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Und führe uns nicht in Versuchung: Kriminalroman (German Edition)

Und führe uns nicht in Versuchung: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Und führe uns nicht in Versuchung: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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beobachtete ich die Zenz beim Verkaufen. Sie hatte ihre Haare zu einem grauen Dutt gerollt und bediente so schnell, dass es einem schummerig vor den Augen wurde. Ich bezweifelte, dass sie demnächst das holländische Krematoriumsangebot annehmen musste, so aktiv, wie sie war. »Des hamma glei«, sagte sie beispielsweise sehr gerne. Und es gab eigentlich auch sonst kein Problem, das sie nicht »gleich hatte«. Momentan war sie ja mit ihren Kaffeefahrten sehr aktiv, aber im Sommer, wenn es dann noch andere Feiern im Ort gab, ließ sie alle Fahrten ausfallen und backte auf Teufel komm raus.
    Vermutlich hatte sie ein Nervenleiden, das hat Großmutter schon immer gesagt.
    »Des Gezucke, des macht mich stocknarrisch«, hatte sie mir schon mehrfach erläutert. Und je mehr die Zenz in Stress geriet, desto schlimmer wurde es. Ständig kniff sie die Augen zu, ihre Schultern zuckten, besonders, wenn sie hoch konzentriert Kuchen geschnitten hatte. Denn beim Kuchenschneiden war das Gezucke gar nicht hilfreich. Sobald sie aber damit fertig war, zuckte sie eine Weile ganz wild, ohne etwas anderes zu tun. Dabei wackelte ihr Kopf, die Augen blinkerten und die Schultern zogen sich wie bei einer Marionette etliche Male nach oben.
    Ich versuchte, woanders hinzusehen, um nicht auch in wildes Gezucke zu verfallen. Jetzt war Großmutter dran. Obwohl sie schon längst hätte ausgesucht haben können, stand sie mit gerunzelter Stirn vor den Kuchen.
    »Ich weiß ned«, sagte die Zenz. »Vielleicht ist des Rheuma, oder Arthrose. Gestern war’s so schlimm, da konnte ich mich gar ned so bewegen wie sonst. Meinst, ich hätt so machen können gestern?«
    Zur Demonstration ihres Leidens riss sie das rechte Bein so hoch, wie ich es im Leben nicht gekonnt hätte.
    »Gar ned is des gegangen. Oder so machen …« Dabei ging sie mehrmals in die Knie und wippte locker, bis sie wieder aufstand. »Gar ned. Wahrscheinlich Rheuma.«
    Ihre Schultern begannen wieder heftig zu zucken, und ihre Augen ruckten und blinzelten.
    »Da kannst halt nix machen«, sagte Großmutter. »An manchen Tagen, da kannst froh sein, wennst überhaupt aus dem Bett rauskommst.«
    Das hatte ich ja noch nie gehört.
    »Was hast du denn da eigentlich an?«, wollte die Zenz von mir wissen. »Ist das eine Schutzwesten? Macht keine schöne Taille«, erläuterte sie mir. »Und recht farbenfroh ist des auch ned.«
    »Ja«, sagte ich verzweifelt.
    »Vielleicht hättest deine Tochter backen lassen sollen. Wenn’s dir so schlecht gangen ist«, sagte Großmutter.
    »Mei.« Sie zuckte schon wieder so heftig mit den Schultern, dass mir schummerig wurde. »So schlimm war’s auch wieder ned. Ich muss ja keine Kniebeugen beim Backen machen.«
    Ich heftete meinen Blick auf die Tür zur Geflügelausstellung, nur um meine zuckenden Nerven unter Kontrolle zu bringen. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass der Mane auf mich zusteuerte. Konnte Großmutter sich nicht schneller entscheiden?
    »Außerdem hat mir der Girgl g’holfen. Das Mehl hat er mir aus dem Keller geholt und die Eier geschlagen.«
    Der Girgl hilft seiner Großmutter, das war ja ein Ding.
    »Ja, der Girgl, des is ein ganz ein lieber Kerl. An dem Tag, wo einer auf die Lisa geschossen hat …« Ich wurde hellhörig. »… da hat er den Opa rausgefahren in den Wald. Wegen der Zaunlatten. Der Girgl macht alles für seinen Opa. Mei. Da könnten andere froh sein.«
    Was hieß hier, der Girgl machte alles für seinen Opa? Ich fuhr meine Oma auch ständig herum, und die Langsdorferin, mit ihrem Gehwagerl. Aber das wurde nie thematisiert. Außerdem, war das nicht der Anderl gewesen, der seinen Opa herumkutschiert hatte?
    Aus den Augenwinkeln sah ich den Mane noch immer auf mich zusteuern. Irgendwie hatte man manchmal den Eindruck, dass er eine Gesichtslähmung hatte, die ihn zwang, ständig sein riesiges, starres Lächeln im Gesicht zu tragen.
    »Mei. Der Girgl«, sagte Großmutter etwas kryptisch. »Den Bienenstich würd ich auch noch probieren.«
    »Ja. Der Girgl. So ein lieber Kerl«, erklärte die alte Zenz besonders laut und schoss mir einen bösen Blick zu, den ich wirklich nicht verdient hatte. Vielleicht war sie auch sauer, weil der liebe Girgl das Schießspektakel nicht hatte miterleben dürfen, und alles nur, weil er seinen Opa in den Wald fahren musste.
    Maarten lächelte neben mir die Zenz an und sagte im schönsten Ostfriesisch: »Eine Familie mit so einem tollen Zusammenhalt zu sehen, das ist wirklich wunderbar.«
    Was redete Maarten

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