Und führe uns nicht in Versuchung: Kriminalroman (German Edition)
längst weg.
Bei der nächsten Gelegenheit drehte ich um und hielt an. Eigentlich sollte ich einfach nach Hause fahren. Aber wo ich schon mal da war, konnte ich auch gleich die Hunde eine Runde laufen lassen.
Gerade im Wald hat man dummerweise gerne den Eindruck, dass jemand auf einen lauert. Denn meistens knackt es irgendwo hinter einem. Da meine tapferen Hunde hinter mir hertrotteten, waren sie der beste Schutz der Welt. Trotzdem war ich ziemlich erschrocken, als tatsächlich aus dem Hinterhalt eine Gestalt gewankt kam.
Ich zerrte beide Hunde in ein Gebüsch und wartete darauf, dass die Gestalt an uns vorbeizog. Mit ziemlicher Erleichterung stellte ich fest, dass es der Girgl war. Der Girgl ist ein harmloser und bemitleidenswerter Geselle, sagte ich mir, der von frühester Jugend an alle möglichen bewusstseinserweiternden Stoffe ausprobiert hat. Ich konnte das gut verstehen. Mit einer Mutter, die Blusen mit riesigen Erdbeeren trug, und einem Vater, der sich an anderen Leuten festsaugte, brauchte man hin und wieder etwas, das einen bei Laune hielt. Der Girgl hatte schon immer ein Faible für die Wald-und-Wiesen-Drogen besessen, irgendwelche grässlichen Schwammerln, die einen ziemlichen Flurschaden im Gehirn hinterließen. Er hätte vielleicht mit meiner Großmutter drüber reden sollen, die sagte nämlich immer, man solle nicht an der falschen Stelle sparen. Und so ein Schwammerl war halt nichts gegen den gekauften Stoff. Ich wusste natürlich nicht sicher, ob er deswegen so war, wie er sich jetzt zeigte … abgemagert und mit schlechten, schiefen Zähnen. Dabei fielen ihm die strähnigen Haare unvorteilhaft ins Gesicht. Das alles wäre noch gar nicht so schlimm gewesen, wenn nicht dieser irre Blick in den Augen gewesen wäre – vielleicht hatte er aber auch gerade erst einen Fliegenpilz eingeworfen.
In dem Moment, als der Girgl auf meiner Höhe angekommen war, klingelte mein Handy. Verdammte Hacke.
»Ja«, zischte ich hinein.
»Ja, Lisa, grüß dich!«, kicherte die Resi. »Weißt du …«
Ich drückte das Gespräch einfach weg, während die zwei Hunde zu bellen anfingen. Und da ich so ungünstig im Gebüsch hockte, konnte ich sie auch nicht mehr zurückhalten. Die zwei schossen auf den Girgl zu, der kichernd stehen blieb und mich anstierte.
»Servus, Girgl«, sagte ich vorsichtshalber, aber ich war mir nicht sicher, ob er mich erkannte. Ich fragte ihn lieber nicht, wie es ihm ging, das wollte ich gar nicht so genau wissen. Die Hunde hielten einen riesigen Abstand und sahen nicht danach aus, als würden sie mich verteidigen, sollte er auf mich losgehen. Girgl kam näher auf mich zu und kicherte so hemmungslos, dass mir angst und bange wurde. Konnte man an einem Kicheranfall ersticken? Und konnte man während eines Kicheranfalls eine Mauser hervorzaubern und auf mich schießen? Er taumelte ein wenig zurück und kicherte einen Baumstamm an. Die Hunde zerrten mich in die andere Richtung.
»Meine Kopfschmerzen«, kicherte der Girgl. »Die stehen da. Hinterm Baum. Dort …« Er zeigte mir ganz genau die Stelle, wo seine Kopfschmerzen waren. »Die lass ich da stehn. Bin doch nicht blöd.« Er bekam fast keine Luft mehr vom vielen Lachen.
»Ich muss ihn noch was fragen«, erklärte ich meinen Hunden resolut.
»Girgl. Kennst mich noch. Ich bin die Lisa.«
Die beiden Hunde fanden, dass man Leute, die hemmungslos einen Baum ankicherten, besser nichts fragte.
»Girgl?«, bohrte ich noch einmal nach. »Kannst dich noch erinnern … du weißt schon … das Häusl von deinem Opa?«
Zwei Hunde zerrten energisch in die andere Richtung, das war bestimmt ein Zeichen. Außerdem fand ich es plötzlich total gefährlich, so allein im Wald, Schutzweste hin oder her. Vielleicht war der Maarten ja mittlerweile wieder nüchtern.
Vorsichtshalber rief ich Max an, um ihm die neuesten Entwicklungen mitzuteilen und daraufhin meine eigenen Bemühungen sofort einzustellen. Max ging aber nicht ran. Maarten auch nicht. Sein Blutalkoholspiegel ließ wahrscheinlich die Annahme eines Telefonanrufs nicht zu.
Während ich wieder aus dem Wald herausfuhr, überlegte ich mir, was an dem alten Forsthäusl so interessant sein könnte, dass man da herumkriechen musste. Vielleicht hatten die Roidls das Haus einmal anschauen wollen und einen Termin mit dem alten Schaller ausgemacht. Nur um zu sehen, ob es für einen Swingerklub geeignet war. Aber dazu brauchte man nicht auf allen vieren herumzukriechen. Und die Sache mit dem Swingerklub im
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