Und führe uns nicht in Versuchung: Kriminalroman (German Edition)
sagte Großmutter.
»Und was hat es zu bedeuten, wenn unser Grab nicht geschändet ist?«, fragte ich irritiert. Dass wir nicht bedeutend genug waren? Dass in unserem Grab nur eine ganz harmlose alte Dame namens Wild lag?
»Der Letzte, der übrig bleibt, ist der Grabschänder«, behauptete Großmutter.
So ein Schmarrn, dachte ich mir. Da würde ich ja gleich losziehen und unser eigenes Grab schänden, sicherheitshalber.
»Die Kreszenz ist doch nicht normal«, schlug ich vor. »So freundlich, wie die ist.« Ich wandte mich an den Maarten. »Morgen zeig ich dir, wer die Kreszenz ist, und ihre Mutter, die Zenz, lernst dann auch gleich kennen. Dann kannst du ermittlungstechnisch mal richtig zuschlagen.«
Max verdrehte die Augen, und Großmutter sah mich böse an.
»Bin ich nicht normal, nur weil ich freundlich bin?«, fragte sie beleidigt und sehr hochdeutsch.
Da saß ich jetzt gewaltig in der Diplomatiepatsche. Ich konnte ihr jetzt schlecht sagen, dass sie nicht annähernd so freundlich war die die Kreszenz. Von der Kreszenz hörte man ja nie ein schlechtes Wort, die konnte sogar noch freundlich Entschuldigung sagen, wenn ihr jemand auf die Füße stieg. Davon war Großmutter meilenweit entfernt. Die sagte dann schnell mal: »Pass halt auf, du datscherter Uhu, du datscherter.«
»Hm«, sagte ich deswegen, als wäre ich auf jeden Fall ihrer Meinung.
»Des hat die von ihrer Mama«, sagte schließlich Großmutter. »Die ist ja auch so was von freundlich. Wie lange die oft unterwegs ist, immer mit einem Packerl Kaffee dabei.«
»Packerl Kaffee«, sagte ich zu Maarten. »Die Zenz hat immer eine riesige Tasche dabei, wo sie ungeheuerliche Mengen an Kaffee und eingeweckten Gallensteinen drinhat. Und wenn man nicht aufpasst, schwupps, kriegt man’s geschenkt.«
»Ins Altenheim geht s’ alle bind«, erzählte sie Max.
»Ständig«, übersetzte ich für Maarten. »Ständig geht sie mit Kaffeepackerln ins Altenheim.« Die alte Kreszenz-Mama arbeitete praktisch aktiv an der greisenhaften Bettflucht.
»Deswegen schlafen die auch nie, im Altenheim«, behauptete ich, um Max ein wenig aufzumuntern.
»Schmarrn«, sagte Großmutter. »Die werden jetzt deswegen ned schlafen. Die kauft doch Schonkaffee.«
Max sah aus, als würde er in einer Runde Außerirdischer sitzen und sich Gespräche über intergalaktischen Kaffeekonsum anhören. Und Maarten nickte zuvorkommend, obwohl er auch keine Ahnung zu haben schien, worum es ging. Fürsorglich tätschelte ich Max das Knie.
»Und, ham S’ ihn schon?«, fragte Großmutter kauend weiter, diesmal an Max gerichtet.
»Den Mörder«, fügte ich hinzu, damit auch Maarten verstand, um was es ging.
»Welchen Mörder?«, fragte Max und stand auf, um sich noch ein Stück Brüstl vom Grill zu spießen.
Ich verdrehte die Augen. »Wer hat eigentlich dieses fette Brüstl gekauft? Das verstopft einem die Arterien ja allein vom Anschauen«, probierte ich es mit bekloppten Gegenfragen.
»Die Frau Roidl hat sich vermutlich selbst erschossen«, erklärte der Maarten.
»Ach, Schmarrn«, sagte Großmutter selbstsicher. »Die Marlis doch ned.«
»Sie hatte Schmauchspuren an der Hand«, verplapperte sich Maarten und sah dann schuldbewusst zu Max hinüber, da er mit Sicherheit die Anweisung hatte, uns nichts zu erzählen.
»Nur weil sich die Marlis ned g’scheit die Hände wascht, heißt des noch lang ned, dass sie sich selber derschießt.«
Ich verdrehte die Augen. Großmutter wieder, keine Ahnung von polizeilichen Ermittlungen. Aber ich durfte nicht so gemein sein, immerhin nahm sie mir wunderbar die Ermittlungsarbeit ab, und ich brauchte mich in gar kein Fettnäpfchen zu setzen.
»Genau«, nickte ich deswegen beifällig und versuchte, nicht zu grinsen.
Max sah von seinem Teller auf und warf mir einen misstrauischen Blick zu.
»Die Marlis konnte nicht mal Schweineaugen im Biounterricht sezieren«, erklärte ich entschuldigend. »Die würde sich nie und nimmer selber umbringen.«
»Und den Anton auch nicht«, fügte Großmutter hinzu.
Nun ja, dafür würde ich nicht die Hand ins Feuer legen. Gerade die Geschichte mit dem Swingerklub hätte ich ihm persönlich auch ganz schön übel genommen. Wenn er mein Mann gewesen wäre, meine ich. Aber wenn sie sich nicht selbst umgebracht hatte, dann war die logische Schlussfolgerung, dass der Roidl Anton auch von einem Unbekannten erschossen worden war.
»Die hatte auch gar keine Waffe«, erklärte sie dem Max. »Und der Roidl auch nicht. Der war
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