Und führe uns nicht in Versuchung: Kriminalroman (German Edition)
Tierkäfige, damit ich Manes Augen nicht mehr sah. Es roch so penetrant nach ganz viel Hühnerscheiße, dass ich gar keinen Appetit auf mein Stück Kuchen mehr hatte.
»Wie war das jetzt noch mal mit dem Anderl?«, wollte Maarten wissen. »Dem gehört dieser fette schwarze Mercedes?«
Ich starrte in einen Kaninchenkäfig. »Ja.«
»Und als was arbeitet der?«
Als Schutzgeldeintreiber, Drogenbaron und Zuhälter.
»Keine Ahnung. Er will zu studieren anfangen.«
Neben uns blieben zwei Kaninchenzüchter stehen, und unser Gespräch verstummte.
»Da gibt’s halt welche, die gehen rein und bumm. Das sind die Besten«, behauptete der eine. »Du weißt schon, rein und bumm.«
Der andere sagte nichts. Anneliese war weit und breit nicht zu sehen.
»Rein und bumm, wenn s’ des gleich machen, das sind die besten. Nicht lang rumgehen und rundherum gehen. Und dann wieder schnuppern und dann wieder rundherum. Einfach rein und bumm. Das ist das Beste.«
Inzwischen hatte sogar ich begriffen. Komischerweise löste die Kaninchensexdiskussion bei mir weder Interesse noch Ekel, sondern spontanen Harndrang aus. Ich stopfte den Kuchen in mich hinein, obwohl ich den Eindruck hatte, dass er mir trocken und unauflösbar im Hals steckte. Aber nur nichts liegen lassen. Der Mann erklärte vielleicht zum zehnten Mal, was der Vorteil vom sofortigen »Bumm« war. Ich überließ die Kaninchen ihrem Schicksal und rannte mit Maarten Richtung Klo. Das war leicht zu finden, der Weg dorthin war nämlich mit uringelben Fliesen an der Wand gepflastert. Maarten verschwand auf dem Männerklo, und ich bog ins Damenklo ab. Plötzlich musste ich doch nicht mehr, weil das Klo in einem echt elenden Zustand war und diffuse Krankheitsgefühle weckte. Die Schaller Zenz konnte zwar gut Kuchen backen, aber um die Sauberkeit der sanitären Einrichtung kümmerte sie sich anscheinend nicht.
Ich wusch mir stattdessen sehr ausführlich die Hände. Da hörte ich vor der Klotür abrupt Schritte stoppen. Dann sagte eine Stimme schroff: »Ich bin mir sicher. Wenn ich’s dir sag.«
Der Mane. Ich hätte ihn beinahe nicht erkannt, so unfreundlich, wie der klang. Mein Herz bumperte ungleichmäßig, als die Kreszenz antwortete: »Ach geh. Wieso sollt sie denn des machen.«
Es trat eine kleine Pause ein, dann fügte sie hinzu: »Woher sollt sie denn des wissen.«
»Wenn ich’s dir sag. Des war der Wild Lisa ihr Auto. Direkt vor unserm Gartentürl.«
»Bist dir sicher?«
»Ja. Ich hab sie doch grad gesehen, beim Einparken. Und das war dasselbe Auto.«
Die beiden schwiegen für einen Moment.
»Und da fragst dich schon.«
Er sagte nicht, was er sich fragte, und die Kreszenz antwortete nicht darauf. »Mitten in der Nacht«, fügte er noch hinzu.
Meine Beschattung des Metzgers. Und was hieß hier mitten in der Nacht. Es war halb elf gewesen, das war nicht mitten in der Nacht. Außerdem hatte ich nicht ihn beobachtet, sondern den Metzger. Das musste doch irgendjemandem aufgefallen sein.
Die Stille dauerte so lange, dass ich in meinen Ohren Geräusche hörte, die exakt wie der Big Ben in London klangen.
»Aber wenn s’ was weiß …«, sagten beide gleichzeitig und hielten erneut inne.
Wenn ich was wusste? Am liebsten wäre ich aus dem Klo gesprungen und hätte geschrien, dass ich nichts wusste, rein gar nichts.
»Dann steht’s in der Zeitung«, sagte der Mane, und gleichzeitig sagte die Kreszenz: »Dann weiß es der Kommissar.«
Ich hatte einen blöden Job. Mein Freund hatte auch einen blöden Job. Und überhaupt, wo war der Maarten? Der konnte doch nicht ewig auf dem Klo sein! Der musste doch eigentlich VOR dem Damenklo stehen und mich bewachen!
Dann hörte ich wieder Schritte, und ich meinte noch zu hören, dass der Mane zu seiner Kreszenz sagte, dass man da doch schauen müsste. Dann ging die Tür auf, und ich starrte direkt in die Augen der Rosl. Die Tür ging wieder zu, und die Rosl sagte ziemlich laut: »Dass die da ned g’scheit putzen. Da graust’s dir ja.«
Und ich traute mich nicht aus dem greißlichen Klo, weil die beiden bestimmt noch immer vor der Tür standen und sich Gedanken darüber machten, was sie gegen mein Wissen, meinen Job und meinen Freund machen konnten.
»Ja«, erwiderte ich pflichtbewusst. »Da gehört sich wieder mal g’scheit putzt.«
Rosl ging ins Klo. Ich hörte nichts. Weder hinter der Klotür noch im Gang draußen. Waren die beiden schon wieder gegangen?
Vielleicht war der Mane ja der Mörder und trug heimlich seine
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