Und führe uns nicht in Versuchung: Kriminalroman (German Edition)
war, wählte ich schnell Annelieses Nummer, um ihr die Neuigkeit vom »Dings« zu erzählen.
»Dings?«, fragte sie verständnislos. »Und wer soll das gewesen sein?«
»Ich dachte, du weißt es vielleicht«, erklärte ich ihr. »Er hat einen strassbesetzten Leopardentanga angehabt.«
Am anderen Ende der Leitung war eine Weile ehrfürchtiges Schweigen.
»Leopardentanga?«, wiederholte sie schließlich. »Aber wer soll das denn gewesen sein?«
»Keine Ahnung«, antwortete ich mürrisch. »Ich dachte, du weißt vielleicht was. Ich kenne keine Männer, die Leopardentangas tragen.« Und würde hoffentlich nie einen kennenlernen.
»Weißt du was, wir gehen jetzt bei der Marlis Blumen gießen. Wir treffen uns in einer Viertelstunde vor der Haustür.«
»Ich hab keine Zeit«, log ich.
»Ach geh. Des dauert nicht lang. Hat ja die Polizei schon gesucht.«
»Dann kannst ja auch alleine suchen.«
»Ich fürcht mich aber«, gab Anneliese zu.
Ich war einfach zu gut für diese Welt.
»O.k. Aber nur eine halbe Stunde. Und denk über den Leopardentanga nach.«
»So einen, wo dann ein Leopardenbeutelchen zwischen den Beinen hängt?«, kicherte sie.
Pfui Teufel.
»Keine Ahnung, ich hab ihn nicht gesehen«, erinnerte ich sie. »Wenn dir dazu was einfällt …«
Anneliese begann zu lachen.
»… wer’s sein könnte«, erklärte ich mich ärgerlich, aber sie lachte einfach weiter. Wütend drückte ich das Gespräch weg.
Anneliese hatte natürlich noch ihre Tochter mit dabei. Dass es unauffälliger ist, hatte sie gesagt. Schmarrn, unauffällig. Wahrscheinlich würde jeder wissen, was wir taten.
Der Roidl und die Marlis hatten ein wirklich schmuckes Einfamilienhaus am Ortsrand gehabt. Das hätte ich ihnen gar nicht zugetraut. Sie hatten sogar Deko auf den Treppenstufen stehen. Der Postkasten quoll über, und Anneliese nahm alles mit hinein, so als wären die beiden nur auf Urlaub und kämen bald wieder. Ich zog mir die Gummihandschuhe von meiner Großmutter an, die mir viel zu schmal waren, und blätterte die Briefe durch.
Anneliese ging inzwischen durch die Wohnung und begann Blumen zu gießen.
Die Briefe waren allesamt uninteressant.
Ich folgte Anneliese und ihrem Bienerl und gruselte mich. Das Wohnzimmer war komplett neu eingerichtet und sah sehr nach einem schwedischen Einrichtungshaus aus. Angewidert blieb ich vor einer Magmaleuchte stehen und versuchte den Gedanken daran zu verdrängen, dass Annelieses Mann ebenfalls so eine penisförmige Peinlichkeit besaß.
»Und? Hast du schon was gefunden?«, fragte ich.
»Ja. Der Roidl hatte eine ganze Schublade voller Pornos.« Anneliese hielt ihrer Tochter die Ohren zu. »Hardcore. Stell dir das mal vor.«
Ich zuckte mit den Schultern.
»Das bringt uns jetzt aber auch nicht weiter«, murrte ich.
»Wir brauchen Briefe, Nachrichten, Post-it-Zettel. Oder so was.«
Am besten die Nachricht: Schatzilein, wir treffen uns im Wald. Dort ist die Übergabe der Plutoniumbombe an die Mafia geplant.
»Das hat wahrscheinlich schon alles die Polizei mitgenommen.«
Sag ich doch. »O.k. Dann lass uns gehen.«
»Die Schränke«, erinnerte mich Anneliese und ging zielstrebig ins Schlafzimmer.
Oh je. Den Schlafzimmerschrank hatten sie anscheinend von irgendeinem älteren Verwandten geerbt. Potthässlich.
»Das Dirndl gefällt mir«, sagte Anneliese neben mir, während ich noch den Schrankschock verdauen musste. »Das hat richtig fesch ausg’schaut. So neckisch.«
Ja. Und die Brüste waren immer aus der Auslage gehüpft. Furchtbar.
»Und da. Was ist denn das für ein greißliches Jackett.«
Bestimmt auch ein Erbstück von einem älteren Verwandten.
»Volltreffer«, jubelte Anneliese. Noch mehr Pornos, dachte ich, aber sie hielt mir, am Zeigefinger baumelnd, einen Tigertanga hin. »Roidls Tigerlily-Outfit«, hauchte sie mit erotischer Stimme.
Ich drehte meine Augen gen Himmel. Das wussten wir ja bereits, dass der Roidl sich schon ernsthaft über das Swingen den Kopf zerbrochen hatte.
»Aber ohne Strasssteinchen«, sagte sie enttäuscht und legte ihn wieder zurück.
»Und desinfizier dir die Hände«, riet ich ihr. »Können wir jetzt bitte gehen?«
Nachdenklich starrte Anneliese ihre Hände an, dann sagte sie: »Ach. Das Handy. Das wär doch was.«
»Dem Roidl seins hab ich im Wald verloren«, gab ich zu.
Anneliese schnalzte mit der Zunge. »Aber das von der Marlis.«
Sie ging zielstrebig los.
»Was ist?« Ich ging ihr nach, weil ich mich allein vor der Magmaleuchte
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