Und führe uns nicht in Versuchung: Kriminalroman (German Edition)
festen Überzeugung, dass ein Swingerklub die Wirtschaft ankurbeln würde. Ob so ein Swinger zur Stärkung erst einmal ein paar Knacker aus seiner Metzgerei essen würde, fand ich fragwürdig. Aber die Rosl und ihr Mann, die waren voll dagegen. Denn bei der Gemeinderatssitzung hatte der Mann der Rosl ganz vehement dagegen argumentiert. Wahrscheinlich stark von der Rosl beeinflusst, wollte er auf gar keinen Fall Sodom und Gomorrha in unserem Dorf haben. Und wahrscheinlich würde lauter Drogenbesteck herumliegen. Von den ganzen drogenabhängigen Swingern. Deswegen hatte er sich für die Renovierung unseres Bushäusls starkgemacht. Daraufhin war der Metzger ganz fies geworden und hatte darauf hingewiesen, dass es erwiesen sei, dass gerade Bushäusln die Drogenabhängigen anziehen würden. Swingerklubs dagegen die finanzkräftige Mittelschicht.
Vielleicht hatten die Marlis und ihr Mann aber einen Deal mit dem Anderl und dem Girgl. Und das SH bedeutete … Swinger. Haus. Oder so.
Maarten sah nicht so aus, als könnte man mit ihm gerade anständig über so etwas diskutieren, deswegen beschloss ich, dass mich das jetzt auch gar nichts anging. Ich überließ den weinerlichen Maarten meiner Oma und ging an meinen Laptop.
Ich las noch mal meinen Text. So, an dieser Stelle müssten jetzt die Tipps des Medienpädagogen rein. Zur Inspiration wollte ich ein wenig bei Facebook recherchieren. Ich suchte wieder meine Freundin Jenny Meier auf, die alles, was ihr auf der Seele brannte, der ganzen Welt mitteilte, und erfuhr, dass sie ja so einen Kohldampf habe und außerdem heute so ein wahnsinnig scheißblödlangweiliger Tag sei.
Mannometer. Ich suchte nach anderen Freunden und gab einmal ein paar Namen von Leuten ein, die ich kannte, angefangen von der Rosl und der Kathl, die nicht bei Facebook waren, und kam schließlich zu Anneliese Meier. Oh wow. Auch Anneliese war bei Facebook und hatte von Privatsphäre-Einstellungen noch nie was gehört. Ich überlegte schon, ob ich nicht jemanden anklicken sollte, der interessanter war, schließlich wusste ich ja alles über ihren Vaginalschleim, und es war nichts peinlicher, als zu erfahren, dass der Rest des Universums auch darüber Bescheid wusste. Aber Neugier hat etwas Zwanghaftes, deshalb las ich ein paar Einträge.
»Meine beste Freundin Lisa wirkt in letzter Zeit so distanziert«, hatte sie an ihre Pinnwand geschrieben. »Ich habe sie zweimal um Hilfe gebeten, aber sie scheint keine rechte Lust zu haben«, hatte sie vor ein paar Tagen reingeschrieben.
»Lisa zieht ständig mit einem anderen Mann herum, ich kann das gar nicht verstehen, dass sie ihre Beziehung aufs Spiel setzt. Ihr Freund Max ist so ein Netter.«
Wie bitte?
Eine MizziMinter schrieb zurück: »Manche Leute haben echt einen Vogel. Zu was hat man Freunde, wenn sie sich dann doch nur drücken.«
Blöde MizziMinter.
»Ja. Die Welt ist voller Arschlöcher«, erklärte jemand, der als Profilbild ein Clownsgesicht hatte und Shakespeares Zwerg hieß.
Anneliese Meier. Du hast ja wohl nicht mehr alle! In aller Öffentlichkeit so einen ausgemachten Schmarrn zu posten! Ich schnappte mir mein Handy und wählte Annelieses Nummer.
»Bist du jetzt total durchgeknallt?«, schnauzte ich sie an. »Was schreibst du bei Facebook für einen Quatsch über mich?«
»Ist doch nicht so schlimm. Liest doch eh keiner«, redete sie sich raus.
»Schmarrn! Die MizziMinter und Shakespeares Zwerg haben das sogar kommentiert!«, keifte ich entnervt. »Wer ist das überhaupt?«
»Keine Ahnung«, gab Anneliese zu.
Keine Ahnung? »Das sind aber deine Freunde!«
»Ja. Aber ich weiß trotzdem nicht, wer das ist.«
Es war eine Weile sehr still zwischen uns. Sie kannte ihre Freunde nicht. Na prima.
»Ich kann’s ja auch löschen«, lenkte sie ein.
»Von wegen löschen. Im Internet kannst du gar nichts löschen. Das steht da noch, wenn wir zwei schon längst tot sind.«
Es wurde wieder ganz still zwischen uns. Anneliese seufzte schließlich.
»Echt«, fragte sie, »auch wenn wir tot sind, kann des jeder nachlesen?«, während mich eine Idee durchzuckte wie ein Blitz.
»Hatte die Marlis einen Facebook-Account?«, wollte ich wissen.
»Ja. Die war sogar mit mir befreundet.«
»Ich komm zu dir rüber. Schalt schon mal deinen Rechner ein«, empfahl ich ihr und knallte den Hörer auf.
»Die gibt’s tatsächlich noch«, stellte Anneliese fest, während sie auf Marlis’ Seite herumscrollte. »Das ist total gruselig.«
»Die hat ja gepostet
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