mann ins Grab rein.«
Na ja. Immerhin stand sie auf einer bayerischen Fahne.
»Die in Amerika wieder«, sagten die Rosl und Großmutter und schnalzten synchron mit der Zunge.
»Wie kann man nur. In dem Alter«, sagte die Langsdorferin und schob mir ihr Gehwagerl in die Kniekehle. Sie hatte wohl nicht gehört, dass es um die Leni in ihrer Urne ging. »Mit dem Auto einhundertsechzig fahren.«
»Das hat doch mit dem Alter gar nix zu tun«, erklärte die Mare. »In der Zeitung ist g’standen, dass die Schallerin den Schorsch abhängen wollte. Da musst halt ein bisserl aufs Gas gehen.«
Das hatten alle gelesen. Einer der wenigen Artikel, den der Kare nicht von Wikipedia hatte.
»Des hab ich auch g’lesen«, sagte die Langsdorferin. »Und wenn s’ ned mit einem Müllwagen zamg’rauscht wär, dann hätten sie die nie erwischt.«
»Ich hab noch immer ned verstanden, wieso er unbedingt meine Kugeln im Garten zamschießen hat müssen«, beschwerte sich die Reisingerin. »Des kostet ja was.«
Das mit den Kugeln wusste ich schon, aber ich verkniff mir, es zu erzählen. Max nahm nämlich an, dass der Schaller total Muffensausen bekommen hatte, weil Anneliese behauptet hatte, die Polizei mache einen DNA-Test. Und er hatte sich überlegt, dass er sagen könnte, er habe nur auf die Kugeln geschossen und nicht auf mich. Und weil er halt so schlecht sah, hatte er zehn Meter danebengeschossen.
Jaha. Der schoss ganz schön gut, wenn er alle Kugeln perfekt zerschossen hatte.
Der Schaller war wirklich ein ausgebuffter Hund.
»Na ja. In dem Alter. Da werden manche Leut halt komisch«, sagte die Mare und bekam dafür ein paar glutvolle Blicke aus den Reihe derer, die demnächst auch so alt waren wie der Schaller.
Als der Roidl und die Marlis endlich unter der Erde waren, gingen Großmutter und ich Arm in Arm vom Friedhof.
Das Leben ist schön, dachte ich mir. Bestimmt würde draußen der Max auf uns warten. Der Rosenmüller eilte an uns vorbei, zwinkerte Großmutter zu und sagte noch: »Bis nächste Woche.« Als er mit wehender Kutte in die Aussegnungshalle abgebogen war, seufzte ich schwer auf.
»Weißt, Oma. Das mit dem Handauflegen. Das versteh ich nicht, dass der Rosenmüller das will.«
Großmutter sah mich verständnislos an.
»Ich mein ja nur. Es gibt doch Medikamente, oder.« Da brauchte sich doch Großmutter nicht so reinzuhängen.
»Der Rosenmüller lässt sich die Hand auflegen?«, fragte Großmutter und schnalzte mit der Zunge.
Ich sah sie von der Seite an. »Ja. Freilich. Von dir.«
»Von mir?«, wollte Großmutter wissen und schüttelte den Kopf. »Verzähl fei diesen Schmarrn nicht den anderen Kirchenrutschn. Die glauben des glatt.«
Mir blieb der Mund offen stehen. Immerhin hatte ich die Info von den Kirchenrutschn.
»Was machst du denn dann beim Rosenmüller?«, wollte ich wissen.
»A bisserl bügeln«, erklärte Großmutter. »Als wenn ich irgendjemand die Hand auflegen würd.«
Das war mal wirklich eine gute Nachricht.
Draußen stand Max. Er hatte einen ziemlich glutvollen Blick drauf, als er mich sah. Ich wollte lieber nicht wissen, was das zu
Weitere Kostenlose Bücher