Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und führe uns nicht in Versuchung: Kriminalroman (German Edition)

Und führe uns nicht in Versuchung: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Und führe uns nicht in Versuchung: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
Vom Netzwerk:
meist so stark alkoholisiert, dass einem selbst ganz schummerig wurde, wenn man ihm zu nahe kam. Und die Eichingerin, die keifte so schrill, auch wenn sie gar nicht böse war, dass man nahe an einen Hörsturz herankam.
    Es gruselte mich trotzdem ziemlich, weil sie nämlich ihren alten Vater untergehakt hatte.
    Die beiden stellten sich mir in den Weg, die Kreszenz mit ihrem allerfreundlichsten Lächeln, und der Schaller beugte sich so weit nach vorn, wie es nur ging, und sagte: »Ja mei, die Wild Liesl. Dich hab ich ja schon lang nimmer g’seh’n.« Heute hatte er noch zusätzlich ein schwarzes Käppi auf dem Kopf mit der Aufschrift »Chicago Bulls«. Für einen Moment verschwamm die Aufschrift, vermutlich weil ich kurz davor war, prophylaktisch ohnmächtig zu werden.
    Es machte mich auch etwas stutzig, genau vor unserem Gartentürl auf die Kreszenz zu stoßen. Dort hielten sich Kreszenz und ihr Vater für gewöhnlich nämlich nicht auf. Vielleicht litt ich ein wenig an Verfolgungswahn, aber es sah fast so aus, als würde sie mir hier auflauern. Und ich kann es prinzipiell nicht leiden, wenn man mir auflauert.
    »Die Liesl«, sagte sie mit einem übertrieben liebenswerten Lächeln, und der Schaller fragte neben mir übertrieben laut: »Wer?«
    »Die Wild Liesl«, sagte die Kreszenz lauter und hatte einen Blick drauf, als würde sie mir gleich eingemachte Mirabellen überreichen.
    »Grüß Gott«, sagte ich brav und lächelte übertrieben liebenswert zurück, auch wenn das der Schaller nicht mitbekam. Noch zwei Sätze, und dann hätte ich die passende Ausrede parat, garantiert.
    »Und, wie geht’s der Wawa?«, fragte sie.
    Die Wawa war meine Großmutter.
    »Mei«, antwortete ich. Das war der erste Satz.
    Ich starrte auf eine halb und eine ganz gerauchte, selbst gedrehte Zigarette, die vor unserem Gartentürl lagen. Das war etwas, was der Schaller konnte, obwohl er halb blind war, sich selber seine »Zigarettln« drehen. Und das war auch der Beweis, dass die mir hier wirklich aufgelauert hatten.
    »Alt is g’worden.« Sie war wirklich exakt wie ein Wollschweber. Bestimmt würde sie in der nächsten Sekunde ihre parasitischen Eier abschießen. Sie schien von meinen unseligen Gedanken nichts zu bemerken, denn sie lächelte ihr Heilige-Mutter-Gottes-Lächeln.
    »Wie geht’s denn der Wawa?«, trompetete der Schaller und kam mit seiner spitzen Nase näher.
    »Gut«, antwortete ich mit einem seligen Lächeln. Das war nämlich der zweite Satz. »Ich muss bloß schnell weiter. Wegen den Hunden, die müssen raus.« Die bieseln mir sonst nämlich bei der Reisingerin ans Gartentürl.
    »Was hat s’ g’sagt?«, schrie der Schaller seine Tochter an.
    »Sie muss weiter. Sonst bieselt ihr der Hund ins Haus«, schrie die Kreszenz zurück.
    Sie lächelte noch immer süßlich, während ich mich rasch an ihr vorbeidrängelte.
    »Wissts schon was Neues von der Marlis?«, rief sie mir nach.
    »Nein …«, rief ich zurück und sah, dass ich weiterkam. Jetzt wusste ich auch den eigentlichen Grund von der Kreszenz ihrem Spaziergang. Die blanke Neugierde. Anscheinend hatten sie beim Metzger überhaupt keine neuen Infos, und da musste dann einer vor unser Gartentürl gehen und schauen, ob hier nicht was zu holen war. Vor mir ging die Haustür auf, und Maarten sah mir entgegen.
    Hinter mir hörte ich den Schaller noch einmal fragen, wer denn das gewesen sei, und die Kreszenz schrie so laut: »Die Lisa Wild«, dass bei der Reisingerin das Küchenfenster aufging.
    »Is die ned g’storben, vor Kurzem?«, brüllte der Schaller seine Frage.
    »Ah geh. Papa. Die Liesl ist doch erst Mitte zwanzig. Wieso sollt die denn sterben?«, trompetete die Kreszenz zurück.
    Mich überlief so etwas wie ein Schauder. Irgendwie fand ich es nicht o.k., sich bei anderen vor den Gartenzaun zu stellen und solche Ungeheuerlichkeiten zu brüllen. Ich beschleunigte meine Schritte, damit ich den Rest nicht hören musste. Trotzdem hörte ich die Antwort vom Schaller. »Mir wär’s so g’wesen«, brüllte er zurück. »Mir wär’s so g’wesen, als wär s’ g’storben.«
    Depp. Der Schaller war ein g’spinnerter Depp, ein g’spinnerter, dachte ich mir böse. So einen Schmarrn vor unserem Garten zu brüllen, das war ja fast noch schlimmer, als wollschweberartig Eier abzuschießen.
    Ich drängte Maarten in die Wohnung und knallte die Tür zu.
    »Der Depp, der blöde«, sagte ich laut. »Das war der alte Schaller. Du weißt schon. Der Opa vom Anderl. Hast du da

Weitere Kostenlose Bücher